Veranstaltungsort für Ihre Tagung, Seminare, Produktpräsentation oder Pressekonferenz.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Die Landesregierung hat es sich mit der Verabschiedung der neuen Landesbauordnung sicherlich nicht einfach gemacht. Die Änderungen beinhalten Verbesserungen, die das Bauen schneller und einfacher machen werden. Denn das Ziel der Novelle ist es, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und die Stellung von Bauanträgen zu erleichtern.
Umso unverständlicher ist, dass an einer signifikanten Stelle eine deutliche Verschlechterung insbesondere für die privaten Bauherren eingetreten ist, wenn das Kenntnisgabeverfahren zulässig ist. Bislang konnten Bauherren dann für Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3 (das ist dreigeschossig, mitunter kann es sogar viergeschossig werden) zwischen drei unterschiedlichen Verfahrenstypen wählen: dem Kenntnisgabeverfahren, dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren und dem „normalen“ Baugenehmigungsverfahren.
Vereinfacht lassen sich diese Verfahrenstypen wie folgt unterscheiden: Beim Kenntnisgabeverfahren setzt der Bauherr die Baubehörde lediglich darüber in Kenntnis, dass er baut. Damit hat er ein sehr schnelles Verfahren gewählt, geht aber das Risiko ein, dass vielleicht nach einem Jahr bei einer Überprüfung von der Baubehörde festgestellt werden kann, dass der Bau vorschriftswidrig ist. Wer sich der Einhaltung der Vorschriften sicher ist und wem es um ein schnelles Bauen geht, wählt dieses Verfahren. Dann gibt es das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren. Dort werden einzelne, aber eben nicht alle Vorschriften von der Baubehörde geprüft. Geprüft wird die planungsrechtliche Zulässigkeit und das Abstandsflächenrecht, Fragen des Schallschutzes oder des Brandschutzes bleiben außen vor. Wer schon eine gewisse Rechtssicherheit sucht, aber wem es dennoch auf eine relativ rasche Genehmigung geht, wählt dieses Verfahren. Das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren stellt einen Kompromiss zwischen Beschleunigung und Rechtssicherheit dar – mit allen Vor- und Nachteilen, die Kompromisse so mit sich bringen. Und es gibt das ganz normale Baugenehmigungsverfahren: Der Bauherr beantragt eine Baugenehmigung, die Behörde prüft, und wenn sie am Ende die Genehmigung ausstellt, besitzt der Bauherr Rechtssicherheit. Das kann naturgemäß etwas länger dauern. Bauherren, denen es nicht so sehr um eine schnelle Baugenehmigung geht, sondern um eine rechtssichere, wählen diesen Typ.
Diese Verfahrensfreiheit wurde nun von der Landesregierung aufgehoben. Seit 1. August 2019 können Bauherren für Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3 nur noch zwischen dem Kenntnisgabeverfahren und dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren wählen. Das normale Baugenehmigungsverfahren ist weggefallen (Erklärender Hinweis: Der Wegfall gilt für das Kenntnisgabeverfahren sofern das Verfahren innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans im Sinne des § 30 Absatz 1 BauGB, der nach dem 29. Juni 1961 rechtsverbindlich geworden ist, oder im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Sinne der §§ 12, 30 Absatz 2 BauGB und außerhalb des Geltungsbereichs einer Veränderungssperre im Sinne des § 14 BauGB liegen. Sie dürfen den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widersprechen. Und außerdem dürfen sie nicht über 5.000 m² Grundfläche haben.).
Warum, fragt man sich? Der Prüfungsumfang sei „für kleine Wohngebäude völlig ausreichend“, lesen wir in der Gesetzesbegründung: „Durch den Ausschluss des vollen Baugenehmigungsverfahrens wird erreicht“, heißt es dort weiter, „dass das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren gefördert wird und so häufiger zur Anwendung kommt, wodurch
Wie verhält es sich nun mit diesen Argumenten? Richtig ist sicherlich, dass baurechtliche Genehmigungsverfahren nun beschleunigt durchgeführt werden können. Doch das war doch bereits in der Vergangenheit möglich. Und zwar für denjenigen, dem die Beschleunigung wichtiger war als die Rechtssicherheit. Warum wird aber demjenigen, dem es weniger um die Beschleunigung geht, sondern der vielmehr einen rechtssicheren Bescheid wünschte, diese Option genommen? Die Baugenehmigungsgebühren, die der Bauherr nun einsparen kann, können es doch nicht sein: Denn diese konnte er bereits jetzt sparen, wenn er denn wollte. Derjenige, der sie aber nicht einsparen wollte, wird um die Option einer rechtssicheren Genehmigung, für die er bereit ist auch Gebühren zu bezahlen, nun gebracht. Schließlich ist da noch das Argument, dass die Baurechtsbehörden entlastet werden könnten durch den geringeren Prüfungsaufwand.
Das lässt sich erst einmal hören, denn richtig ist, dass beim vereinfachten Baugenehmigungsverfahren weniger und beim Kenntnisgabeverfahren gar nichts geprüft wird. Das spart Zeit – auch bei den Behörden. Doch führt das Einsparen der Prüfung ja nicht dazu, dass vorschriftswidrige Verfahren auf einmal vorschriftsgemäß werden. Für Bauherrn und Behörden entstehen dann häufiger die Probleme am Ende. Denn wenn gegen die Vorschriften gebaut wurde, kann sich ein Nachbar, aber auch die Behörde noch im Nachgang dagegen wehren. Ob es den Bauämtern tatsächlich eine Entlastung bringt, wenn es nun der Regelfall wird, dass sie sich mit Nachbarn und Bauherren über ein fertig gebautes Wohngebäude streiten müssen, darf bezweifelt werden. Hier verlieren am Ende alle Beteiligte. Auch werden zukünftig alle Abweichungen einzeln beantragt. Ob diese Einzelfallprüfung zielführend ist, das Bauen günstiger macht und die Genehmigungsverfahren beschleunigt, darf ebenso bezweifelt werden.
Deshalb hatte sich die Architektenkammer gegen die Streichung des normalen Baugenehmigungsverfahrens ausgesprochen. Genauso taten das Verbände wie Haus und Grund oder der Verband der privaten Bauherrn. Doch obwohl von unterschiedlichsten Kreisen vor dem Einschnitt in die Verfahrensfreiheit gewarnt wurde, fanden die Einwände keine Berücksichtigung.
Die Landesbauordnung ist nun seit dem 1. August 2019 in Kraft und zwar mit dieser Verschlechterung für Bauherren, die eine Verfahrenswahl nun weniger haben. Dass dies ausgerechnet das rechtssichere Verfahren ist, ist nicht beruhigend. Es bleibt abzuwarten, wie die Praxis damit umgeht.