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Mit rund 600 Teilnehmenden hatte der diesjährige Vergabetag am 24. Januar durchschlagende Resonanz. „Wir haben ein volles Haus! Das zeigt, wie brisant die Themen rund um die Vergabe sind“, so Bernd Düsterdiek, Referatsleiter Dezernat Städtebau, Vergaberecht und Umwelt beim Deutschen Städte- und Gemeindebund. Die Architektenkammer Baden-Württemberg ist seit vielen Jahren Partnerin dieses beachteten Forums für Architektinnen und Architekten, Ingenieure, Planende und Praktiker aus den öffentlichen Vergabestellen. Bei der 23. Auflage in der Stuttgarter Sparkassenakademie coverte nahezu ein Dutzend Rednerinnen und Redner unterschiedlichste Aspekte.
Düsterdiek stellte die geplanten Änderungen des Vergabetransformationspakets des Bundes vor, das in dieser Legislaturperiode jedoch voraussichtlich nicht mehr umgesetzt wird. Insbesondere die Aufweichung des Grundsatzes der losweisen Vergabe sowie die aus Umweltschutzgründen ins Gesetz geschriebenen Beschaffungsverbote bewertete er durchaus kritisch. „Aus meiner Sicht ist das Vergaberecht nicht der richtige Platz, um die politischen Ziele des Green Deals umzusetzen.“
Das „Alternative Beschaffungskonzept“ nach Prof. Dr. Martin Burgi und dessen Praxistauglichkeit kamen anderthalb Jahre nach Streichung des § 3 Abs. 7 S. 2 VgV zur Sprache. „Es ist top!“, so das Resümee von Karin Baumeister, Justiziarin der Ingenieurkammer BW, die damit auf ihren Vortragstitel anspielte. Insbesondere die im Rahmen des Vergabetransformationsgesetzes geplante Änderung in § 103 Abs. 3 GWB lasse die Absicht des Gesetzgebers vermuten, das auf dem bisherigen Wortlaut basierende Gegenargument zur Rechtmäßigkeit des Konzepts ausräumen zu wollen. Die Neuregelung verdeutliche: Für das Vorliegen eines einheitlichen Bauauftrags genüge, dass der Bauauftrag sowohl die Planung als auch die Ausführung der Bauleistung enthält, und mit der bisherigen Formulierung „gleichzeitig“ gerade kein zeitliches Element gemeint sei.
Dennoch liege zum alternativen Beschaffungskonzept weiterhin keine Rechtsprechung vor, die dessen vergaberechtliche Unbedenklichkeit bestätige, mahnte Dr. Beatrice Fabry, Fachanwältin für Vergaberecht und Partnerin in der Kanzlei Menold Bezler. In ihrer anwaltlichen Beratungspraxis sei sie deshalb weiterhin zurückhaltend mit einer Anwendungsempfehlung, zumindest wenn das Bauvorhaben von der Bereitstellung von Fördermitteln abhängig sei. Fabry definierte außerdem Anwendungsfälle, bei denen der Abschluss von Rahmenverträgen bei der Beschaffung von Planungsleistungen möglich und sinnvoll ist. Sie seien für kleine und mittlere Bauaufgaben mit gleichartigen, wiederkehrenden Planungsanforderungen geeignet, nicht jedoch für Einzelaufträge oder Großprojekte mit komplexen Bauaufgaben und speziell gelagerten Planungsanforderungen. Auch hier mahnte sie zur Vorsicht im Falle einer fördermittelbasierten Finanzierung.
Gerd Grohe, Geschäftsführer Kohler Grohe Architekten und Vorsitzender des AKBW-Kompetenzteams Verfahren, stellte leidenschaftlich die Vorzüge und Chancen eines interdisziplinären Wettbewerbs im Bereich des Bestandsbaus dar. Dieser eigne sich für Bauaufgaben aller Größen. Seine These belegte er mit einem konkreten Beispielfall, den sein Büro als Wettbewerbsbetreuer begleitete: der nicht offene, 2-stufige Realisierungswettbewerb für den Bestandskomplex Königstraße 1a/b in Stuttgart. „Jede Aufgabe ist individuell und erfordert ein individuelles Verfahren“, so Grohe. Gerade im Bestand sei oft nur ein interdisziplinäres Team in der Lage, die sich stellenden Aufgaben, etwa zu niedrige Raumhöhen für Bürogebäude, zu lösen. Deshalb werde in solchen Wettbewerben häufig Neuland betreten. Grohes Überzeugung: „Der Wettbewerb ist ein Innovationsmotor!“
Den Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums zum Gebäudetyp E beleuchtete Prof. Stephan Leupertz, Richter des VII. Zivilsenats am Bundesgerichtshof, und kritisierte ihn scharf. Das Bauen in Deutschland einfacher, innovativer und kostengünstiger zu gestalten, sei eine gute Idee, werde aber unzureichend umgesetzt. Es müsse Abstand genommen werden von den allgemein anerkannten Regeln der Technik als Grundlage des Mangelbegriffs sowie von der Verwendung von VOB/B-Verträgen und es müsse eine gesetzliche Anspruchsgrundlage für die Entschädigung von Planenden bei unverschuldeten Verzögerungen während der Bauausführung eingeführt werden. Hier bestehe im Bau- und Architektengesetz aktuell besonderer Handlungsbedarf.
Die Bundesarchitektenkammer stellt einen kostenlosen Praxisleitfaden zur Umsetzung des Leistungswettbewerbs bereit.