Laborgebäude Fakultät GU, Gebäude-Energie-Umwelt, Hochschule Esslingen
Mühlstraße 16
73728 Esslingen a.N.
KNOCHE ARCHITEKTEN BDA Knoche + Kannegießer GbR, Christian Knoche, Gaby Kannegießer, Leipzig; Projektleiter: Markus Neumann
Land Baden-Württemberg, vertreten durch Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Ludwigsburg
2016
Funktion und Nutzung
Der Neubau für die Hochschule Esslingen am Standort Stadtmitte dient der Fakultät Gebäude Energie Umwelt als Werkstatt, Versuchshalle und Laborgebäude. Hier findet auf rund 2.000 m² die praktische Ausbildung der Studierenden in den Bereichen Heizungs-, Lüftungs-, Sanitär- und Klimatechnik statt. Das Gebäude hat drei oberirdische Geschosse mit einer Teilunterkellerung für Technik- und Lagerflächen. Je Geschoss ist ein Labor für den jeweiligen Fachbereich untergebracht.
Im zweigeschossigen Foyer im Erdgeschoss präsentieren sich die Fachbereiche mit je einem zentralen „Exponat“ (Abwasserprüfstand, Pufferspeicher und Hallraum). Zusätzlich beherbergt das Gebäude weitere technische Einrichtungen wie Trinkwassererwärmungsanlagen, Versuche zur Gastechnik, Heizungskessel, Wärmepumpen, Kältemaschinen, Lüftungsgeräte, Laboreinrichtungen der Regeltechnik, einen Prüfstand für Wärmeerzeuger, eine Klimakammer, ein Strömungslabor und eine Vielzahl weiterer Versuchsstände bzw. Anschauungsstücke. Das Gebäude bietet damit die entsprechende Infrastruktur für Forschungsarbeiten gemeinsam mit der mittelständischen Industrie im Großraum Stuttgart.
Der Neubau dient den Studierenden als Anschauungsobjekt für energiesparende Technologien, die im praktischen Einsatz gezeigt und zu Lehrzwecken genutzt werden können. Der Innenraum stellt sich als veredelter Rohbau dar, er reduziert sich im wesentlichen auf geschliffenen Estrich, Stahltüren und eine sichtbar verlegte Grundinstallation für die technischen Versuchsflächen. Die Technik bleibt somit für die Studierenden jederzeit begreif- und erlebbar und ist für zukünftige Veränderungen in der Lehre jederzeit anpassbar. Die Ausstattung besteht aus einzelnen Labortischen und Versuchsanordnungen, die Außenwände sollten aus funktionalen Gründen weitgehend fensterlos sein.
Städtebauliche Einbindung / Denkmalschutz
Das Gebäude liegt im historischen Stadtzentrum der Stadt Esslingen und ist umgeben von denkmalgeschützter Bausubstanz, die im wesentlichen aus der Gründerzeit datiert, teilweise aber auch bis in die Zeit der mittelalterlichen Stadtgründung zurückreicht. Insofern bestand seitens der Stadtplanung und des Denkmalschutzes ein hoher gestalterischer Anspruch hinsichtlich der Einfügung des Laborneubaus in den Stadtkörper. Dem wird der Neubau auf unterschiedliche Weise gerecht:
Die Grundrissform des Neubaus stellt sich als unregelmäßiges Polygon dar, dass sich hauptsächlich an der Grundstückssituation orientiert und sich so optimal in die Baulücke einfügt. Gleichzeitig bleibt die Mitte des Blockinnenbereichs frei von Bebauung und kann als Grünfläche oder Entwicklungsfläche für zukünftige Bauvorhaben genutzt werden.
Analog zu seiner geknickten Grundrisskontur ist die Dachform ausgebildet. Durch die Addition von Satteldächern und die traufständige Anordnung entsteht eine angemessene Kleinteiligkeit, da das Tageslicht an den unterschiedliche geneigten Flächen unterschiedlich reflektiert wird und sich somit unterschiedlich helle Fassadenbereiche abbilden.
Durch die gewählte Baukörpergliederung fügt sich das Gebäude maßstäblich in das Stadtbild und die zum Teil mittelalterliche Baustruktur ein. Die vertikal strukturierte Metallfassade unterstützt durch tiefe Lisenen, unregelmäßig verteilte, subtil differenzierte Eloxaltöne mit individuell gelochte Fassadenbleche die Plastizität des Baukörpers. Die wenigen Fenster sind tief zurückliegend und ordnen sich der Tektur der Fassade unter.
Metallfassade
Gestalterisches Ziel war es, in der weitgehend geschlossenen Metallfassade eine kleinteilige Oberflächenstruktur zu erzeugen, die eine unmaßstäbliche Flächigkeit konsequent vermeidet. Die hinterlüftete Fassade setzt sich daher aus Blechen zusammen, die in vertikalen Streifen unterschiedlicher Breite angeordnet sind und durch hervortretende Unterkonstruktionslisenen strukturiert werden. Dies erzeugt zusammen mit der geknickten Grundrisstruktur je nach Sonnenstand und Betrachtungswinkel unterschiedliche Tiefe.
Die Höhe der Einzelbleche variiert in Abhängigkeit zu deren Breite. Die Aluminiumtafeln wurden mit versetzten Horizontalstößen verlegt und in verschiedenen Sättigungen eines Eloxalfarbtones verwendet. Die Metallflächen sind zusätzlich mit einer individuell geplanten Lochung aus vertikalen Lochreihen in verschiedenen Durchmessern versehen.
In der Zusammenarbeit mit dem ausführenden Metallbaubetrieb konnte die im Aufbau sehr einfache Planung konsequent und wirtschaftlich umgesetzt werden. Die teilweise komplexen Geometrien in den schiefwinkligen Übergängen, auch zur Dachfläche, wurden in Blechabwicklungen überführt und konnten auf einfache Weise bewältigt werden. Dabei wurde der handwerkliche Ansatz ebenso ausgeschöpft wie der Einsatz moderner Fertigungsverfahren in der CNC Bearbeitung der unterschiedlichen Lochbilder.
Nachhaltigkeit
Aufgrund der Anforderung an eine zukunftsweisende Gebäudetechnik verbunden mit ressourcensparendem Umgang mit Energieträgern wurde der Wärmebedarf für den Neubau im Bereich eines Niedrigenergiehauses mit der Zielvorgabe EnEV 2009 – 50 % geplant.
Dies wird durch entsprechende Dämmung, wenig Glasflächen und mechanische Be- und Entlüftung über Wärmerückgewinnung erreicht. Einzelne Dachflächen wurden mit Photovoltaikanlagen belegt. Solarthermie in Verbindung mit einem großen Wärmespeicher wurde ebenfalls umgesetzt. Die Erwärmung des Gebäudes erfolgt dadurch weitgehend über regenerative Energien sowie Abwärme, die bei Laborversuchen anfällt und dank des Speichers zwischengepuffert werden kann. Im Bereich der Kältetechnik kommt ein saisonaler Eisspeicher im Untergeschoss des Gebäudes zum Einsatz. Das Gebäude wurde durch den DGNB zertifiziert und mit der Auszeichnung in Gold versehen.
Prof. Christian Knoche
KNOCHE ARCHITEKTEN BDA