Wohn- und Geschäftshaus aus Sichtleichtbeton
Hussenstr. 27
78462 Konstanz
Kraus Schönberg Architekten, Konstanz, Projektleiter: Tobias Kraus
Doser + Partner Baugesellschaft mbH, Konstanz
2010
Gesamtfläche: 930 m²
Material: Leichtbeton LC 16/18 mit Liapor 4,5
Statik: Fischer + Leisering Ingenieure, Konstanz
Geologie: Kempfert + Partner Geotechnik, Konstanz
Haustechnik: Greiner Engineering, Konstanz
Bauphysik: GSA, Limburg
Die Altstadt von Konstanz zeichnet sich durch ihre Homogenität und Kompaktheit aus. Größtenteils sind die kleinteiligen Parzellen an den Straßen geschlossen bebaut und besitzen in der Grundstückstiefe kleine Höfe, Werkstätten oder gar Gärten, die von der Straße nicht zu erahnen sind. Das bebaute Grundstück liegt im zentralen, größten mittelalterlichen Gebäudeblock der Konstanzer Altstadt. 1961 wurde das von Peter Thumb erbaute barocke Stadtpalais der vorderösterreichischen Landesregierung und verschiedene kleinere Wohngebäude im Zentrum dieses Blockes abgerissen und durch zwei Gassen in vier kleine Blöcke zerteilt. In deren Zentrum wurde ein Kaufhaus gebaut, wodurch die Kleinteiligkeit und die Gärten, aber auch die gute Belichtung verloren gingen. Die Parzelle lag seither unbebaut zwischen fünfgeschossigen Bauwerken brach.
Das Projekt nimmt die historische Konstanzer Gebäudegliederung in der Grundstückstiefe von 30 m auf und projiziert diese in die nur 10 m breite Straßenfassade. Das Wohnhaus schließt den Block zur Straße hin ab, ein Hof schafft Distanz, um das Gebäude von Süden komplett belichten zu können. Ein Laubengang bietet bespielbare Außenflächen in einem fast komplett überbauten Grundstück und erschließt die Gartenterrassen und das Gartenhaus im rückwärtigen Bereich.
Die Straßenfassade vermittelt zwischen den Lochfassaden der mittelalterlichen und neuzeitlichen Nachbargebäude und der Gebäudeentwicklung in der Parzellentiefe. Die Schnittmenge der beiden Richtungen unterstreicht die Straßenperspektive in einer starken Plastizität. Ein Gitter aus vertikalen und horizontalen Betonstelen wird durch die Verdrehung des Grundstückes zur Straße plastisch verzerrt und überhöht die räumliche Tiefe der Fassade. In der Tiefe des Grundstückes werden die Betonstelen schrittweise schlanker, so dass mehr Licht in die Innenräume gelangen kann und das Gebäude immer leichter und offener erscheint. Mit dem sukzessiven Zurücktreten der Konstruktion hinter die Wandöffnung verwandelt sich das Gebäude in der Tiefe der Parzelle von einem plastischen in einen konstruktiven Baukörper.
Das Gebäude ist in Sichtleichtbeton konstruiert. Das Material ist überall sichtbar, so dass die Übergänge von außen nach innen fließend erscheinen. Einbauteile wie Eichenfenster und –Türen sind flächenbündig in die Wände eingelassen. Die Wandstärke von 50 cm an der Straßenfassade nimmt bis 30 cm an der Gartenfassade ab, so dass auch hier der Raumeindruck von der öffentlichen Straße zum privaten Garten kontinuierlich leichter und offener wird. Parallel dazu wird durch die größer werdenden, innen liegenden Eichenfenster das gefühlte Raumklima zum Garten hin schrittweise wärmer. Im Gegensatz speichert die 50 cm dicke Leichtbetonwand an der Straße mehr Wärme, wodurch das Raumklima hier ganzjährig homogener erscheint.