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Am 15. Juni war das Netzwerk Architekturexport NAX erneut zu Gast in der Architektenkammer Baden-Württemberg in Stuttgart. Auch dieses Mal ging es auf der Fortbildungsveranstaltung um die Strategien und Erfahrungen deutscher Architektur- und Ingenieurbüros sowie Industrieunternehmen beim Planen und Bauen im EU- und internationalen Ausland.
Architektenkammer-Präsident Markus Müller begrüßte die knapp 50 exportorientierten und -interessierten Teilnehmer und wies in seiner Ansprache auf die herausragenden Leistungen von Planern aus Baden-Württemberg im europäischen und internationalen Ausland hin. Architekturdienstleistungen und -qualität „Made in Germany“ seien so gefragt wie nie zuvor und stellten in naher Zukunft einen großen Entwicklungsmarkt dar. Zusätzlich sei es wichtig, den Standort Baden-Württemberg weiter zu stärken. Um ihre Mitglieder nicht nur national, sondern auch beim Arbeiten über Grenzen hinweg zu unterstützen, habe die Architektenkammer Baden-Württemberg einen Expertenkreis gegründet. In diesem Zusammenhang würde Müller sich sehr über Rückmeldungen seitens der Veranstaltungsteilnehmer freuen.
In den anschließenden Vorträgen und Podiumsdiskussionen wurde die Bandbreite des Themas Bauen im Ausland sehr klar deutlich. Das erste Podium stand unter dem Motto „Ab ins Ausland – aber wie?“ Moritz Auer (Auer Weber, Stuttgart/München) berichtete über die Erfahrungen und Erfolge bei den Wettbewerbstätigkeiten des Büros in Frankreich. Man sei seit 2007 bei 51 Wettbewerben beteiligt gewesen, aus denen sich bis heute acht Projekte ergeben hätten (Erfolgsquote damit knapp 16 Prozent). Die Strategie des Büros Auer Weber sei dabei, bis jetzt keine Niederlassungen im Ausland zu haben, sondern von Deutschland aus – und mit verlässlichen Partnern im jeweiligen Land – die Projekte zu realisieren. Seine Büroleistungen zum Teil im Ausland zu erbringen wirke sich sehr positiv auf das Büro aus.
Dieter Grau berichtete hingegen, dass die Strategie des Atelier Dreiseitl sei, sich in erschlossenen Märkten mit einer Niederlassung zu präsentieren. Momentan habe man neben dem Headquarter in Überlingen aufgrund von Projekten Niederlassungen in Peking, Portland und Singapur. Beim Gang ins Ausland sei für ihn absolut unerlässlich, die Fragen zu beantworten, wie man sich als deutsches Architekturbüro im jeweiligen Land definiere, sich spezialisiere und sich den kulturellen Unterschieden stelle.
Jürgen Oswald (Baden-Württemberg International bw-i) schilderte, wie bw-i mit seinen Leistungen Planer aus Baden-Württemberg ins Ausland begleitet. Als Türöffner ins Ausland könnten dabei Delegations- und Markterkundungsreisen, Messebeteiligungen, länderspezifische Workshops und Foren sowie Kontakt- und Kooperationsbörsen dienen.
Die Referenten des zweiten Podiums widmeten sich in ihren Vorträgen dem Motto „Erfolgreich im Ausland mit Strategie und Technik“.
Josef Linder (Drees & Sommer) stellte klar, dass „andere Länder, andere Sitten“ bedeuteten, und dass man beim Planen und Bauen im Ausland immer wieder mit allen Beteiligten klären müsse, ob das Gesagte und das Gehörte auf allen Seiten auch gleich verstanden worden sei. Bei Drees & Sommer gebe man das Kundenversprechen, vor Ort mit deutschen und lokalen Fachkräften für den Auftraggeber präsent zu sein. Dies erfordere eine breite Mitarbeiteraus- und -fortbildung mit Training und Wissenstransfer. Seinen Kunden ins Ausland zu folgen und erfolgreich dort Projekte zu realisieren bedeute mittel- bis langfristig auch die Rückführung von Aufträgen nach Deutschland.
Herbert Klein (HWP Planungsgesellschaft mbH) machte in seinem Vortrag deutlich, dass das Thema BIM (Building Information Modeling) besonders beim Bauen im Ausland nicht länger zu ignorieren sei. Es ersetze nicht die direkte Kommunikation, biete aber immense Vorteile, die einen großen Einfluss auf die Planungsprozesse und das Managen des Projekts hätten.
Welche Werte und Prinzipien in das Leitbild, die Unternehmensstrategie und die Masterplanung eines großen deutschen Industrieunternehmens einfließen, das im Ausland baut, stellte Prof. Thomas Brandin (ANDREAS STIHL AG & Co. KG und AG Industriebau) am Beispiel China vor. Unternehmerische Gesellschaftsverantwortung (Corporate Social Responsibility) und Grundsätze für Standortwahl und Standortprofil/-entwicklung müssten ebenso in die Strategie einfließen wie die bereits erwähnte Auseinandersetzung und Akzeptanz kultureller und geografischer Unterschiede.
In Einzelvorträgen ging es weiterhin um Berufshaftpflichtsbelange in Europa (Ruth Schagemann, Architektenkammer Baden-Württemberg) und um den Markt für Architekturdienstleistungen in Frankreich im Zuge der neuen gleichnamigen GTAI/NAX-Broschüre (Dr. Marcus Knupp, Germany Trade & Invest). Und auch die NAX-Partner GEZE GmbH, LANXESS Deutschland GmbH und CONJECT AG präsentierten ihre Produkte im Hinblick auf ausländische Märkte.
In den moderierten Diskussionen bestätigte sich, dass es notwendig sei, sich viel Zeit zu nehmen, um sich vor Ort mit der Kultur, den Eigenarten und Gepflogenheiten sowie mit der Sprache des jeweiligen Landes vertraut zu machen. Dies gilt besonders, wenn es um einen außereuropäischen Kulturkreis und die Suche nach einem lokalen Partnerbüro geht. Die Gefahr der „Missionierung“ sollte man hierbei erkennen und umgehen. Man brauche einen langen Atem bei der Markterkundung und Partnersuche vor Ort, gute Führungs- und Fachkräfte sowie eine Strategie, wie man sich aufstellen und wahrgenommen werden möchte. Auch das Bündeln von Kräften in Form von Kooperation oder Konsortien (wie z.B. in den USA) ist eine Möglichkeit, ausländische Projekte zu akquirieren – hier wünschen sich die Teilnehmer eine größere Unterstützung seitens der deutschen Politik.
Unerlässlich seien bei jeglicher Aktivität im Ausland Selbstbewusstsein und Risikobereitschaft, Mehrsprachigkeit, vor allem jedoch der gegenseitige Respekt und die Wertschätzung, die man anderen Kulturen und Gepflogenheiten gegenüber zeigen sollte.
Claudia Sanders ist Referentin bei NAX. Sie ist verantwortlich für Kommunikation und Veranstaltungsmanagement