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Unser Beruf hat Zukunft, wenn wir Architekten dies wirklich wollen und bereit sind, mutig, offen und flexibel mit der Zeit zu gehen. Dies heißt nicht, bewährte Prinzipien aufzugeben. Es bedeutet aber mit Sicherheit, dass wir viele Konventionen überdenken sollten und uns um eine realitätsbezogene Fortschreibung unserer Statuten kümmern müssen.“ Dieser Aspekt ist ein Zitat aus meiner Bewerbungsrede von 1998 für die Nachfolge von Kammerpräsident Peter Schenk und beschreibt summarisch das Programm und unsere Schwerpunkte der zurückliegenden vier Wahlperioden. Für mich ist er auch heute noch uneingeschränkt gültig und weiterhin aktuell.
Wir haben zwar viele Schräubchen, Schrauben und Räder weiter gedreht und den sich erstaunlich rasch ändernden Berufsrealitäten angepasst. Aber: Kammerarbeit ist tatsächlich in gewisser Weise ein Kontinuum, ein ‚Perpetuum mobile‘. Denn es sind einerseits die immer gleichen Themen, die es zu bekämpfen, zu bewahren oder einfach fortzuschreiben gilt, und es sind doch immer wieder neue Aspekte und Störfeuer, mit denen wir uns konkret auseinanderzusetzen haben.
Der Zeitpunkt für einen personellen Wechsel in unseren Ehrenämtern erscheint also eigentlich ziemlich egal, denn man ist sowieso einfach nie fertig! Zum Glück verfügen wir über einen hoch qualifizierten Stab hauptamtlicher Mitarbeiter, der gewissermaßen Garant ist für Kontinuität. Dies gilt allerdings nur dann, wenn (wie im Fall der zurückliegenden Jahre) Haupt- und Ehrenamt untereinander und miteinander funktionieren und aus Loyalität und Vertrauen auf Augenhöhe hohe Effizienz als Synergie entsteht. Auch will ich nicht verhehlen, dass effektive Kammerarbeit nur möglich ist, wenn sich zu den zahlreichen externen Partnern in Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Verbänden und anderen Kammern ebenfalls eine Vertrauensbasis entwickelt, die naturgemäß nicht von heute auf morgen entstehen kann. Insofern – und dies gilt auf allen Ebenen unseres dreigliedrigen Kammersystems – ist wohl mehr als eine Wahlperiode erforderlich, um ein solches konstruktives Miteinander zu begründen und auf dieser Basis zu nachhaltigen Veränderungen zu kommen.
Kontinuität ist nützlich, eine zu lange Verweildauer ist aber auch nicht gut, denn Routine oder ‚business as usual‘ lassen in der Regel Dynamik, Innovation und jene Frische vermissen, die dem jeweiligen Gesprächs oder Verhandlungspartner erst die Bedeutung des konkreten Anliegens überzeugend unter die Haut gehen lässt. Nicht ohne Grund hat die Vertreterversammlung im vergangenen Jahr deswegen die Ausübung eines bestimmten Wahlamtes auf drei Wahlperioden begrenzt – allerdings mit der Maßgabe, dass ein anderes Amt im Anschluss zeitlich entsprechend ausgeübt werden kann. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass dort, wo Veränderungsprozesse gestaltet und begleitet werden sollen, auch die handelnden Personen turnusmäßig wechseln müssen, damit die Veränderungsgeschwindigkeit und der ‚Biss‘ nicht nachlassen.
Ich gehe weder altershalber noch weil ich etwa amtsmüde geworden bin. Ich stelle dieses großartige Ehrenamt zur Verfügung, weil mein für Gefühle, Wünsche und Annehmlichkeiten zuständiger Bauch den Kampf gegenmeinen Kopf und damit gegen Vernunft, Einsicht und Pragmatismus verloren hat. Insoweit war die Landesvertreterversammlung 2014 für mich auch nicht frei von Emotionen. Gibt es für einen solchen Rückzug überhaupt einen richtigen Zeitpunkt? Ich meine: ja – und dieser Zeitpunkt ist gerade jetzt, denn:
Die Liste könnte noch lange fortgesetzt werden. Zu diesen positiven Feststellungen bedarf es aber einiger Anmerkungen. Erstens: Diese Entwicklungen haben zwar in meiner Zeit als Präsident stattgefunden,sie sind aber nicht mein Verdienst: dahinter steckt ‚die Kammer‘ als Ganzes (die homogen und schlagkräftig zu formen mir gleichwohl ein wichtiges Anliegen war) – und nicht zuletzt ein Stückchen Glück: denn zumindest für die Konjunktur können wir nichts…Zweitens: Es gibt auch Dinge, die nicht gelungen sind und für deren Scheitern ich selbst die Verantwortung übernehme, denn ich habe sie angestoßen: So die ausgefallene Fusion mit der Ingenieurkammer und die ‚Marke Architekt ohne Schubladendenken‘.
Das Deutsche Architektenblatt hat gerade dem letztgenannten Aspekt im DAB 11/2014 ein Interview mit mir gewidmet. Und drittens gibt es Dinge, die zwar auf den Weg gebracht, aber in meiner Amtszeit noch nicht erledigt werden konnten – so z. B. die Novellierung des Architekten und Ingenieurvertragsrechts auf Bundesebene mit speziellen Regelungen vor allem bei der gesamtschuldnerischen Haftung zugunsten unseres Berufsstandes. Die Thematik ist allerdings auf gutem Weg und kann nun von unseren Nachfolgern erfolgreich zum Abschluss gebracht werden!
Sehen Sie es mir bitte nach, wenn ich neben unseren baukulturellen und gesellschaftlichen Zielen aus Überzeugung immer wieder auch die wirtschaftlichen und die politisch-strategischen Aspekte beim Lobbying im Fokus hatte. Schon in meiner Bewerbungsrede von 1998 habe ich klargestellt:„Wir dürfen auch an unsere eigene Lebensqualität denken, an unsere geistige und wirtschaftliche Unabhängigkeit, an unsere existentielle Sicherung. Es ist eine der wesentlichen Aufgaben der Kammer, hieran mitzuwirken.“ Diese Aussagen gelten für mich uneingeschränkt weiter.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Schluss danke ich Ihnen allen für Ihre Unterstützung während meiner Amtszeit. Ich wünsche Ihnen ganz persönlich und dem neuen Landesvorstand kollektiv eine erfolgreiche und beglückende Zeit miteinander bei der Vertretung der Interessen des Berufsstandes der Architekten in der Zukunft und schließe dabei ausdrücklich die Stadtplaner, die Landschafts- und die Innenarchitekten aller vier Tätigkeitsarten in meine guten Wünsche ein. Glück auf!Ihr Wolfgang Riehle
Von 1998 bis 2014 war Wolfgang Riehle Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg. Für seinen Berufsstand hat er in dieser Zeit sehr viel bewegt.
Pressemitteilung vom 29. November 2014
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