Informationen rund ums Bauen mit Architektinnen und Architekten.
Fristen bei Baugenehmigungsverfahren
Recht haben ist das eine und Recht bekommen das andere, so lautet ein geflügeltes Wort. Im Zusammenhang mit den Fristen bei Baugenehmigungsverfahren gibt der Zeitfaktor diesem Sprichwort eine andere Bedeutung. Die Frage lautet nun vielmehr: Wann bekommt der Bauherr sein gesetzlich verbrieftes Recht?
Die Zeitvorgaben in der Landesbauordnung für die Bearbeitung von Bauanträgen sind klar umrissen. Tatsache ist jedoch, dass viele Baurechtsämter – vor allem in großen Verwaltungseinheiten – diese Fristen schon lange nicht mehr einhalten können. Die Schwierigkeit für uns Architekten ist nun, dass auf beiden Seiten des Tisches Kolleginnen und Kollegen sitzen, die mit der Sache befasst sind. Zum einen die Entwurfsverfasser als Bauherrenvertreter, zum anderen die Architekten, welche die Prüfung der Bauvorlagen vornehmen. Seit Jahren schwelt hier ein Konflikt, der für keine Seite angenehm ist. Deshalb erscheint es dem Landesvorstand dringend notwendig, dass gemeinsam Ansätze gefunden werden, die zu einer Lösung dieses Dilemmas führen.
Als Kammer sind wir natürlich auch in Kontakt mit dem zuständigen Ministerium. Die Erklärung, welche man dort parat hat, ist relativ simpel und leicht verständlich: Die Baurechtsbehörden sind personell unterbesetzt. Bis vor wenigen Jahren ging man davon aus, dass die Bauaktivitäten im Land zurückgehen, doch dies war ein Trugschluss. Nun muss man zusätzlich noch feststellen, dass die Prüfung der Bauvorlagen immer umfangreicher wird, nicht zuletzt auch aufgrund der stetig steigenden Zahl der Einwendungen, welche in den Antragsverfahren von betroffenen Bürgern eingelegt werden. Den Behörden geht es an dieser Stelle deshalb auch darum, dass die Bauvorlagen einer Prüfung durch das Regierungspräsidium oder durch ein Gericht Stand halten. Zusätzlich wird die Zahl der zu überprüfenden Vorschriften immer größer. Die Informationsdichte in einem Bauantrag ist erstaunlich: Bitte vergleichen Sie das, wenn Sie die Möglichkeit haben, mit Anträgen, die vor gut zehn Jahren genehmigt wurden – das ist eine ganz andere Welt!
Aus diesem Grund muss man den Kollegen auf den Ämtern auch zubilligen, dass sie auf die Einhaltung der Vorgaben der Verfahrensverordnung zur Landesbauordnung bestehen und bisweilen auch zu wenig präzise Bauanträge reklamieren. Darüber hinaus dürfen jedoch nur sehr bedingt weitere Unterlagen angefordert werden. An dieser Stelle wollen wir ansetzen und gemeinsam mit der obersten Baurechtsbehörde einen Katalog zur Genehmigung notwendiger Unterlagen erarbeiten, den wir dann allen Architektinnen und Architekten zur Verfügung stellen und der eine erweiterte Basis der Verfahrensordnung sein kann. Eines darf jedoch schon an dieser Stelle erwähnt sein: Brandschutzkonzepte für Wohnbauten dürfen keine von der Behörde verlangt werden, dies muss der technische Prüfer schon selbst beherrschen.
Weiterhin werden die Entwurfsverfasser derzeit oft damit konfrontiert, dass die Behörde keine ‚Grüneinträge‘ mehr in den Plänen vornehmen möchte. Damit diese entbehrlich werden, muss die Planung deswegen in mehreren Bearbeitungsrunden durch die planenden Architekten nach schriftlicher Aufforderung durch die Behörde, welche dann diesem über den Bauherrn zugesandt wird, geändert werden. Hier vertritt die oberste Baubehörde die Ansicht, dass ‚Grüneinträge‘ Bestandteil der Prüfung sind und originäre Voraussetzung eines Prüfvorganges darstellen. Es gibt also auf verschiedenen Ämtern Verfahrensweisen, die nicht mehr konform mit den eigentlichen Vorgaben sind. Dieser Missstand muss ausgeräumt werden.
Die Position der Kollegen auf den Ämtern ist zugegebenermaßen schwierig. Man muss jedoch auch die Situation der planverfassenden Architekten verstehen. Diesen wird quasi von der Behörde durch jedes Schreiben, das die Unvollständigkeit rügt oder Planeinträge nachfordert, ein Stück Unfähigkeit bescheinigt; so kann das zumindest der Bauherr als fachunkundiger Betrachter sehen. Es braucht in solchen Fällen schon ein sehr gutes Verhältnis zwischen dem planenden Architekten und seinem Auftraggeber, damit der Architekt in den Augen seines Bauherrn nicht die Kompetenz verliert. Besonders prekär wird es dann, wenn die Vollständigkeitsbescheinigung von der Behörde nicht abschließend ausgestellt wird und ständig neue Informationen nachgefordert werden. In solchen Fällen muss man den Eindruck bekommen, dass die Behörde einfach mehr Zeit für die Bearbeitung gewinnen möchte. Hier sind wir wieder am Kernpunkt des Problems, der Personalknappheit in den unteren Baurechtsbehörden.
Runde Tische und ein Katalog
Ein erster Schritt für die Lösung dieses Problems liegt in der Aufstockung der Personalsituation in den betroffenen Ämtern. Hier empfiehlt es sich, dass die jeweiligen Kammergruppen gemeinsam mit betroffenen Antragstellern (z. B. kommunale Baugesellschaften, Bauträgern etc.) auf die zuständigen Lokalpolitiker zugehen, damit mehr fachkundige Architekten für die Prüfung der Unterlagen eingestellt werden. Die Landesregierung kann auf diese Entwicklung keinen Einfluss nehmen, da die Erteilung der Baugenehmigung hoheitlich bei den Gebietskörperschaften und Städten angesiedelt ist. Es ist bekannt, dass die Gebühren, die man für die Prüfung von Amtswegen einnimmt, sehr auskömmlich sind; die Behörden haben daher wegen steigender Personalkosten keine nennenswerten finanziellen Einbußen zu tragen. Ein weiteres Argument dafür ist der Faktor Wirtschaftsförderung. Wenn Bauvorhaben in der Genehmigungsschleife hängen, hemmt dies die lokale Bauwirtschaft, und wenn damit die Genehmigung von gewerblichen Vorhaben betroffen sind, auch die Wirtschaft insgesamt. Aufgrund der bestehenden Wohnraumknappheit im Südwesten und anderen dringenden Bauvorhaben lässt sich diese Liste weiterführen. Will ein Land- oder Stadtkreis etwas für die Wirtschaftsförderung tun, sollte er die Baurechtsbehörde mit genügend Personal besetzen.
Um mit den Behörden in Kontakt zu bleiben und regelmäßig über solche Themen zu sprechen, haben einige Kammergruppen‚ runde Tische‘ eingeführt. Kommunikation ist an dieser Stelle richtig und ein probates Mittel, um Barrieren abzubauen und Missverständnisse aufzulösen. Deshalb wäre es begrüßenswert, wenn die Kammergruppen insgesamt auf dieses Kommunikationsinstrument zurückgreifen würden.
Ein wesentlicher Punkt für die Erstellung und Prüfung von Bauanträgen sind die erheblich gestiegenen Anforderungen in diesem Bereich. Ihnen kann man nur durch ständige Fort- und Weiterbildung gerecht werden. Davon sind beide Gruppen betroffen, die Entwurfsverfasser und die prüfenden Kollegen auf den Baurechtsbehörden. Um auch für zukünftige Anforderungen gerüstet zu sein, muss das eigene Wissen immer wieder fortgeschrieben werden – das IFBau bietet jedes Jahr eine Vielzahl Seminare zu aktuellen, aber auch immerwährenden Themen an.
Der Landesvorstand hat sich mit dem Thema Fristen bei Baugenehmigungsverfahren in den vergangenen Monaten intensiv befasst. Damit dieser komplexe Sachverhalt auch fachlich umfassend bearbeitet werden kann, wird einer Projektgruppe ins Leben gerufen, die sich aus Entwurfsverfassern und Vertretern von Baurechtsbehörden zusammensetzt. Über die Ergebnisse dieser Projektgruppe wird abschließend wieder im DABregional und im Internet berichtet.
Wir wollen alle einen guten Job machen: die Kolleginnen und Kollegen in den Büros genauso wie auch die Architektinnen und Architekten in den Baurechtsbehörden. Und außerdem wollen wir auch mit Spaß und Freude unseren Beruf ausüben. Deshalb ist der Umgang miteinander ein ganz wesentlicher Punkt. Auch wenn wir bei diesem Thema Klärungsbedarf haben: wir alle kennen viele Beispiele der guten Zusammenarbeit zwischen den Architekten auf den Behörden und im Architekturbüro, darauf lässt sich konstruktiv und vertrauensvoll aufbauen.
Autor:Klaus Wehrle ist Architekt in Gutach und vertritt seit 2006 im Landesvorstand der Architektenkammer Baden-Württemberg die Belange der baugewerblich tätigen Architekten und Architektinnen
Tel: 0711 / 2196-120 (vormittags)
eric.zimmermann@akbw.de