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Den Auftakt zum Kongress bildeten bereits am Vortag geführte Rundgänge über das Baufeld der Bundesgartenschau Heilbronn 2019 und der sogenannten Stadtausstellung, die sich zentral auf dem Buga-Gelände befindet. Eine Besonderheit, denn diese Buga ist keine reine Gartenausstellung, sondern integriert zugleich ein Stadtentwicklungsprojekt. Diese Konstellation zog eine Vielzahl von Landschaftsarchitekten, Stadtplanerinnen und Architekten an, nicht nur um einen ersten Eindruck und Überblick über den Status des Baugeschehens zu gewinnen. Es lag auch besonderes Interesse darin, zu erfahren, wie der gesamte Prozess in dieser Form initiiert wurde und innerhalb von Stadtverwaltung, Planungsteam, Vertreter der Buga-Gesellschaft und unter Einbezug der Bevölkerung der Stadt funktioniert. Kompetente Zweiergespanne aus Stadtverwaltung und Buga-Planungsteam übernahmen die dreistündigen Führungen der Kleingruppen und gaben Einblick hinter die Kulissen. Nach kurzer Begrüßung durch Hanspeter Faas, Geschäftsführer der Bundesgartenschau Heilbronn 2019, und Peter Reinhardt, Geschäftsführer des Instituts Fortbildung Bau der AKBW als Mitveranstalter, starteten die Rundgänge. Am Abend bereicherte der Vortrag von Architekt Matthias Sauerbruch die Einstimmung auf den folgenden Kongresstag. Er gab einen Zwischenbericht über den Status zum Bau der Lernlandschaft Experimenta II im Kontext von Funktion und Form ab, dem das Plenum im voll besetzten Universum Kino gespannt folgte.
Über 400 Teilnehmende aus Architekturund Stadtplanungsbüros, Verwaltung und Politik fanden sich am Kongresstag ein und zeigten großes Interesse an den Vorbereitungen zur Bundesgartenschau. Begeistert berichtete Oberbürgermeister Mergel in seinem Grußwort von der Aufbruchstimmung, die in der Stadt Heilbronn auf dem Weg zu einem wichtigen Wirtschafts-, Bildungs- und Wissenschaftsstandort herrsche. Für eine vorteilhafte Entwicklung lege er ein Augenmerk auf gute Lebensqualität, verlässliche Infrastruktur sowie auf Sicherheit und Geborgenheit für die Bewohnerinnen und Bewohner. Markus Müller, Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg, übermittelte bei seiner Begrüßung eine andere wichtige Botschaft: Wachsende Städte und sich ändernde Arbeitswelten erfordern dringend innovativen Wohnungsbau, der bezahlbar ist, schnell zur Verfügung steht und dennoch Qualität und Baukultur nicht vernachlässigt. Zusammen mit der Wohnraum-Allianz des Wirtschaftsministeriums und anderen baden-württembergischen Verbänden seien schon erste Schritte in die richtige Richtung erfolgt. Das Bauen auf der grünen Wiese sei keine Lösung, sondern jede Kommune, jede Stadt brauche eine eigene individuelle Strategie. Hierfür müsse die staatliche Förderung weiter verbessert werden. Auch der Moderator Rainer Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, schärfte das Bewusstsein, sparsam mit dem Flächenverbrauch umzugehen. Das bislang verfolgte Ziel der Bundesregierung, bis 2020 nur noch 30 ha pro Tag zu versiegeln, sei mit 140 ha kläglich gescheitert: Momentan läge der tägliche Flächenverbrauch noch weit vom Ziel entfernt – deshalb wurde der Flächensparplan bis 2030 verschoben. Baubürgermeister Wilfried Hajek reflektierte durch einen Rückblick auf die Geschichte Heilbronns die Ursache für den Antrieb zum Strukturwandel in der Stadt. „Das Grün war der erste Balsam für die Seele der Menschen nach dem Krieg“, so Hajek. Somit sei die bedeutende Rolle, die die „grüne“ Entwicklung der Stadt spielt, begründet. Der Wandel sei an allen Ecken spürbar und wird von der Bevölkerung ge tragen. Die Ausführungen von Buga-Geschäftsführer Faas unterstrichen: Am Beispiel Heilbronns sieht man deutlich, welche Veränderungsprozesse durch eine Buga in einer Stadt möglich sind. Gerade hier werde klar: Es handelt sich um neues urbanes Gebiet mit hohem qualitativem und quantitativem Wachstum und es ist nicht „nur“ ein Park. Das mache inzwischen Gartenschauen aus.
Der derzeit bekannteste internationale Stadtplaner Prof. Dr. Jan Gehl aus Kopenhagen ging der Frage nach: Wie können wir wieder Städte für die Menschen gestalten? Kritisch betrachtete er den Planungsansatz für autogerechte Städte und die Architekturmoderne, wo vielerorts Siedlungen mit freistehenden Gebäuden entstanden und dabei das Gespür für den menschlichen Maßstab verloren gegangen ist. Stadtplanung würde oft nur aus einer Helikopterperspektive heraus mit Blick von oben entwickelt, mit einem Ergebnis, das er provokant als Vogelkotstädte bezeichnete.
Gehl empfahl, Städte und Straßenräume im wahrsten Sinne des Wortes auf Augenhöhe zu planen und die Gebäudezwischenräume zu gestalten. Am Beispiel des „vielleicht schönsten“ Platzes der Welt, dem autofreien Piazza del Campo in Siena, veranschaulichte er einige Aspekte: Schutz, hohe Aufenthaltsqualität, autofreie Zone und gute Fußwegeverbindungen. Läden und Gastronomie in der Erdgeschosszone beleben Straßen und Plätze und dies verbessere das Sicherheitsgefühl. Viele Metropolen konnte Gehl schon für einen Umbau überzeugen: Dadurch haben Quartiere beispielsweise in Kopenhagen, New York und Melbourne, durch die Gestaltung von autofreien Plätzen sowie ausreichend Fuß und Radwegen enorm gewonnen.
Die Architektin Louisa Hutton nahm in ihren Ausführungen Bezug auf den Bilbao-Effekt und erläuterte anhand eigener Projekte, wie bedeutend und langanhaltend die Wirkung von Gebäuden sein kann, wenn sie am richtigen Ort stehen und somit zu Ikonen werden. Ihr Anspruch ist dabei, dass die Entwürfe das städtische und öffentliche Umfeld einer Stadt verbessern und somit einen Beitrag für die Menschen und deren Umgebung leisten. Für eine gute Lebensqualität sei auch das Zusammenspiel von Stadt und Landschaft nicht zu vernachlässigen.
Die Landschaftsarchitektin Dr. Dagmar Lezuo sieht Bundesgartenschauen als Antreiber für die Implementierung von Grünflächen im Wohnumfeld und als Garant für qualitative Umsetzung. Es bedarf dafür aber nicht nur schöner Entwürfe, sondern auch den Blick in die Zukunft und damit verbunden die sorgfältige Planung der Phase 10, um den Erhalt, die Entwicklung und Pflege der Grünflächen und Pflanzen über Jahrzehnte managen und bewerkstelligen zu können.
Die folgenden sechs Foren setzten sich mit Fragestellungen und Themen der Innenentwicklung auseinander: städtebaulicher Wille, maßgebende Stadtbausteine, Qualitäten des Wohnens und Zusammenlebens, Umgang mit der Ressource Freiraum, Mehrfachcodierung, Holzbau und aktuelle Baustoffentwicklungen sowie Mobilität – im Sinne von nachhaltigem Unterwegssein. Winfried Hermann, Minister für Verkehr, hingegen warb für seine Pläne, das öffentliche Verkehrsnetz leistungs- und zukunftsfähig auszubauen und zu modernisieren, um eine attraktive Alternative zum Individualverkehr zu schaffen. Dazu gehört die Anbindung kleinerer Städte wie auch die Entwicklung durchdachter Systeme für Städte wie Stuttgart. Dabei wurde unterstrichen, dass automatisierte Fahrsysteme nicht „die Lösung“ sind, sondern komplexe Lösungen zu finden seien, die möglichst wenig zusätzlichen Raum beanspruchen, um qualitätsvolle, mit Grün durchwirkte Aufenthalts- und Verkehrsflächen (Fuß- und Radwegenetze) in den Städten zu entwickeln. Hermann unterstrich Jan Gehls Ansatz eines „Leitbildes des menschlichen Maßes“.
In der abschließenden Podiumsdiskussion verfestigte sich der Tenor, der sich im Verlauf des Kongresstages abzeichnete: Ziel solle eine menschengerechte Stadt sein. Darüber hinaus sind parlamentarische, demokratische Spielregeln wichtig. Um qualitätsvolle Urbanität zu schaffen, sind transparente und anhaltende Beteiligungsverfahren und Visionen relevant. Denn erfolgreiche Stadtentwicklung benötigt Leitideen. Kontinuität und vernetztes Arbeiten aller Disziplinen in den Planungsprozessen sorgt für eine Qualitätssicherung, ebenso wie auch individuelle Vergabeverfahren von Grundstücken. Hier ist – beispielhaft in Heilbronn – die Stadtausstellung zu nennen. Durchdachte Auswahlverfahren, in denen die Durchmischung der Bauherrschaft – z.B. Baugruppen, sozialer Wohnungsbau, Investoren – geregelt wurde, und Vorgaben bei der Vergabe an unterschiedliche Architekten sorgen für Individualität, Qualität und Attraktittraktivität in den Quartiersstrukturen.