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Bei den Veranstaltungen und Diskussionen in den letzten Wochen konnte man den Eindruck gewinnen, die Suche nach schlüssigen Themen für eine IBA in Stuttgart käme nicht recht voran. Aber vielleicht haben wir das Große Thema längst gefunden, wissen es nur noch nicht.
Seit 1945 gab es drei internationale Bauausstellungen, die sich als wirklich relevant ins kollektive Gedächtnis eingebrannt haben. Alle drei standen für eine grundlegend neue Sicht auf wesentliche Aspekte der Stadt:
Als der Kalte Krieg begann, formulierte die Interbau 1957 in der Frontstadt Berlin die Vision von der„aufgelockerten und durchgrünten Stadt“ und damit zugleich den Traum vom „Freien Westen“ alsGegenposition zur rückwärtsgewandten Stalin-Allee im Ostteil der Stadt.
Die IBA 1984, ebenfalls in Berlin, war ein Durchbruch der Postmoderne und der Hinwendung zur vorhandenen Stadt. Durch „kritische Rekonstruktion“ wurde die Stadt der Gründerzeit mit nachhaltigem Erfolg zu neuem Leben erweckt.
Die IBA Emscher Park 1999 zeigte, dass die Umdeutung und Neubewertung von Zeugnissen der in vielerHinsicht einst zerstörerischen Industrialisierung über Stadt- und Verwaltungsgrenzen hinweg zumIdentitätsträger werden und einer ganzen Region neues Selbstbewusstsein vermitteln kann.
Stehen wir bei der Entwicklung unserer Städte heute wieder vor einem Paradigmenwechsel, der sich in einer bedeutenden IBA manifestieren könnte?
Die aktuellen Trends in Architektur und Städtebau liefern darauf keine eindeutige Antwort: Themen wiebezahlbarer Wohnraum, urbane Dichte, gemischte Quartiere, stadtverträgliche Mobilität, nachhaltiges Bauen oder Beteiligung prägen die Debatten schon seit geraumer Zeit. Der Blick auf einige gesamtgesellschaftliche Entwicklungen scheint da aufschlussreicher. Sie werden unsere Vorstellungen von Stadt in den nächsten Jahrzehnten tatsächlich tiefgreifend verändern:
So weitreichend sich diese Veränderungen auch auf die Stadt auswirken mögen: Angesichts der globalen Entwicklungen geht es mindestens so sehr darum, jene zentralen Errungenschaften zu verteidigen und auszubauen, die seit dem Mittelalter die besondere Qualität der europäischen Städte ausmachen:
Dieses offene, vielstimmige und kooperative europäische Stadtmodell steht heute in direkter Konkurrenz zuautoritär-zentralistischen und rein kapitalgesteuerten Vorstellungen von Stadtentwicklung. Diese haben heuteeinen ungleich höheren Anteil am globalen Verstädterungsprozess, waren bisher aber nicht annähernd in der Lage, den Herausforderungen dieses Prozesses gerecht zu werden.
Eine "große" IBA bietet die Gelegenheit, unsere Erfahrungen aus zwei Jahrhunderten Verstädterung und unser aktuelles Know-how in die Waagschale zu werfen. Dabei sollte man, wie ich meine, keine der genannten Veränderungen und Herausforderungen isoliert sehen und in den Mittelpunkt stellen. Es ist erstaunlich und überraschend, aber Stuttgart und seine Region haben bei näherer Betrachtung tatsächlich zu jedem einzelnen der Themenkomplexe besondere Erfahrungen und spezifische Expertise beizusteuern.
Heute, 100 Jahre nach Tony Garniers Veröffentlichung der "Cité Industrielle", 90 Jahre nach der Werkbundausstellung am Weißenhof und 60 Jahre nach der Charta von Athen, geht es um nicht weniger als darum, das komplexe Gesamtgebilde der Europäischen Stadt ein weiteres Mal neu zu denken.
"Rethinking European City" ist als Arbeitsprogramm der IBA 2027 entweder völlig vermessen oder genau richtig.
Wenn wir aber diesem Anspruch gerecht werden wollen, benötigen wir die nächsten zehn Jahre vom ersten bis zum letzten Tag. Und wir brauchen dazu auf allen Gebieten die besten Leute, die avanciertesten Denker. Gar nicht so wenige davon arbeiten heute schon in Stuttgart. Die anderen müssen wir auf der ganzen Welt suchen und für unsere Sache gewinnen. Fangen wir damit an!