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Roman von Arnon Grünberg, aus dem Niederländischen von Rainer Kersten, 237 Seiten, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2014, ISBN 978-3-462-04660-1, 18,99 Euro
Zwei Frauen und ein Architekt haben prägenden Einfluss auf das Leben von Samarendra Ambani, genannt Sam. Seine Freundin Nina hat er bei einer Architektur-Bildungsreise nach Rom kennengelernt. "Sie war perfekt, so wie ein Architekturentwurf perfekt sein kann. Es gab nichts an ihr auszusetzen." Mehr als irgendjemanden sonst auf der Welt liebt der Schweizer Architekt mit indischen Wurzeln jedoch Aida, seine Schwester mit einer üblen Muskelkrankheit "kein voll entwickelter Mensch, eher ein nicht ganz realisierter Entwurf." Und dann ist da noch der weltberühmte Max Fehmer, sein Architekten-Übervater, den das Weltwirtschaftsforum bereits zweimal nach Davos eingeladen hat, "um vor Staatsoberhäuptern und Milliardären zu sprechen. Fehmer vertrat die Meinung, dass nicht Philosophie oder Soziologie die Aufgabe hätten, die Welt zu verändern, sondern die Architektur."
Nach kleineren beruflichen Erfolgen beteiligt sich Sam an einem Wettbewerb für eine Oper in Bagdad. Die Rückmeldung, sein Entwurf käme in die engere Wahl, lässt ihn einer Einladung in den Irak folgen. Am Flughafen von Security-Leuten in Empfang genommen, beziehen sie zunächst gemeinsam ein Haus. Sein Zimmer ist mit Tierchen bevölkert, im Bad findet sich der Hinweis:"Nicht länger als zwanzig Sekunden am Tag duschen. Dusche an. Nass werden. Dusche aus. Einseifen. Dusche wieder an. Abspülen. Dusche aus." Fremdes und Groteskes wechseln sich ab, derweil Sam darauf wartet, seinen Auftraggeber zu treffen. Dass dieser tot ist, erfährt er eines Tages übers arabische Fernsehen. Da auch seine Beschützer verschwunden sind, macht sich Sam auf die Suche nach der Schweizer Botschaft - um unversehens im Gefängnis zu landen.
Sein Weg zurück in die Freiheit ist lang, bei den Folterszenen wirkt Sam jedoch mehr erstaunt als gequält. Kaum zuhause, engagiert er sich erneut in Sachen Architekturexport: Eine Bibliothek mit Bunker gilt es in Dubai zu bauen. Doch wieder prallen Welten aufeinander. Als auf der Baustelle die nächste Schicht von (ausgebeuteten) Arbeitern hergefahren wird, rät ihm der Projektleiter, lieber nicht hinzuschauen, denn "von Effizienz verstehen sie hier was". Auch in Dubai findet sich Sam schließlich im Gefängnis wieder, weil er gegen das Alkoholgesetz verstoßen hat, wie er meint. Er sei Architekt, Schweizer und somit neutral, betont der Verhaftete. Die Befrager zeigen sich wenig beeindruckt, Sams Begegnung mit der Justiz nimmt kafkaeske Züge an.
Ein junger Mann im Prozess der Selbstfindung: von Natur aus zwanghaft, entdeckt Sam dank seiner Folter-Erfahrungen immerhin neue Formen der körperlichen Befriedigung. Seiner Freundin will er zeigen, dass er Autorität hat, seiner Schwester wird er einmal ein Haus ganz für sie allein bauen und seinen "Gott Fehmer", der einst die Gleichung aufstellte "k=t-n - die Kraft des Architekten ist die Differenz aus seinem Talent und seiner Naivität", möchte er mit dem eigenen Werk überwinden. Familie, Beruf und kulturelle Eigenheiten, Politik, Religion und Architektur: die Themen sind kunstvoll ineinander verflochten und ziehen den Leser in einen spannenden Sog - in dessen Tiefe er Erstaunliches entdeckt.