Veranstaltungsort für Tagungen, Seminare, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Architektur macht Schule im Spiegel der IBA'27
Um Beteiligungs-Methoden für die Baukulturvermittlung ging es am 24. September 2019. Drei verschiedene Ansätze wurden parallel erprobt: Stadterkundung, Storytelling und Experimente im öffentlichen Raum.
Thomas Herrmann erläuterte, wie bei einem angeleiteten Spaziergang durchs Quartier die Teilnehmenden Tiefenschichten zu erkennen lernen: Dem reinen Schauen folgt das Verstehen, wenn sich Zusammenhänge herauskristallisieren durch wechselnde Perspektiven, gezielte Sinneswahrnehmungen und Gespräche. Das Mittel der Wahl ist dabei immer die eigene Aktivität, sei es über Fotografieren, Zeichnen, Sprechen, Riechen. Nur etwas erklärt zu bekommen, zeitigt keine nachhaltigen Ergebnisse, weiß auch Kathrin von Vacano-Grohmann als Pädagogin zu berichten.
Nach der Bestandsaufnahme kommen die Reflektion und eigene Vorschläge. Gute Erfahrungen hat Herrmann damit gemacht, mit den Jugendlichen anhand deren persönlicher Notizen ins Gespräch einzusteigen entlang von Fragestellungen wie: Was stört mich an der Gegend? Was sind deren Chancen? Und was würde ich mir für die Zukunft wünschen?
Ein ähnliches Ziel, wenn auch mit anderer Vorgehensweise, verfolgen die Zukunftswerkstätten, wie sie Prof. Dr. Rainer Nübel im Zuge seines Storytellingprojekts durchführt. Dort benennen und diskutieren Schülerinnen und Schüler gesellschaftspolitsche Trends und Entwicklungen, die ihnen besonders wichtig erscheinen, ordnen Einzelphänomene allgemeinen Themen zu bzw. suchen konkrete Beispiele für übergeordnete Bereiche. Am Ende des Prozesses steht eine Story - als Text, Video, Fotogeschichte -, die die Zukunft lebendig werden lässt.
Das Projekt ist Teil der Aktivitäten zur IBA'27. Diese stand bei der diesjährigen Netzwerkveranstaltung "Architektur macht Schule" beispielhaft im Zentrum, um zu zeigen mit welchen Methoden sich junge Menschen in solche städtebaulichen Großereignisse einbinden lassen. Zahlreiche Storys sind bei der seit 2018 laufenden Aktion "More Future. Erzähl uns deine Zukunft" bereits entstanden. Nübel erinnerte sich an eine tolle Arbeit eines Kursstufen-Schülers, der nach fundierter Recherche zur Forderung gelangt war, Einfamilienhäuser abzuschaffen. In einer öffentlichen Veranstaltung habe er seine entsprechende 3-D-Präsentation sehr überzeugend auch dem IBA-Intendanten Andreas Hofer unterbreitet.
Dass jede einzelne für sich funktioniert, hat sich schon vielfach gezeigt. Dass sich aber für ein nachhaltiges Baukulturprojekt letztlich die Kombination aller drei Methoden empfiehlt, war das Resümee der abschließenden Gesprächsrunde.
Ob 3-D-Präsentation, 360-Grad-Bilder oder die App #stadtsache - für die Auseinandersetzung mit Architektur und Baukultur stehen viele geeignete Instrumente zur Verfügung. Andreas Beulich berichtete von dem Forschungsprojekt Reallabor stadt:quartiere 4.0, in dessen Rahmen er Kinder und Jugendliche bei geplanten Sanierungen beteiligt hat. Eine unkomplizierte Handhabung sowie klar zu kommunizierende Ergebnisse seien für die digitalen Instrumente unabdingbar. In einem der geschilderten Fälle entstand ein Modell, das "gut für die kommenden Beteiligungsphasen weitergegeben werden konnte." Bei einem anderen Projekt ließen sich per App Daten, Inhalte und Kommentare GPS-getrackt auf der Karte sichtbar machen und problemlos den Kommunen übermitteln.
Um eine Basis zu schaffen, kritische Stadtbürgerinnen und Stadtbürger zu erziehen, "sind die vorgestellten methodischen Ansätze unheimlich wertvoll", fasste Johanna Probst zusammen. Die Politikwissenschaftlerin verwies auf §41a der baden-württembergischen Gemeindeordnung, die seit 2015 fordert: "Die Gemeinde soll Kinder und muss Jugendliche bei Planungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, in angemessener Weise beteiligen." Auch vor diesem Hintergrund sind partizipative Methoden zur Baukulturvermittlung gefragt. An dem Workshop-Nachmittag hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, einen der angebotenen Ansätze praktisch zu vertiefen. Letztlich lassen sich alle drei Methoden für Aktivitäten zur IBA'27 fruchtbar machen, eignen sich aber auch für andere Bereiche der Baukulturvermittlung.
Überblick über die Initiative der Architektenkammer Baden-Württemberg