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Der Fachbereich Innenarchitektur erfährt in der öffentlichen Wahrnehmung zunehmend Anerkennung als Fachdisziplin, die Antworten auf wichtige Fragen des Zusammenlebens/Zusammenarbeitens bereithält durch ihre nutzerzentrierte Gestaltungsperspektive. Vor allem bei öffentlichen Auftraggebern, die für große gesellschaftliche Gruppen planen und bauen, wächst die Überzeugung von der Wirksamkeit einer Betrachtung von „innen nach außen“. Davon zeugen vermehrt erfolgreiche Teilnahmen an Wettbewerben, aber auch Auszeichnungen.
Beispiel Arbeitswelten:
Das Facettenmodell des Innenarchitekten und Diplom-Psychologen Andreas Hegenbart erhielt den Nobis-Preis für Arbeitsschutz in kleinen und mittleren Unternehmen. Der Preis wurde erstmals vergeben. Bei der Preisverleihung hob Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut die Übertragbarkeit des Ansatzes hervor, der mit „Gebaute Arbeitswelten zur Potentialentfaltung“ überschrieben ist. Hegenbart, aktiv im Netzwerk Innenarchitektur der AKBW, wurde prämiert für die Übersetzung der Interaktion von umbauten Räumen mit den Nutzern in ein Modell. Derart systematisiert, kann es Anwendung finden auf verschiedene Branchen und Anforderungen. Jede Organisation könne durch die Gestaltung der Arbeitsplätze Einfluss nehmen auf den Organisationserfolg. Der Diplompsychologe und Innenarchitekt führt beispielsweise „falsche Versprechen“ im Bezug auf gebaute Arbeitswelten auf: Etwa, dass offene Großraumbüros die Kommunikation unter Mitarbeitenden fördere oder Glaswände die Arbeitswirksamkeit erhöhten – in beiden Fällen sei das Gegenteil der Fall. „Das Individuum steht zu einer so verstandenen Umwelt in unmittelbarer psychologischer Wechselwirkung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass Erleben und Verhalten das Individuums in der Umwelt zu deren Verhaltensangeboten komplementär ist und mit ihr eine Einheit bilden.“
Beispiel Inklusives Bauen im Bestand:
„Alter und plötzlich eintretende Bewegungseinschränkungen sind Teil unseres Lebens, dies sollte uns allen immer und überall bei der Planung von Um- oder Neubauten bewusst sein“, sagt der Vertreter der Fachrichtung Innenarchitektur im AKBW-Landesvorstand, René Damian Pier. „Sichere Bewegungsräume für alle und ein Leben ohne Barrieren sind kein architektonisches Sonderthema. Die Anpassungsfähigkeit von Wohnungen und Wohnhäusern an sich verändernde Fähigkeiten des Individuums sollte immer die Maxime bei der Planung sein.“ Die Generationen der um die Jahrtausendwende Geborenen erlebten sprunghafte Veränderungen in Arbeits- und Privatleben eher als Normalität als die Generation der „Babyboomer“. Diese Alterskohorte erlebe gerade hautnah, wie sich das natürliche Alter bemerkbar mache und werde jetzt erst konfrontiert mit einschränkender Mobilität, die genauso individuell sei wie unser Fingerabdruck.
Innenarchitekt*innen seien bei dieser herausfordernden Planungsaufgabe zur Anpassung von Bestandsbauten im Vorteil, weil sie grundsätzlich eine nutzerzentrierte Gestaltungsperspektive einnähmen. Auch gehe die Innenarchitektur von der Prozesshaftigkeit des Wohnens aus: Heute noch unmerkliche Barrieren können im Laufe des Lebens zu unüberwindlichen Problemen in der Bewältigung des Alltags werden. Mit heutigen Mitteln der Simulation von Planungszielen ließen sich individuelle Prozesse der Mobilitäts-, Sinnes oder kognitiver Einschränkung analysieren und in passgenaue Lösungen überführen. „Wir sind nicht mehr auf starre DIN-Lösungen angewiesen wie vor fünfzig Jahren“, sagt Pier. Jede Gestaltung von Räumen müsse sich an den momentanen individuellen Fähigkeiten wie auch an einer möglichen Progression oder Degression des jeweiligen Menschen orientieren.
„Was uns Planer*innen heute beim Wohnungs-Neu- oder Umbau zu Gute kommt, ist die veränderte Sicht auf das Wohnen an sich. Der Zenit des Wohnflächenverbrauchs ist überschritten und es wird vielen klar, dass wir den zur Verfügung stehenden Wohnraum neu betrachten müssen. Der Trend zum „Downsizing“ ist allgegenwärtig. Für das Leben in Räumen gilt zunächst eine einfache Sichtweise: Jeder Mensch kann sich immer nur in einem Raum gleichzeitig aufhalten. Mit Planungsgeschick und der Offenheit der Nutzer können aus scheinbar wenigen Gesamtquadratmetern einer Wohnung, große Nutzeinheiten werden, die sich überschneiden. Durch konsequentes ‚Space-Sharing‘ lassen sich Wohnungen von Barrieren befreien. Mit den Bewohnern ist eine Diskussion über Privatheit in der eigenen Wohnung zu führen. Welche Nutzung benötigt zwingend einen Raum mit geschlossener Tür? Wände und Türen sind die bekanntesten zu überwindenden Barrieren. Beim Bad, einem Kernthema der Kommunikation über Barrierefreiheit, kommt durch zeitgemäße Nutzung und Gestaltung der Aspekt der Sicherheit voll zum Tragen. Durch schwellenfreien Zugang zur Dusche z. B. kann jeder sicher diesen Bereich nutzen, ungeachtet seines Alters.
René Pier aus Stuttgart vertritt seit 2019 die Fachrichtung Innenarchitektur im Landesvorstand.innenarchitektur spamgeschützt @ spamgeschützt akbw.de