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2027 findet die Internationale Bauausstellung Stadtregion Stuttgart statt, die Antworten auf aktuelle und bleibende Fragestellungen der Architektur geben soll: nach bezahlbarem und gutem Wohnraum, der Bedeutung des Wohnquartiers für das soziale Gefüge, Lösungen zur funktionalen Nachverdichtung, der Um- und Zwischennutzung – das alles im Zeichen des klimaneutralen und nachhaltigen Bauens. Damit steht die IBA’27 in der Tradition einer anderen, legendären Bauausstellung: Der Werkbundausstellung „Die Wohnung“ von 1927, besser bekannt als „Weissenhofsiedlung“.
Wieso die Gestaltungsideen auch ein Jahrhundert später die kommende Bauausstellung inspirieren könnten, erfuhren die IBA’27 Friends beim Besuch der Weissenhofsiedlung. Dr. Raquel Jaureguízar, IBA-Projektleiterin mit den Schwerpunkten Umgang mit dem Erbe der Moderne und die produktive Stadt, führte durch das Ensemble.
Der Erfolg der Werkbundausstellung beruhe auf mehreren Säulen: Erstens der Energie und Zielstrebigkeit von Ausstellungsleiter Ludwig Mies van der Rohe, der die führenden internationalen Architekten der Zeit in Stuttgart versammelte. Im Fall von Le Corbusier sogar gegen den Widerstand des Stadtrats, der eigentlich keinen französisch sprechenden Architekten finanzieren wollte. Zweitens dem Willen und der Möglichkeit, Dinge auszuprobieren. Eine große Experimentierhalle auf dem Gelände ermöglichte es Ideen und Baumaterialien vor Ort zu testen, um sie anschließend direkt um- bzw. einzusetzen. Fehler durften passieren, taten sie auch, wie man heute weiß: die Stützen im Doppelhaus von Le Corbusier sind zu schwach, die Wände etwas zu dick. Drittens war die Ausstellung explizit als Schaufenster konzeptioniert. Gezeigt werden sollte, wie sich Architekten das Wohnen der Zukunft vorstellten, jenseits der Zwänge und Moden der Zeit. Zur Wahrheit gehöre wohl auch, so Dr. Jaureguízar, dass das Baurecht zu jener Zeit deutlich einfacher gestaltet war …
Mit seinen beiden zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden Wohnhäusern verfolgte Le Corbusier (gemeinsam mit seinem Büropartner Pierre Jeanneret) die Idee einer „Wohnmaschine“: Allen Menschen, egal ob Dienstmädchen oder Hausbesitzer, steht dort grundsätzlich der gleiche Platz zu – eine Fläche mit 2,5 Metern Breite. Die Raumaufteilung ist in den verschiedenen Stockwerken exakt gleich, nur Raumhöhe und Farbe schaffen Individualität. Gleichzeitig werden Farben zur Orientierung eingesetzt– Rot signalisiert beispielsweise eine Tür, einen Eingang. Die Räume sind klein und funktional gehalten. Einbauschränke sparen Platz, der Wohnbereich ist gleichzeitig das Schlafzimmer, Rollwände schaffen Privatsphäre, die Betten werden wie in einem Zugabteil nur bei Bedarf hervorgeholt. Garten und Dachterrasse fungieren im Doppelhaus, in dem das Weissenhofmuseum untergebracht ist, als Orte der Begegnung zwischen den Mietern, die Gemeinschaft stiften.
Was sich in der Theorie streng und durchdacht anhört, stellt sich in der Realität als wunderbar leichtes und anmutiges Gebäude dar. Auf tragende Mauern wurde verzichtet, Stützen tragen das Haus Richtung Himmel. Durchgehende Langfenster sorgen für helle Innenräume. Überhaupt liefert das ganze Weissenhof-Ensemble mit seinen verschiedenen Flachdachhäusern (beispielsweise der Genossenschaftsbau von Mies van der Rohe, die Reihenhäuser von Jacobus Johannes Pieter Oud …) auch heute noch eine beeindruckende Dichte an gelungenen Entwürfen. Häuser als Gebrauchs- statt Repräsentationsobjekt, die in ihrer Reduktion auf das Wesentliche dem Menschen Raum zur Entfaltung geben: Diese Idee ist auch heut noch revolutionär. Die Probleme der Zeit zeigen sich aber auch in diesem Monument der Moderne: „Früher waren die Straßen hier voll mit Kindern – heute mit Autos“, fasst Dr. Jaureguízar eines der aktuellen Probleme des öffentlichen Raums in der Großstadt zusammen.
Die Architektenkammer Baden-Württemberg ist Gesellschafterin der IBA’27 und auch bei den IBA Friends prominent vertreten: Wolfgang Riehle, Ehrenpräsident der Kammer, ist Vorsitzender des Fördervereins. „Damals ging es um die Frage: Was brauchen wir wirklich? Auch bei der neuen IBA’27 geht es nicht nur um bauliche Konzepte, sondern auch darum, die Menschen mitzunehmen. Denn wir müssen uns als Gesellschaft bewegen“, so das Plädoyer Riehles am Ende des Rundgangs. „Wohnraum wäre genügend da. Es macht mich zunehmend nachdenklich, wie wir damit umgehen.“
Ein so anspruchsvolles Projekt wie die IBA’27 kann nur gelingen, wenn es von vielen Schultern getragen wird und auf breite Unterstützung zählen kann. Die IBA’27 Friends fördern und initiieren Veranstaltungen und Projekte in den unterschiedlichsten Bereichen – von Architektur und Stadtplanung über Kunst und Kultur bis hin zur beruflichen Bildung. Helfen Sie mit, die Diskurse zur zeitgenössischen Baukultur in der Gesellschaft zu verankern.