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Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Internationale Bauausstellungen sind gleichzeitig Seismographen und Zukunftslabore. Sie suchen im Hier und Jetzt die Potenziale für das Kommende. Eine IBA kann aber keine aktuellen Gesetze außer Kraft setzen, und wenn sie nicht mit viel eigenem Kapital ausgestattet ist, stößt sie an die Grenzen einer konservativen Investitionslogik im Immobilienmarkt und begegnet Ängsten vor technischen Problemen und Haftungsrisiken. Einen „Ausnahmezustand auf Zeit“ zu entfachen ist somit keine Selbstverständlichkeit. Dafür braucht es äußeren Handlungsdruck und die Fähigkeit, diesen aufzunehmen und in Begeisterung zu übersetzen. Genau dies versucht die IBA'27 in der Stadtregion Stuttgart.
In einer der reichsten und produktivsten Regionen Europas bedrohen globale Veränderungen wie der Klimawandel und Strukturumbrüche in der Industrie den zukünftigen Wohlstand und die Lebensqualität. In der hier besonders prominenten Automobilindustrie überlagern sich diese Problemfelder: Der Wandel der Antriebstechnologie, neue Produktionsmethoden und der Trend zum automatisierten Fahren bewirken einen radikalen Umbau des bestehenden Produktionsclusters und erfordern große Investitionen. Im Gegenzug spürt die staugeplagte Region Stuttgart besonders stark, dass die Auswirkungen des Individualverkehrs auf die Umwelt schnell reduziert werden müssen. Am Ende dieses Prozesses steht vermutlich ein völlig neues Mobilitätssystem, dessen Gestalt wir erst schemenhaft erkennen. Diese Herausforderungen und ihre Widersprüchlichkeit beschäftigen die Menschen in der Region. Ein hoher Anteil grüner Wählerstimmen trifft auf heftigen Widerstand gegen Einschränkungen der individuellen Automobilität, die enorme Wirtschaftskraft kann offensichtliche Defizite bei der Stadt- und Umweltgestaltung und der Wohnraumversorgung nicht beseitigen.
In der Vorphase der IBA'27 diskutierte eine Vielzahl von Menschen in unterschiedlichsten Formaten diese Ausgangslage und dokumentierte sie in einem Memorandum, das die Aufgabe an die IBA als „präemptiven Strukturwandel“ beschrieb: Kann eine IBA die Transformation der Region Stuttgart unterstützen und beschleunigen sowie bauliche Strategien für eine offene Zukunft entwickeln und damit die negativen Auswirkungen absehbarer Veränderungen mildern?
Mit dem Auftrag, diese breite gesellschaftliche und technologische Auseinandersetzung mit der Zukunft voranzutreiben und in gebaute Projekte zu übersetzen, bin ich Anfang 2018 als Intendant der IBA’27 GmbH angetreten. Bereits bei meiner Arbeit in Zürich habe ich mich in verschiedenen Projekten mit den städtebaulichen Folgen von Deindustrialisierung und gesellschaftlichem Wandel auseinandergesetzt. Zusammen mit meinem Team habe ich im Mai 2018 dann eine Struktur und eine Strategie für die IBA‘27 vorgestellt. Diese setzt den intensiven Beteiligungsprozess der Vorbereitungsphase in Arbeitsgruppen und Foren fort und eröffnete im Oktober 2018 eine breite Sammlung unterschiedlichster Projektideen, die bis zum Präsentationsjahr 2027 stufenweise qualifiziert werden. Ein niederschwelliger Antrag von Interessierten (Kommunen, Investorinnen, Projektgruppen, Forschungsinstitute) führt anhand grundlegender Qualitäten zu einer Aufnahme in das IBA'27-Netz. Für eine gemeinsame Weiterentwicklung besonders vielversprechende Vorhaben dieses Netzwerks können durch Beschluss des Aufsichtsrats zu IBA'27-Projekten werden. Diese Struktur versucht, das Verhältnis zwischen Avantgarde und Relevanz neu zu definieren. Exzellenz, neue Talente und spektakuläre Bauwerke, die von einer Bauausstellung zurecht gefordert werden, entstehen aus einer breiten Diskussion der zukünftigen Notwendigkeiten und ihre Internationalität über die Antworten auf gesellschaftliche Fragen, die über die Ausstellungsregion hinaus anwendbar sind.
Parallel zur Projektsammlung baute die IBA'27 ihre Strukturen auf. Das interdisziplinäre Team der IBA’27 GmbH, das ich zusammen mit der kaufmännischen Geschäftsführerin Karin Lang leiten darf, besteht aus mittlerweile zwanzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Im Aufsichtsrat der IBA'27 GmbH bringen Vertreterinnen und Vertreter der Gesellschafterinnen (Stadt und Region Stuttgart, Universität Stuttgart, Architektenkammer Baden-Württemberg) ihre Sicht ein, das IBA'27-Forum, ein offenes Netzwerk von rund 20 Arbeitsgruppen, versammelt regionale Kompetenzen, während das IBA'27-Kuratorium die internationale Perspektive sicherstellt. Zudem bestehen vielfältige Kontakte zu Behörden, der Politik, Verbänden und der Industrie.
Obwohl sich die Leistungen der IBA'27 für die Projekte auf Beratung bei der Prozessgestaltung, Vermittlung von Expertenwissen, Unterstützung bei Beteiligungsverfahren, Öffentlichkeitsarbeit und die Vernetzung zwischen den Projekten beschränken, löste die IBA'27 in der Region eine erstaunliche Dynamik aus. Sie motiviert Kommunen, die IBA'27 und ihren definierten zeitlichen Rahmen zu nutzen, auch schwierige Areale anzugehen. Sie bietet Gelegenheit, sich außerhalb ausgetretener Pfade mit Fragen der Stadtentwicklung, der Freiraumqualität, der Nutzungsmischung, der CO₂-Neutralität und des nachhaltigen Bauens auseinandersetzen. Sie schafft Sichtbarkeit und motiviert zu umfangreichen Beteiligungsverfahren, in denen sich Bürgerinnen und Bürger mit der Zukunft ihrer Kommune auseinandersetzen.
Aus dem großen Pool von 140 Projekteinreichungen und mehr als 70 mittlerweile ins IBA'27-Netz aufgenommenen Vorhaben formten sich die Leitfragen der räumlichen Entwicklung der Region, die fünf „Themen und Räume“ der IBA'27: Die produktive Stadt, die Zukunft der Zentren, Orte der Bewegung und Begegnung, Umgang mit dem Erbe der Moderne und der Neckar als Lebensraum. Die Themen und Räume decken in ihrer Breite die Ansprüche einer regionalen IBA ab. Gleichzeitig erweisen sie sich als scharf genug, an einem Bild der Region zu arbeiten, das eine heterogene Stadtregion in einen vielfältig vernetzten, produktiven, lebensfreundlichen und zukunftsorientierten Raum verwandelt. Im Kern der produktiven Stadt, die sich als zentrales Thema der IBA'27 herauskristallisiert, steht die ernstgemeinte Überwindung der Funktionstrennung. Gerade in dieser nach wie vor von industrieller Produktion geprägten Region könnten ganz neue Formen der Verbindung von Wohnen, Arbeiten, Produzieren und Freizeit entwickelt werden.
Zurzeit entstehen in internationalen Wettbewerben die ersten Pläne für die Nachnutzung großer Industrieareale, die Konversion von monofunktionalen Wohn- oder Gewerbesiedlungen und Infrastrukturen wie Bahnhöfe in gemischte städtische Quartiere und die Um- und Weiternutzung gebauter Monumente der Moderne. Schon heute, im frühen Planungsstadium der Projekte, stößt die IBA'27 dabei an die Grenzen bestehender Planungsinstrumente und des regulatorischen Rahmens, der noch immer vom Geist der Funktionstrennung durchzogen ist. Zu den ersten 14 im Jahre 2020 vom Aufsichtsrat beschlossenen und mit den Projektträgerinnen in einer Kooperationsvereinbarung mit anspruchsvollen Prozessqualitäten und Nachhaltigkeitszielen hinterlegten IBA'27-Projekten werden in den nächsten Monaten noch weitere dazustoßen.
Allein schon die Aufbruchsstimmung in der Region Stuttgart macht die IBA'27 bereits jetzt zum erfolgreichen Projekt. Mit den lokalen Umsetzungen, der Planung von IBA'27-Festivals in den Jahren 2023 und 2025 und dem Präsentationsjahr 2027 wird sie beweisen müssen, ob sie die hohen Erwartungen mit Bauwerken und Stadträumen einlösen kann, die der Region Stuttgart und ihren Besucherinnen und Besuchern Zukunftswege zeigen.
www.iba27.de
Thomas HerrmannStv. Bezirksvorsitzender des Kammerbezirks StuttgartTel: 0711 / 487500Fax: 0711 / 487708thomas.herrmann spamgeschützt @ spamgeschützt akbw.de
Freimut JacobiKammer-Beauftragter für die IBA'27 StadtRegion StuttgartTel: 0711 / 4797137freimut.jacobi spamgeschützt @ spamgeschützt schwarz-jacobi.de