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Podiumsdiskussion zum neuen Bau- und Architektenvertragsrecht im Haus der Architekten
Seit 1. Januar 2018 ist das neue Bau- und Architektenvertragsrecht in Kraft, das Architektinnen und Architekten in ihrer Berufspraxis unmittelbar betrifft. Grund genug, dass die Architektenkammer zu einer Podiumsdiskussion am 6. März einlud, um über die Neuerungen zu sprechen und diese zu bewerten.
Verbesserung für Betroffene
Mit dem Emmendinger Bundestagsabgeordneten Dr. Johannes Fechner, dem rechtspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, konnte ein eloquenter Diskutant gewonnen werden, der unmittelbar am Gesetzgebungsverfahren beteiligt war. Fechner erläuterte den rund 90 Teilnehmenden die maßgeblichen Gründe der Gesetzesänderung und wies auf die wesentlichen Verbesserungen sowohl für die Verbraucher wie auch für das Handwerk hin. Ausdrücklich betonte er, dass Sinn und Zweck der Neuerung auch war, die bisweilen einseitig-benachteiligenden Rechtspositionen der Architekten und Architektinnen zu verbessern.
Von berufener Stelle erhielt der Gesetzgeber Lob: Der renommierte Rechtsanwalt und Professor Mathias Preussner, der in zahlreichen Veröffentlichungen die Reform bereits bewertete, benannte sie als Quantensprung. Preussner zog in Gänze ein positives Fazit bei der Betrachtung des neuen Architektenvertragsrechts, wenn es auch aus seiner Sicht an der einen oder anderen Stelle noch Verbesserungsbedarf gibt. Lob zollte er der aus seiner Sicht notwendigen Änderung der Gesamtschuld.
Änderung der Gesamtschuldproblematik
Der Bauherr kann nun bei möglichen Mängeln, die durch einen Bauunternehmer und einen überwachenden Architekten entstanden sind, nicht weiter wie bisher einseitig den Architekten zum Schadensersatz verpflichten. Vielmehr muss er nun zunächst an den Bauunternehmer herantreten und ihn zur Mangelbeseitigung auffordern. Nur wenn der Bauunternehmer diese ablehnt, bleibt die Möglichkeit des Zugriffs auf den Architekten und dessen Versicherung. In der Vergangenheit führte die bisherige Regelung dazu, dass sich der Bauherr von der Versicherung des Architekten regelmäßig den Schadensersatz auszahlen ließ und keine Mangelbeseitigung vornahm.
Vom Vertreter der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, dem neu gewählten Hauptgeschäftsführer Thomas Möller, wurde die Änderung begrüßt. Auch die Bauwirtschaft werte es als positiv, dass sie nunmehr zunächst die Möglichkeit zur Mangelbeseitigung habe, so Möller, der dies anschaulich begründete. Denn ärgerlich war die bisherige Auszahlungspraxis auch für den Bauunternehmer: Die an den Bauherrn den vollen Schadensersatz zahlende Versicherung des Architekten holte sich das Geld vom Bauunternehmer teilweise zurück.
Immerhin war auch dieser für den Schaden verantwortlich. Statt einer schnellen, einfachen und kostengünstigen Mangelbeseitigung, die er selbst unkompliziert vornehmen konnte, musste der Bauunternehmer daher am Ende der Versicherung des Architekten einen Teil des Schadenersatzes zurückerstatten.
Die Architektenschaft wurde von dem Präsidenten der Architektenkammer, Markus Müller, vertreten, der auf die Problematik der bisherigen kostenlosen Akquise-Rechtsprechung hinwies. Müller begrüßte die Intention des Gesetzgebers, mit der Reform die zu weitgehende Ausdehnung der kostenlosen Akquise zu Lasten des Architekten einzudämmen. Er schilderte zudem die Situation von Architekten, wenn diese zwischen die Mühlen von Bauherrn und Versicherung geraten. Müller begrüßte daher ebenso die Änderung der Gesamtschuld, verband dies aber mit dem Hinweis und Wunsch, das Thema damit nicht als erledigt anzusehen.
Schriftlich schützt
Für die Gerichtsbarkeit nahm Dietrich Weder teil, der als Vorsitzender Richter am Landgericht München I tätig ist. Mit bayerischem Humor berichtete er davon, dass der Sitzungssaal die letzte Stufe der Baustelle sei. Weder begrüßte die gesetzgeberische Einführung von speziellen Baukammern und Bausenaten, die zur weiteren Professionalisierung bei der Bearbeitung der oftmals schwierigen Bau- und Architektenfälle beitrügen.
In München sei man aber schon weiter, so Weder: Dort ist er seit vielen Jahren schon Vorsitzender einer spezialisierten Baukammer. Weder richtete die Bitte an das Publikum, Architektenverträge möglichst schriftlich abzuschließen, um nicht in Beweisnot vor Gericht zu geraten.
Im Anschluss hatten die Gäste die Möglichkeit, ihre Sicht und Einschätzungen der Novelle darzustellen. Mit einem Glas Wein und einer Bretzel endete die Veranstaltung nach rund zwei Stunden. Alle Diskutanten waren sich zumindest in einem einig: Jeder Architekt und jeder Bauunternehmer muss sich mit dem neuen Bau- und Architektenvertragsrecht ausführlich und schnellstens beschäftigen. Das Recht wartet nicht, es ist schon da.