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Spätestens jetzt ist es also soweit: Mit dem 01.01.2021 ist das verbindliche Preisrecht der HOAI Geschichte, jedenfalls für die ab dem neuen Jahr geschlossenen Verträge. Ganz loslassen wird es den Anwender aber noch nicht, vertritt doch eine Reihe von Oberlandesgerichten und mit ihnen der Bundesgerichtshof die Auffassung, dass jedenfalls der Mindestsatz bei „Altverträgen“ weiterhin gilt. Setzt sich diese Sicht beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) durch, dürften die sogenannten Aufstockungsklagen die Gerichte noch eine ganze Weile beschäftigen.
Bei der HOAI 2021 wird das in weitaus geringerem Umfang der Fall sein: Neue, in der rechtlichen Handhabung umstrittene Themen dürfte sie kaum bereithalten. Sie beschränkt sich im Wesentlichen auf die bloße Umsetzung der EuGH-Entscheidung aus 2019, mit der das europarechtliche Fallbeil dem nationalen Preisrecht in der HOAI den Garaus machte: Die Mindest- und Höchstsätze verstoßen, jedenfalls in ihrer bisherigen Ausprägung in § 7 HOAI, gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie, weshalb der deutsche Gesetzgeber gehalten war, Abhilfe zu schaffen.
Hierfür gab es eine Reihe von Möglichkeiten, von der Einführung eines echten Berufszugangsrechts als Voraussetzung, das verbindliche Preisrecht beizubehalten, bis hin zur vollständigen Abschaffung der HOAI. Der Gesetzgeber wählte den vermeintlichen Mittelweg einer um den zwingenden Charakter entkleideten, aber immerhin fortbestehenden Verordnung.
In der HOAI 2021 wird also der verbindliche Mindestsatz durch einen Basishonorarsatz ersetzt, der aber nicht mehr verbindlich ist, ebenso wenig wie der gar ganz aus § 7 HOAI getilgte und andernorts zum oberen Honorarsatz umetikettierte Höchstsatz. Der hieraus unverändert gebildete Rahmen, jetzt Honorarspanne genannt, dient nun nur noch der Orientierung der Vertragsparteien bei der Preisfindung. Er darf in beide Richtungen verlassen werden; die Vergütung für Planungs- und Überwachungsleistungen kann frei vereinbart werden. Wird nichts formwirksam vereinbart, gilt eine Vergütung in Höhe des Basishonorars als ausgemacht. Insoweit bleibt es also im Wesentlichen bei der alten Regelung und damit bei einer Absicherung des Auftragnehmers, wenn über die Höhe seiner Vergütung keine Vereinbarung zustande kommt. Die Beibehaltung dieser Auffangregelung war keineswegs zwingend; denn der Auftragnehmer einer Werkleistung wird außerhalb der HOAI bereits durch § 632 BGB geschützt: Hiernach gilt ohne gesonderte Vereinbarung die (markt)übliche Vergütung als geschuldet, wenn die Werkleistung nur gegen Entgelt zu erwarten ist. Die für Architekten- und Ingenieurleistungen übliche Vergütung wurde in der Vergangenheit allerdings nicht selten unterhalb des Mindestsatzes angesiedelt, weshalb die fortbestehende Fiktion des nun Basishonorar genannten Mindestsatzes aus Sicht der Architekten und Ingenieure positiv zu bewerten ist.
Ebenfalls nicht europarechtlich vorgegeben ist die Möglichkeit, die Honorarvereinbarung nun auch in Textform, also per E-Mail, abzuschließen. Bislang galt das strenge Schriftformgebot. Hier hat sich der Gesetzgeber mit gutem Grund den Bedürfnissen der Praxis geöffnet, wenn es auch (wiederum aus gutem Grund) dabei bleibt, dass mündliche Honorarvereinbarungen selbst zwischen Unternehmen nicht möglich sind, anders als bei den anderen am Bau Beteiligten. Entfallen ist aber das in der Vergangenheit häufig Schwierigkeiten bereitende Erfordernis, die Honorarvereinbarung „bei Auftragserteilung“ abzuschließen. Eine Einigung über das Honorar kann nun jederzeit herbeigeführt und nachträglich noch verändert werden. Auch dies trägt den Bedürfnissen der Praxis Rechnung.
Nie ganz vom Tisch war in der Vergangenheit die Argumentation, der Auftragnehmer von Architekten- und Ingenieurleistungen sei verpflichtet, seinen Auftraggeber auf die Einhaltung des verbindlichen Honorarrechts hinzuweisen, um ihn vor unliebsamen Überraschungen bei der Abrechnung zu bewahren. Die Gerichte sind dem regelmäßig nicht gefolgt und auch der Gesetzgeber sah sich in der Vergangenheit nicht dazu veranlasst, eine entsprechende Hinweispflicht in die HOAI aufzunehmen. Dass dies ausgerechnet jetzt geschieht, wenn das bislang verbindliche Preisrecht zur bloßen Empfehlung herabgestuft wird, lag also nicht gerade nahe. Trotzdem gilt nun: Der Auftragnehmer ist ab sofort verpflichtet, seinen Vertragspartner auf die Möglichkeit hinzuweisen, eine höhere oder niedrigere Vergütung als von der HOAI empfohlen zu vereinbaren, sofern der Auftraggeber Verbraucher ist. Unterlässt er dies, verliert er seinen Anspruch auf eine oberhalb des Basishonorars vereinbarte Vergütung.
Mit dem Wegfall des verbindlichen Preisrechts verliert der Architekt und der Ingenieur seine gegenüber anderen am Bau Beteiligten in wirtschaftlicher Hinsicht bislang eingenommene Sonderstellung. Das findet neben der nun eingeführten freien Vereinbarkeit des Honorars seinen Ausdruck auch im Wegfall einer eigenständigen Fälligkeitsregelung in § 15 HOAI, der lediglich noch auf die für den Bauvertrag gültige BGB-Regelung (§ 650g Abs. 4 BGB) verweist. Werkvertragliche Normalität zieht mit der HOAI 2021 auch bei der Abrechnung von Nachträgen ein. Da es keinen zwingenden Preisrahmen mehr gibt, kann der Architekt oder Ingenieur den durch eine geänderte oder zusätzliche Leistung bedingten Aufwand neben einer Abrechnung entlang der HOAI-Parameter auch nach den tatsächlich erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn abrechnen (§§ 650c Abs. 2, 650q BGB), und zwar unabhängig davon, ob es sich um Grund- oder Besondere Leistungen handelt. Dies galt zwar nach richtiger Auffassung schon seit Einführung des Architektenvertragsrechts im BGB zum 01.01.2018, wurde aber vielfach in Abrede und nun durch den Gesetzgeber klargestellt.
Mit der HOAI 2021 gleicht sich das Recht der Architekten und Ingenieure also auf der Vergütungsseite weiter der für die anderen am Bau beteiligten Werkunternehmer gültigen Rechtslage an. Der Verordnungsgeber sah dabei davon ab, die Tafelwerte anzupassen. Die mit der HOAI 2021 endgültig einziehende neue Normalität bei der Preisfindung und der damit einhergehende Wegfall verbindlichen Preisrechts verlangt sowohl auf Auftraggeber wie auch auf Auftragnehmerseite ein deutliches Mehr an vertraglicher Gestaltung zu Beginn der Zusammenarbeit. Darin liegt neben dem wirtschaftlichen Risiko durch den Verlust des verordneten Mindesthonorars die Chance, bislang häufig komplexe und schwierig zu lösende Honorarstreitigkeiten von Anfang an zu vermeiden und damit auch in kritischen Fällen einfacher und einvernehmlich an ein auskömmliches und für alle Seiten akzeptables Honorar zu gelangen.
Am 1. Januar 2021 ist die neue HOAI in Kraft getreten. Diese Artikel-Serie beleuchtet die Neuerungen aus verschiedenen Blickwinkeln – unterschiedliche Auffassungen und Wahrnehmungen sind dabei nicht ausgeschlossen.