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Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen“ (Karl Valentin (1882 – 1948)). Aufsätze, Kommentare, Erläuterungen, Hinweise und FAQ‘s zur neuen „HOAI 2021“ gibt es mittlerweile zu Genüge. Allerdings ist alles eine Frage der Perspektive. Deshalb werde ich das Thema Honorarordnung für Architekten und Ingenieure aus meiner persönlichen Sicht aufgrund meiner beruflichen Erfahrungen mit diesem Regelwerk behandeln.
Von Thomas Abele, Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg
Seit 1987 beschäftige ich mich mit den komplexen Regelungen der HOAI in der Praxis und bin mittlerweile über 20 Jahre im Bereich der Normgebung für dieses Regelwerk tätig. Insofern ist die am 1. Januar 2021 in Kraft getretene Erste Änderungsverordnung zur Honorarordnung für Architekten und Ingenieure vom 10. Juli 2013 die 6. Novellierung der HOAI, die ich begleiten darf und die es nun gilt, in die Praxis umzusetzen. In der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung des Landes Baden-Württemberg geschieht dies in den Richtlinien für die Beteiligung freiberuflich Tätiger – kurz und prägnant RifT genannt. Diese werden als ständig fortgeschriebene Textausgabe vom Ministerium für Finanzen amtlich herausgegeben. Sie sind verbindlich für Baumaßnahmen der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg anzuwenden. Bei Baumaßnahmen des Bundes gelten sie ergänzend zu den Regelungen der Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen der Länder (RBBau).
Ausgangspunkt für die Änderungsverordnung und deren Ermächtigungsgrundlage, das Gesetz für Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG), war die Entscheidung des EuGHs vom 4. Juli 2019 (C-377/17). Darin stellt der EuGH fest, dass das zwingende Preisrecht der HOAI, soweit es eine Pflicht zur Einhaltung der darin enthaltenen Mindest- und Höchstsätze festlegt, gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie verstößt. Insofern stellen die Honorartafeln nun mehr lediglich Orientierungswerte dar, wobei der sogenannte Basishonorarsatz dem bisherigen Mindestsatz und der obere Honorarsatz dem bisherigen Höchstsatz entspricht. Den Vertragsparteien steht es demnach frei, von den Honorartafeln abweichende Honorare zu vereinbaren. Allerdings muss die öffentliche Hand im Rahmen des Vergaberechts prüfen, ob die angebotenen Honorare auskömmlich bzw. angemessen sind. Der Zuschlag auf ein ungewöhnlich niedriges Angebot ist – nach erfolgloser Aufklärung – abzulehnen. Darüber hinaus werden Planungsleistungen im Leistungswettbewerb vergeben, wobei bei der Beauftragung Kriterien wie Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals, die zu erwartende Herangehensweise an die gestellte Aufgabe, Methoden der Termin- und Kostenkontrolle sowie der Qualitätssicherung, die Präsenz vor Ort und die Leistungsbereitschaft zum vorgegebenen Termin neben dem Honorar berücksichtigt werden.
Selbstverständlich werden die Ämter der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg grundsätzlich auch weiterhin die bisher bewährten Honorarermittlungsgrundlagen der HOAI anwenden. Dabei finden nach wie vor die bekannten Parameter, wie das Leistungsbild, die Honorarzone und die dazugehörige Honorartafel zur Honorarorientierung sowie die anrechenbaren Kosten der Kostenberechnung, Zu- oder Abschläge, Anwendung zur Bestimmung eines leistungsgerechten Honorars.
Für den Abschluss der Vertragsvereinbarung ist nunmehr die Textform ausreichend. Deshalb werden im Rahmen der eVergabe zukünftig die elektronischen Angebote für Planungsleistungen nach erfolgreicher Prüfung und ggf. Verhandlung ebenfalls elektronisch „bezuschlagt“. Der Planervertrag wird damit ganz klassisch nach BGB durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen geschlossen. Eine Vertragsurkunde – wie bisher – wird es dann in Zukunft nicht mehr geben.
Obwohl die Honorarvereinbarung nicht mehr bei Auftragserteilung getroffen werden muss, sind Aufträge über freiberufliche Planungsleistungen grundsätzlich vor deren Ausführung abzuschließen. Dies dient der Rechtssicherheit beider Vertragsparteien.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die neuen Regelungen der „HOAI 2021“ in der täglichen praktischen Anwendung bewähren. Befürchtungen, dass es zu sogenannten „Dumpinghonoraren“ kommen wird, kann von meiner Seite aus nicht bestätigt werden. Alle Honorarangebote über Planungsleistungen hielten sich bisher grundsätzlich im Rahmen der jeweiligen Honorarzonen und der dazugehörenden Honorartafeln. Ob sich diese Tendenz durch konjunkturelle Veränderungen ändern wird, zeigt sich in den kommenden Monaten.
Nach der Reform ist vor der Reform. Diese Binsenweisheit zeichnet sich schon seit Ende des letzten Jahres ab. Seitdem wird eine neue HOAI-Reform von den Architekten- und Ingenieurkammern angemahnt und durch die seit über sieben Jahren unveränderten Honorartafelwerte als dringend notwendig erachtet. Ebenfalls stehen inhaltliche Justierungen der jeweiligen Leistungsbilder im Hinblick auf neue Planungsmethoden an. Komplizierte und praxisuntaugliche Regelungen, wie beispielsweise für die Berücksichtigung von mitzuverarbeitender Bausubstanz bei der Honorarermittlung, werden künftig obsolet sein.
Auch ist das Thema der Vorbehaltsaufgaben für Architekten und Ingenieure, die nach Meinung der Kammern verbindliche Mindesthonorare rechtfertigen könnten, aus ihrer Sicht noch nicht vom Tisch und wird wohl weiter als langfristiges Ziel verfolgt werden. Für mich stellt sich am Ende meines Beitrags deshalb noch die spannende Frage, wie viele HOAI-Novellen ich in meiner verbleibenden aktiven Dienstzeit noch begleiten darf.
Am 1. Januar 2021 ist die neue HOAI in Kraft getreten. Diese Artikel-Serie beleuchtet die Neuerungen aus verschiedenen Blickwinkeln – unterschiedliche Auffassungen und Wahrnehmungen sind dabei nicht ausgeschlossen.