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Walter Ziser ist Freier Architekt, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Honorare für Architektenleistungen und beantwortet Fragen der Kammermitglieder zur HOAI als externer Berater der AKBW. Auf Bundesebene vertritt er den Berufsstand in der Arbeitsgruppe 6 „Allgemeine Vorschriften“. Die AGs erarbeiten mit den zuständigen Bundesministerien, den privaten und öffentlichen Bauherrschaften, den kommunalen Spitzenverbänden und weiteren Akteur:innen Vorschläge für eine Novellierung der HOAI – unter dem Titel: HOAI 202X. Im Interview berichtet er von den Knackpunkte aus seiner Beratungspraxis.
Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2019 haben wir in der HOAI 2021 keine verbindlichen Mindestund Höchstsätze mehr. Braucht man die Honorarordnung überhaupt noch? Grundsätzlich finden die Anwender, ob Auftragnehmer oder Auftraggeber, die HOAI als einheitliches Instrument gut. Es ist eine Verordnung, in der steht, wie man Honorare berechnet für alle möglichen Bauvorhaben und unter allen möglichen Umständen. Es empfiehlt sich also unverändert, in Verträgen die HOAI als Abrechnungsgrundlage des Honorars zu vereinbaren. Damit ist man im System HOAI. Noch ungeklärt ist aus meiner Sicht allerdings die Frage: Wenn man die HOAI als Abrechnungsgrundlage festschreibt, gleichzeitig aber – EU-Recht! – davon abweichen darf, wo liegt dann die Grenze solcher Abweichungen?
Sie sind langjähriger HOAI-Referent. Was sind die Fragestellungen und Probleme, die in Beratungen thematisiert werden? Eine häufige Frage ist, wie man die Honorarzone und damit den Schwierigkeitsgrad eines Objekts beziehungsweise einer Maßnahme bestimmt. Im Zusammenhang mit den anrechenbaren Kosten gibt es zudem oft Fragen zur Bestimmung des Werts der mitzuverarbeitenden Bausubstanz, aber auch zur Anpassung der anrechenbaren Kosten bzw. der Kostenberechnung als Grundlage des gesamten Honoraranspruchs. Manch einer kommt auf die Idee, aufgrund von Baupreissteigerungen die Kostenberechnung anzugleichen. Eine Anpassung aus rein konjunkturellen Gründen dürfte jedoch nur dann möglich sein, wenn die Parteien vorab eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben. Andernfalls sind die Kostenberechnung, die daraus resultierenden anrechenbaren Kosten und damit das Honorar festgelegt, auch wenn die Kostenberechnung zum Zeitpunkt der eigentlichen Rechnungsstellung schon mehrere Jahre alt ist.
Gibt es überhaupt Fälle, in denen die Kosten angepasst werden können? Ja, bei Änderungsleistungen im Sinne wiederholt erbrachter Grundleistungen: Wenn die Bauherrschaft etwas Zusätzliches oder etwas anderes wünscht, oder wenn Umstände auftreten, die eine Änderung der Planung erforderlich machen – unabhängig davon, ob Bauherrschaft oder Planungsbüro darauf Einfluss haben, beispielsweise wenn eine unvorhergesehene Bausubstanz zum Vorschein kommt. Ein weiteres Thema, das immer wieder in den Beratungen auftaucht, ist der Umgang mit Bauzeitverlängerungen. Ein weites Feld, denn rechtlich betrachtet ist ein Honorar, das aus einer Bauzeitverlängerung resultiert, kein Honorar, sondern ein Schadensersatz, den der Planer als Auftragnehmer geltend machen kann. Die Darstellung dessen ist aber unter Umständen schwierig.
Themen wie Bauzeitverlängerungen, Preissteigerungen etc. sind also nicht abgebildet. Muss die HOAI dann nicht reformiert werden? Aktuell wird am Text einer novellierten Fassung der HOAI gearbeitet. In Verordnungen, und so auch in der HOAI, versucht man, einen knappen Text zu formulieren. Knappe Formulierungen bergen das Dilemma, dass sie sofort interpretiert werden – und zwar in unterschiedliche Richtungen. Das ist einer der Gründe, weshalb Kommentare derart umfangreich und nicht immer einer Meinung sind. Ich setze auf mehr Eigenverantwortung der Vertragsparteien, die vor allem das Leistungssoll, das heißt die konkreten Arbeitsschritte und deren Methode, vertraglich konkretisieren müssen.
Die Architektenkammer Baden-Württemberg hat 2006 die Stelle des HOAI-Referenten geschaffen und bietet damit ein bundesweit einzigartiges Beratungsangebot. Zusammen mit der AKBW-Rechtsabteilung berät er zu allen Fragestellungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, in der Rechts- und Fachfragen aufeinandertreffen. Je nach Richtung können sich Kammermitglieder an die jeweils inhaltlich zuständige Stelle wenden.