Veranstaltungsort für Tagungen, Seminare, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Teil 7 der Serie zum Bauvertragsrecht
Mit dem neuen Bau- und Architektenvertragsrecht, das am 1. Januar 2018 in Kraft tritt, führt der Gesetzgeber eine maßgebliche Änderung ein, die bereits im Vorfeld als einschneidend bezeichnet wurde. Bislang galt im BGB und somit auch auf deutschen Baustellen das sogenannte Konsensprinzip. Vertragsänderungen konnten grundsätzlich nur einvernehmlich zwischen den Vertragsparteien, also dem Bauherrn und dem Bauunternehmer, vereinbart werden. Im Falle der Vereinbarung der VOB/B hatte der Bauherr schon jetzt spezielle Anordnungsbefugnisse. Nunmehr besteht das Anordnungsrecht generell. Für die Architekten ist diese Änderung deshalb wesentlich, weil zumindest § 650b BGB über den Verweisungsparagrafen 650q BGB auch für sie entsprechend gilt.
Konsens first, Anordnung second
Zunächst stellt der Gesetzgeber in § 650b BGB heraus, dass er erst einmal am Konsensprinzip festhält: Begehrt der Bauherr eine Änderung des vereinbarten Werkerfolges (1) oder eine Änderung, die zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolges notwendig ist (2), streben die Vertragsparteien Einvernehmen über die Änderung und die infolge der Änderung zu leistende Mehr- oder Mindervergütung an. Wie nun das Einvernehmen hergestellt werden soll, sagt der Gesetzgeber auch. Der Unternehmer ist verpflichtet, ein Angebot über die Mehr- oder Mindervergütung zu erstellen (im Falle der Nr. 1 aber nur, wenn ihm die Ausführung zumutbar ist). Erzielen die Parteien binnen 30 Tagen nach Zugang des Änderungsbegehrens beim Unternehmer keine Einigung, kann der Bauherr die Änderung in Textform anordnen. Das Anordnungsrecht greift also erst dann, wenn es nicht zu einem Einvernehmen gekommen ist. Genau hier fangen die Probleme in der Praxis an.
Notwendig ist also zunächst, dass der Unternehmer binnen 30 Tagen ein Angebot macht. Rechtsanwalt Stefan Weise moniert in einem Aufsatz in der „NJW-Spezial“, dass es eine Fülle von Anordnungen geben wird, bei denen eben nicht 30 Tage gewartet werden kann, bis sich die Parteien einigen. Dies folge bereits aus der engen Taktung von Terminplänen oder Lieferfristen. Was soll dann aber passieren? Ist eine Verkürzung erlaubt? Ist eine Verkürzung der Frist durch Allgemeine Geschäftsbedingungen möglich? Die Fragen werden wohl erst von den Gerichten geklärt werden können.
Der Gesetzestext unterscheidet zwei Änderungsmöglichkeiten: In der einen (2) bedarf es einer Änderung, die zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs notwendig ist. Es geht also um Anordnungen, um den vereinbarten Werkerfolg sicherzustellen. Zu solchen Anordnungen ist der Bauherr aber bereits nach dem bisherigen Recht befugt, stellt der Berliner Richter Björn Retzlaff in der Zeitschrift „Baurecht“ fest. Neu hingegen ist, dass der Bauherr Änderungen des vereinbarten Werkerfolges anordnen kann (1). Hier gibt es dann aber eine doppelte Zumutbarkeitsprüfung des Unternehmers und damit auch des Architekten: Ein Angebot muss dieser nur erstellen, wenn die Ausführung der Änderung zumutbar ist. Und er muss der Anordnung auch nur nachkommen, wenn ihm die Ausführung zumutbar ist. Rolf Leinemann, Rechtsanwalt in Berlin, vermutet in einer Bewertung der neuen Regelungen in der „NJW“, dass eine Unzumutbarkeit bereits dann vorläge, wenn die Leistung nicht im eigenen Betrieb ausgeführt werden könne und auch kein entsprechender Nachunternehmer dafür gefunden sei.
Sondervergütungsregelung
Für die Vergütung besteht eine Sonderreglung für Architekten: Während für alle anderen § 650c BGB gilt, regelt speziell § 650q Abs. 2 BGB für die Architekten, dass für die Vergütungsanpassung im Fall von Anordnungen die Entgeltberechnungsregeln der HOAI gelten, soweit infolge der Anordnung zu erbringende oder entfallende Leistungen vom Anwendungsbereich der HOAI erfasst werden. Im Übrigen ist die Vergütungsanpassung für den vermehrten oder verminderten Aufwand aufgrund der angeordneten Leistung frei vereinbar. Nur wenn die Parteien keine Vereinbarung treffen, gilt § 650c BGB auch für die Architekten.
Stefan Weise kommt zum Ergebnis, dass die vielfältigen Sachverhalte eine Fülle von offenen Rechtsfragen aufwerfen, die wohl erst die Gerichte klären werden. Gleichzeitig erhofft er sich eine Disziplinierung in der Baupraxis durch das Textformerfordernis, sodass Streitigkeiten reduziert werden könnten. Rechtsfrieden auf deutschen Baustellen wird aber mit einseitigen Anordnungsrechten wohl nicht zu erwarten sein.