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Vorsitzende und Beisitzer des Schlichtungsausschusses treffen sich zum Jahresgespräch im Haus der Architekten
Juristen und Architekten – nicht immer handelt es sich dabei um eine harmonische Kombination, die konfliktfrei miteinander umgeht. Doch die Praxis zeigt: Arbeiten beide freien Berufe zusammen, kommt stets was Gutes dabei raus. Einen positiven Beweis dafür stellt der Schlichtungsausschuss der Architektenkammer dar. Alle Mitglieder der Kammer sind verpflichtet, sich einem Schlichtungsverfahren zu unterwerfen. Bevor gerichtet wird, soll erst einmal geschlichtet werden. Unter Leitung eines Volljuristen und zwei beisitzenden Architekten tagt der Schlichtungsausschuss und versucht zwei streitende Parteien zu befrieden. Oftmals handelt es sich um einen Bauherrn, der mit seinem Architekten unzufrieden ist, doch können sich auch einmal zwei Architekten dort treffen, die ein Gerichtsverfahren vermeiden wollen. Die Vorzüge des Schlichtungsverfahrens liegen neben der Einbindung der Architekten als fachkundige Beisitzer darin, dass es schnell und relativ kostengünstig ist. Am Ende steht ein Schlichtungsvorschlag, den die Parteien annehmen oder ablehnen können, kein Urteil oder Schiedsspruch, bei dem eine Partei gewinnt und die andere verliert.
Die Beisitzer des Schlichtungsausschusses der Architektenkammer trafen sich am 19. September 2019 zu ihrer gemeinsamen Runde. Einige bewährte Schlichter konnten für die im Frühjahr begonnene Legislaturperiode nach Ablauf von drei Amtsperioden nicht mehr benannt werden. Von ihnen wollte sich die Kammer nun verabschieden. Viele neue Schlichter konnten gewonnen werden, die über das Verfahren durch die beiden Vorsitzenden Richter informiert wurden. Martin Würthwein, der 40 Jahren im Dienste der baden-württembergischen Justiz und viele Jahre Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Stuttgart gewesen war, begrüßte als Vorsitzender des Schlichtungsausschusses zahlreiche neue Gesichter, vergaß aber nicht, sich ausdrücklich bei den Ehemaligen zu bedanken, die er namentlich aufzählte. Michael Kolb war einer der Ehemaligen und nahm an dieser Sitzung nochmals teil. Mit etwas Wehmut, aber auch zufrieden über die erfolgreiche Arbeit blickte er zurück.
Grußwort aus dem Justizministerium
Mit Stephanie-Marleen Raach, Referentin im Ministerium für Justiz und für Europa, konnte eine ausgewiesene Expertin für ein Grußwort gewonnen werden. Raach war bislang selbst als Richterin beim Landgericht Heidelberg tätig und ist nun im Ministerium unter anderem für Zivilverfahrensrecht zuständig. In ihrem interessanten Vortrag berichtete sie über ein aktuelles Gesetzgebungsverfahren im Bund zur Änderung des Verfahrensrechts, um Richter mithilfe einer neuen Gesetzesformulierung in Zukunft stärker dazu zu animieren, schneller Sachverständige in ein Gerichtsverfahren einzubeziehen. Dadurch sollten frühzeitiger fachkompetente Expertinnen und Experten eingebunden werden, zeigte sie auf. Eine Notwendigkeit, die beim Schlichtungsausschuss gerade nicht besteht, wie sie hervorhob, denn dieser ist mit zwei Architekten von jeher sachverständig besetzt.
Martin Würthwein und sein Ausschuss-Stellvertreter Bernd Schendzielorz berichteten anschließend über die Arbeit im Schlichtungsausschuss. Würthwein wies darauf hin, dass die Parteien durch Schaffung einer entsprechenden Atmosphäre in der mündlichen Verhandlung und im Blick auf das Ziel der Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung oft sehr lösungsorientiert und lösungswillig wären, was die Schlichtung vereinfache. Den Parteien sei meist klar, dass es auch um Kompromissbereitschaft gehe und nicht immer eine beide Seiten hundertprozentig befriedigende Lösung herauskommen könne. Im Gegensatz zu einem Gerichtsverfahren tagt der Schlichtungsauschuss nicht öffentlich. Keiner muss befürchten, dass ein Nachgeben bekannt wird. Würthwein erläuterte, dass Rechtschutzversicherungen in der Regel in einem Schlichtungsverfahren nicht eintreten würden.
Akzeptanz durch Fachkompetenz
Bernd Schendzielorz, Vorsitzender Richter am Landgericht Stuttgart, stellte den Schlichtungsausschuss dem Gerichtsverfahren gegenüber. „Der Unterschied – das sind Sie“, teilte er den Zuhörern mit, da in Gerichten in der Regel die Entscheider ausschließlich eine juristische und keine technische Ausbildung besitzen. Genau darin liege die Akzeptanz der Schlichtung: Neben juristischem Sachverstand wird auch das technische Verständnis durch die Beisitzer eingebracht. Hinzu tritt, dass alle Fachrichtungen im Schlichtungsausschuss vertreten sind.
Würthwein stellte dar, dass in der Regel Fragen zum Honorarrecht, aber auch zum Gesellschaftsrecht – insbesondere im Zusammenhang mit der Beendigung von Partnerschaften – oder auch zum Arbeitsrecht und Urheberrecht zur Schlichtung eingebracht werden. Baumängel eigneten sich aus seiner Sicht weniger zur Schlichtung, da Berufshaftpflichtversicherungen und ggf. (mit)verantwortliche Handwerker in der Regel nicht in eine Einigung eingebunden werden könnten. Es folgte ein Kurzvortrag von Seiten der Architektenkammer über die Auswirkungen der EuGH-Entscheidung über die Mindest- und Höchstsätze der HOAI. Spätestens nach dem erfolgreichen Jahresgespräch sind die Schlichter für die Schlichtung bereit.