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Mitarbeiterbindung ist nicht nur in Zeiten des Nachwuchsmangels ein großes Anliegen der Architektur- und Planungsbüros. Möglichkeiten zur Mitbestimmung zu geben, kann hierbei eine entscheidende Rolle spielen. Vor diesem Hintergrund hat sich die Strategiegruppe Zukunft Berufsstand im Dezember 2021 mit dem Thema Genossenschaft als Gesellschaftsform für Architektur- und Planungsbüros auseinandergesetzt. Wie gründet man eine Genossenschaft? Und worin liegt das Potenzial dieses Modells für die Zukunft des Berufsstands?
Was spricht für die Gründung einer eingetragenen Genossenschaft - kurz eG?Sie ist die ideale Rechtsform, um gemeinsam zu erreichen, was man allein nicht schafft. Und das, ohne seine rechtliche Selbstständigkeit zu verlieren. Sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen, Vereine, Stiftungen, Kommunen und andere Organisationsformen können Mitglied in einer eG werden. Das bietet die Chance, alle Akteure vor Ort zu beteiligen. Auch für eine Bürogründung oder als Nachfolgelösung bietet die Genossenschaftsform Vorteile: Finanzielle Last und Verantwortung werden verteilt, die bisherige Unternehmensführung kann sich schrittweise zurückziehen und anfänglich als Aufsichtsrat oder externer Berater den übernehmenden Mitarbeitern unterstützend zur Seite stehen. Der vereinbarte Kaufpreis kann in Tranchen Ober einen längeren Zeitraum durch die Genossenschaftsmitglieder aufgebracht werden. Die eingetragene Genossenschaft ist sicher nicht für jede Initiative die geeignete Wahl. Aber als wertebasierte, innovative und anpassungsfähige Unternehmensform ist sie für viele Projekte in den unterschiedlichsten Branchen ein geeignetes Modell.Welche Schritte sind bei der Gründung erforderlich? Wie komplex ist der Genossenschaftsalltag?Zur Gründung einer Genossenschaft reichen bereits drei Mitglieder aus. Die Verantwortlichen sollten möglich1st frühzeitig den Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband einbeziehen, u1m Aspekte wie Festlegung des Förderzwecks und die Gestaltung der Satzung passend auszugestalten. Die Aufnahme neuer Mitglieder und der Austritt bestehender Mitglieder ist schnell und unbürokratisch durchführbar. Es ist kein Mindestkapital erforderlich. Die Geschäftsguthaben werden zurückgezahlt, ohne dass die Übernahme der Geschäftsanteile durch Dritte erforderlich wäre. Die Mitglieder- und Gläubigerinteressen werden dennoch durch die regelmäßigen Prüfungen durch den Genossenschaftsverband geschützt . Genossenschaften haben im Vergleich zu allen anderen Rechtsformen eine sehr niedrige Insolvenzquote. Wichtige Voraussetzung ist natürlich, dass- neben den Projektideen und oftmals wertebezogenen Motiven - auch ein fundierter Businessplan vorliegt.Wie sieht es mit der Haftung aus? Und gibt es Besonderheiten bei der Besteuerung?Wenn die Satzung keine Nachschusspflicht verlangt, beschränkt sich die Haftung für die Mitglieder auf die jeweilige Einlage. Steuerrechtliche Besonderheiten liegen bei einer eG im Wesentlichen nicht vor- sofern es keine gemeinnützige Organisation ist.
Herr Koehler, Sie haben Ihr Architekturbüro bis vor sechs Jahren als GmbH geführt. Warum haben Sie sich damals entschlossen, umzufirmieren?Anlässlich der Aufnahme eines weiteren Partners in unser Büro haben wir uns mit verschiedenen Rechtsformen beschäftigt und waren von der Idee der Genossenschaft begeistert. Die zugrundeliegende Idee, unsere Tätigkeiten eigenverantwortlich und solidarisch miteinander zu organisieren, hat in unserem Büro Kräfte freigesetzt und neue Perspektiven eröffnet. Das wird auch an der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Büros sichtbar.Müssen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Ihnen Genossenschaftsanteile zeichnen? Wenn ja, was passiert bei Kündigung oder Ausscheiden?Wir haben in unserer Satzung geregelt, dass alle Mitarbeitenden nach zwei Jahren Probezeit die Mitgliedschaft in der Genossenschaft beantragen können. Die Aufnahme erfolgt dann durch einstimmigen Beschluss der Mitglieder. Derzeit sind vier von insgesamt sieben Mitarbeitenden auch Mitglieder unserer Genossenschaft. Nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis endet die Mitgliedschaft.Als genossenschaftlich organisiertes Planungsbüro zählen Sie in Deutschland (noch) zu den Vorreitern. Welche Reaktionen erhalten Sie von Ihren Bauherrschaften?Bei neuen Geschäftskontakten kommt es meist zu Nachfragen wegen unserer eher ungewöhnlichen Rechtsform. Dann haben wir gleich einen guten Gesprächseinstieg! Wenn wir über die Hintergründe der Genossenschaftsidee sprechen, wird das meist sehr positiv aufgenommen.Haben Sie neben der Genossenschaft noch andere Gesellschaftsformen für Ihr Büro? Anders gefragt, gibt es Belange, die über eine Genossenschaft nicht so gut darstellbar sind?Die operativen Tätigkeiten, also Planung und Projektentwicklung, erbringen wir innerhalb der Genossenschaft. Für einen langfristigen Vermögensaufbau ist die eG in der von uns gewählten Form aber eher weniger geeignet. Deshalb haben wir beispielsweise unsere betriebliche Altersvorsorge in einer Kommanditgesellschaft als Tochter organisiert. Diese Form ist auch aus steuerlichen Gründen sinnvoll.
Unsere Gesellschaft entwickelt sich von einer materiellen zur sinngetriebenen. Der Genossenschaft als sehr demokratische Gesellschaftsform würde ich deshalb gute Chancen für die Zukunft zuschreiben - auch mit Blick auf den Berufsstand. Die Genossenschaft basiert in Wagnis und Gewinn auf den breiten Schultern ihrer Mitglieder. Dadurch sind Ausschläge nach oben und unten weniger hoch. Die Satzung einer Genossenschaft baut zudem auf einem zwingend zu definierenden Förderzweck auf, der die Grundwerte des Unternehmens beschreibt. Damit werden grundlegende Weichen für die Ausrichtung des Büros gestellt. Einen solchen mess- und überprüfbaren Markenkern haben aus meiner Sicht bisher die wenigsten Architekturbüros für sich fixiert. Dieses Commitment hilft bei der gemeinschaftlichen Arbeit und der Fokussierung. Der zur Gründung notwendige Businessplan und die regelmäßige Prüfung dürfte zu einer deutlich verbesserten Verfolgung der wirtschaftlichen Aspekte beitragen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Genossenschaft für Neugründungen oder Übernahmen besonders interessant ist, während reine Umfirmierungen, bei denen der Altinhaber bisher Risiko und Chance allein getragen hat, eher selten in Frage kommen dürften.