Veranstaltungsort für Tagungen, Seminare, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
„Wie setzen wir den vielen Wechseln des Lebens den richtigen Raum entgegen?“, fragte Susanne Dürr. Die AKBW-Vizepräsidentin hielt auf der Jubiläums- LVV den traditionellen Impulsvortrag. „Die Kammer ist stolz, eine solche Expertin in ihren Reihen zu haben“, so Präsident Markus Müller. Wohnoptionen war ihr Vortrag überschrieben. Er schlug den großen Bogen.
Nicht nur die Altersverteilung habe sich seit 1952 grundsätzlich verändert, auch die Lebensbiographien sähen ganz anders aus: Im Industriezeitalter folgten auf die Kindheit und Jugend linear Heirat und Erwerbszeit, die schließlich durch den Ruhestand ihr Ende fand. Im Gegensatz zu diesem „starren Dreiklang“ sei das Wissenszeitalter geprägt durch eine rund zehnjährige unruhige „Post-Adoleszenz“ mit Suche nach beruflicher und privater Orientierung, gefolgt von der „Rush Hour“ ab Anfang 30, dem „Zweiten Aufbruch“ Mitte 50 und dem „Un-Ruhestand“ Mitte 60. Welche Wohnformen für diese völlig disparaten beruflichen, familiären, kulturellen Bedürfnisse passen?
Die Professorin der Hochschule Karlsruhe gab Einblick in ihre Forschungsergebnisse, bei denen ein Schwerpunkt auf der Verteilung der Flächen im Spiegel der individuellen Ansprüche liegt. Ihr Credo: „gemeinschaftsorientiert – produktiv – adaptiv“. Mit „baulicher Vorsorge“ könnten frei zuschaltbare Räume für Flexibilität, Flächenund Kosteneffizienz sorgen. Beispielgebende Projekte aus der Schweiz zeigten gute Lösungen für gelebte Nachbarschaft, etwa Begegnungsräume in Laubengängen, gemeinsames Wäschewaschen oder Kochen. Auch das Quartier nahm Susanne Dürr in den Blick, für das sie „eine orchestrierte Vielfalt“ mit sozialer Infrastruktur im Erdgeschoss forderte. Ebenfalls im Visier der Wohnbauexpertin: die „urbanen Obsolenzen“, etwa das Felix Platter-Spital in Basel, das durch eine Genossenschaft ein zweites, denkmalschutzkonformes Leben als Wohngebäude eingehaucht bekam.
Die Spuren des Alten blieben und damit auch der Genius Loci – nur eben anders. Susanne Dürr: „Der Ort bietet mehr als Geschichte und Baukultur, er bietet Riesen der Vergangenheit“ – einerseits nicht mehr gebraucht, andererseits voll der Talente. Im Umgang damit habe die Schweiz viel Expertise, denn dort „hat das gebaute Erbe schon lange und geschichtsbedingt einen höheren Stellenwert.“ Dürr verwies auf zahlreiche Beispiele, wo in Baden-Württemberg erfolgreicher Wissenstransfer von den Eidgenossen stattfindet. Und sie rückte künftige Bauaufgaben in den Blick: Wenn im Zuge der Lauterbach’schen Krankenhausreform viele Gebäude ihre bisherige Bestimmung verlören, könnte Umbauen statt Abreißen zum entscheidenden Hebel werden.