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Analysen, Forschungsergebnisse und Plädoyers
Architektin und Autorin Karin Hartmann nahm das Publikum mit auf Ursachensuche für das überproportional häufige Ausscheiden von Frauen aus der Architekturpraxis und deren Unterrepräsentation in Führungspositionen in Praxis und Lehre. Sie schilderte den Zusammenhang zwischen patriarchaler Prägung des Berufsstandes und dem fortwirkenden Narrativ des Künstlerarchitekten als Einzelgenie.
„Architektur als Heldenreise“ entpuppte sich bei ihr als nicht einlösbares Versprechen, geknüpft an eine alles vereinnahmende Arbeitskultur. Hartmann plädierte dafür, dieses geschlossene System aufzubrechen. Architektur als soziale Praxis verstanden, brauche die Verschiebung des Fokus von Autorenschaft und Performance hin zu Diversität und Care.
Den Begriff der „Care“, also der Fürsorge und kritischen Sorge, griff auch Politiktheoretikerin und Raumforscherin Dr. Friederike Landau-Donnelly in ihrem Vortrag „Stadt.Raum.Frau*“ auf. Ihre Forschung betrachte den Raum als Bezugsgröße, welcher durch Konflikte und Aushandlung geformt und produziert werde: Wert- und Machtkonstellationen würden in der gebauten Umwelt ablesbar. Intersektionale Architekturpraxis stelle patriarchale Denk- und Handlungsweisen in Frage, indem sie kritisch prüfe, für wen oder was die Planungen Sorge trügen, wem öffentliche Räume zugänglich seien und wem nicht. Im Sinne der Chancengerechtigkeit erleichtere sie Menschen Zugang zur gebauten Umwelt und ließe sie an ihrer Gestaltung teilhaben.
In der Gesprächsrunde mit Matthias Burgbacher, Stadtsoziologe und Experte für Öffentlichkeitsbeteiligung, wurden die Bedingungen für gelingende Partizipation und ihren Mehrwert für gerechte Baukultur herausgearbeitet: Gute Prozesse zeigten den Rahmen und die Grenzen der Beteiligung auf. Sie ermöglichten Menschen verschiedener Lebensrealitäten sich einzubringen, machten bestehende Differenzen transparent und integrierten die gewonnenen Ortskenntnisse ausgewogen in Planung. Kurz: klar kommunizieren, mehr fragen, besser zuhören und gemeinwohlorientiert planen! In Schlaglichtern berichtete Susanne Dürr, Professorin und Vizepräsidentin der AKBW, von den vielseitigen Stationen ihrer beeindruckenden Karriere. Sie beschrieb mehrmals den „Schritt zur Seite“ abseits der „Herrenriegen“ und die durch Frauen erfahrene Förderung. Heute ist sie selbst Professorin an der Hochschule Karlsruhe, nach 100 Jahren die erste. Dürr, die in ihrem Vortrag zukunftsfähige Wohnformen vorstellte, forderte die Frauen auf: „Strebt die agierenden Entscheidungspositionen an – Aufsichtsräte, Gemeinderäte!“
Mit Ursula Fuss, Architektin und Sachverständige für barrierefreies Bauen, die seit einem Unfall einen Rollstuhl nutzt, diskutierte Dürr über Inklusion in der Planung. Ursula Fuss plädierte für den reflektierten und kreativen Umgang mit den in der DIN 18040 formulierten Schutzzielen und dafür, sie als gestalterische Chance zu begreifen. Funktionale Zusammenhänge präzise zu analysieren und daraus gute Räume für die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gesellschaft zu entwerfen, sieht sie als zentrale Aufgabe ihrer Profession. Fuss und Dürr waren sich einig: Inklusivität braucht Kommunikation, gegenseitige Lernbereitschaft, Zeit und Perspektivwechsel. Mit diesen und den weiter oben genannten Bausteinen für Gleichstellung zielte MATRIARCH:ITEKTUR darauf, allen Beteiligten Lust zu machen, den Perspektiven feministischer Raumpraxis mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Leonie Becker, Raumplanerin, Carolin Klumpe, Architektin ETH, Freya Magnet, Architektin, Charis Nichtern, Architektin und Stadtplanerin, sowie Ariane Wanske, Architektin, haben die Tagung konzipiert.
Youtubekanal MATRIARCH:ITEKTUR Playlist mit der Gesamtaufzeichnung: „14. Landesweite Architektinnentagung der AKBW – MATRARCH:ITEKTUR – Weibliche* Perspektiven der Planung” www.akbw.de/link/1rs8
Podcast: Friederike Landau-Donnelly „STADT.RAUM.FRAU*” zu hören auf Spotify, Apple Podcast, Podcast.de, Podigee, Acast, ein Podcast von argon.lab
Literatur: Karin Hartmann: „Schwarzer Rolli, Hornbrille. Plädoyer für einen Wandel in der Planungskultur“, Jovis 2022 Susanne Dürr, Gerd Kuhn: „Wohnoptionen. gemeinschaftsorientiert – produktiv – adaptiv“, Hrsg.
Alle zwei Jahre lobt die Architektenkammer Baden-Württemberg den ARCHITEKTINNENPREIS akbw aus. 2023 wurde er erstmals vergeben und ist auf Initiative des Netzwerks "Architektinnen in der Kammer" entstanden.