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Dass der Königssaal des Heidelberger Schloses voll werden würde, war abzusehen – beim "Dreamteam der Deutschen Architektur", wie Moderator Wolfgang Riehle Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg wohl nicht ganz zu Unrecht bezeichnete. Riehles einleitende Worte gerieten zur eindrucksvollen Leistungsschau des 1965 gegründeten Büros von Gerkan Marg und Partner (GMP): größtes Deutsches Architekturbüro mit mehr als 500 Mitarbeitern, Büros an weltweit 13 Standorten, über 700 Preise in internationalen Wettbewerben, davon mehr als 350 erste Preise, unzählige Auszeichnungen und Bauten, die das gesamte Spektrum vom Einfamilienhaus bis zum weltweit größten Kongresszentrum umfassen.
Was zeichnet aber ein derart erfolgreiches Büro aus? Gibt es trotz der Verschiedenartigkeit der Aufgaben so etwas wie ein Leitbild?
Meinhard von Gerkan begann seinen Vortrag mit der Vorstellung von vier Parametern, gleichzeitig sein Leitfaden als Professor für Architektur in Braunschweig wie auch für die über 50-jährige umfangreiche Tätigkeit des Büros: "Einfachheit" als oberstes Ziel; "Vielfalt und Einheit" am Beispiel vom mittelalterlichen Stadtbild Berns; "Strukturelle Ordnung" nicht nur für die Konstruktion, sondern auch für alle gestalterischen Elemente eines Bauwerks und "Unverwechselbarkeit" der Architektur. Die gezeigten Beispiele – mehrere Opernhäuser, Museen, Sport- und Konferenzzentren in China und Vietnam – imponieren neben der schieren Größe auch durch strukturelle Durcharbeitung und Zeichenhaftigkeit. Überzeugend ist noch immer das nachhaltige Materialkonzept und die sinnlich architektonische Wirkung des Kirchenpavillons der EXPO 2000, der nach der Weltaustellung in Hannover demontiert und im Zisterzienserkloster Volkenroda wieder aufgebaut wurde.
Volkwin Marg richtete seinen Fokus im anschließenden zweiten Teil des Vortrags weniger auf klassische Kulturbauten als vielmehr auf Baukultur im Kontext. So stellte er die Frage, ob es in den sich verändernden modernen Zeiten überhaupt noch möglich ist, sich über die Formensprache der Architektur gesellschaftlich zu verständigen. Diese Frage bejaht er ausdrücklich und verglich den Formenkanon der Architektur mit einer gesprochenen Spache, die über die Jahrtausende gewachsen und allgemein verständlich geworden ist.
Der Entwurf der Neuen Messe in Leipzig überträgt Archetypen wie Campanile, Gewölbe und Tempel in zeitgenössische Architektur. Dabei fragt Marg aber auch nach den Grenzen der Formensprache. So wurde beim Olympiastadion in Berlin die totalitäre Architektur durch ein schwebend leichtes, transparentes Dach ergänzt. Es war jedoch mit architektonischen Mitteln nicht möglich, die Geschichte des Bauwerks zu bewältigen; die Architektur wurde durch eine Ausstellung zur Geschichte des Ortes ergänzt.
Anhand der zwei Dutzend Stadienbauten, die das Büro über die Jahre gebaut hat, erläuterte Marg, wie unterschiedliche Anliegen der Bauherren in Metaphern gegossen wurden: der Bogen als Verbindung der verschiedenen Rassen in Kapstadt, der Wunsch nach einem nationalen Symbol in Warschau, ein neuer Identifikationsort und Stadtmittelpunkt für Kiew. Für die olympischen Spiele in Peking war es im Wettbewerb das Bild der sich öffnenden Lotusblüte als Symbol für die Öffnung des Landes – mit seiner konstruktiven Klarheit und Transparenz ein Gegensatz zum realisierten Wettbewerbsbeitrag von Herzog & de Meuron: Architektur mit einer ähnlich starken Symbolhaftigkeit, aber einem streng skulpturalen Ansatz.
In der anschließenden Diskussion mit Dr. Ulrike Lorenz, Direktorin der Kunsthalle Mannheim und damit Bauherrenvertreterin, und dem Architekturkritiker Prof. Dr. Falk Jäger wurde unter anderem die Frage diskutiert, wie es ein Büro dieser Größe über mehr als 50 Jahre überhaupt schafft, eine kontinuierliche architektonische Haltung zu konservieren. Marg sieht einen wesentlichen Grund in der beidseitigen Lehrtätigkeit und der Notwendigkeit, sich im Umgang mit Studenten permanent rechtfertigen zu müssen, um glaubwürdig zu bleiben. Auch die zahlreichen Publikationen lassen das Büro regelmäßig die Grundlagen der Arbeit verifizieren. Von Gerkan schilderte das bürointerne System der Selbstevaluation, bei der die Verantwortlichen regelmäßig Bauten und Entwürfe nach ihrer architektonischen Haltung bewerten; ein Ranking unabhängig von Bewertungen wie gut, schlecht, schön, hässlich oder gar dem wirtschaftlichen Erfolg. Von Gerkan und Marg sehen sich als Generalisten alter Schule und als Kinder der unvollendeten Moderne, deren Architektur sowohl funktional als auch konstruktiv handwerklich stimmen muss. Letzlich sind dies architektonische Tugenden aber – wie Marg abschließend und unter dem Applaus des Publikums feststellt – nur Vehikel umsinnliche und lebendige Orte zu erzeugen.