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Vorträge über Architektur leiden häufig darunter, dass im Anschluss an eine hochtheoretische Einführung über die Bürophilosophie des Protagonisten Werke gezeigt werden, bei denen die hohen vorgeblichen Ansprüche für den Betrachter nur schwer nachzuvollziehen sind.
Dass es auch anders geht, zeigten die 16. Heidelberger Schlossgespräche mit dem Vorarlberger Gastredner Andreas Cukrowicz vom Büro Cucrowicz Nachbauer. Sein Vortrag bei der hervorragend besuchten Veranstaltung im Königssaal des Heidelberger Schlosses lautete "Wie qualitätvolle Architektur den Ort verändern kann" und im Verlauf des Abends solltendie Zuschauer unterschiedlichste Beispiele für architektonische Interventionen zu sehen bekommen. Dabei habe sein Büro keine Architekturphilosophie im eigentlichen Sinne, jedoch eine klare Haltung. Vereinfacht gesagt: Man wolle sich nur mit schönen Aufträgen auseinandersetzen. Und dazu gehöre, dass man eben nicht jeden Auftrag annehme, sondern sich zunächst überlege, ob man sich einer Aufgabe und einem Bauherrn überhaupt widmen wolle und könne. Das wichtigste sei, auch Nein sagen zu können. Die Philosophie werde dann individuell für jedes Projekt entwickelt.
Die Verwurzelung des Büros in den Traditionen des Bregenzer Waldes erklärt dabei sicher einiges von dem, was Cukrowicz mit der architektonischen Haltung meint: Die Frage nach der Besonderheit des Ortes, der Transfer ländlicher Architekturelemente in eine zeitgenössische Aufgabe, die Bevorzugung heimischer Materialien und die Idee, dem Ort das zurückzugeben, was von selbigem genommen wurde, sowie die große Wertschätzung des Handwerks. Wenn wir Antiquitäten mögen, müssten wir die Rahmenbedingungen schaffen, dass auch heutzutage wieder künftige Antiquitäten entstehen könnten, meint Cukrowicz. Um Gebäude zu schaffen, die gut altern können, seien manchmal nur geringfügig höhere Investitionen erforderlich. Und eben die Sorgfalt, jedem Ding seinen Ausdruck und seine Seele zu geben.
Wie eingangs festgestellt, müssen sich Architekturvorträge daran messen lassen, ob die vorgestellten Bauten den zuvor formulierten Maßstäben auch gerecht werden. Und gerade dies gelang Andreas Cukrowicz in der Folge in ganz hervorragender Weise. Beim Vorarlberger Landesmuseum in Bregenz entwickelte das Büro die Neukonzeption strukturell aus den örtlichen Gegebenheiten im Sinne eines Weiterbauens durch Aufstockung und Erweiterung des denkmalgeschützten Bestandes. In Zusammenarbeit mit dem Tiroler Künstler Alois Mayr entstand für den Neubau ein Fassadenrelief, welches formal einerseits römische Reliefkeramiken, andererseits die Gefäßbödenmoderner PET-Flaschen zitiert und nach mathematischen Regeln strukturiert ist. Das Projekt entstand aus einem europaweiten Wettbewerb in prominenter Lage direkt an der Seekante und neben Peter Zumthors Kunsthaus- ein absoluter Glücksfall, dass sozusagen das nächstliegende Büro die Auslobung gewinnen konnte, aber vielleicht auch ein Hinweis, dass Ortskenntnis und Heimatverbundenheit Vorteile bei der Lösungsfindung bieten.
Eine gänzlich andere Aufgabe war die Bischofsgrablege in Rottenburg am Neckar, eine moderne Gruft, ein sakraler Bau, bei dem man in andere Sphären taucht. Beim Entwurf seien sie in eine Ebene gelangt, wo sie quasi nicht mehr selbst gezeichnet hätten, meint Cukrowicz, sondern wo die Spiritualität und Besonderheit der Aufgabe den Stift geführt hätten. So entstand eine moderne Krypta aus Stampfbetonwänden und die besondere Stimmung auf den gezeigten Bildern machte Lust, den Ort selbst zu besuchen.
Das wohl bekannteste Projekt des Büros ist zur Zeit das Konzerthaus im München, ein 2017 gewonnener internationaler Wettbewerb, der bis 2026 realisiert sein soll. Cukrowicz Nachbauer konzipierten eine archaische Form ohne Rückseiten, eine Werkshalle, die zugleich ein Tempel für allerhöchsten Musikgenuss sein soll. Jedenfalls ein Haus, welches man genau so auch realisiert sehen möchte.
Aber auch das kleinste Projekt des Büros, eine kleine, bescheidene hölzerne Bergkapelle in Adelsbuch, welche 2008 von einem privaten Bauherrn aus Dank für ein gesundes Kind gebaut wurde, entstand aus einem Wettbewerb. Wobei in diesem Fall drei Laib Käse der Preis für die Architekten waren!
Bei der anschließenden Diskussion war diesmal das "Who is Who der Baukultur von A bis Z" versammelt, wie Moderator Wolfgang Riehle mit einem Wortspiel feststellte. Also von A wie Alexander Wetzig, langjähriger Baubürgermeister der Stadt Ulm, über Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, bis zum Gastredner Andreas Cukrowicz mit dem Z am Ende. Im Gespräch war man sich einig, dass qualitätvolle Architektur aus der Auseinandersetzung mit dem Ort entstehen müsse. "Erst kommt die Stadt, dann das Haus", wie Wetzig sagte. Reiner Nagel führte als Beispiel die Elbphilharmonie in Hamburg an, ein Gebäude, welches es nicht gäbe, wenn die Inspiration nicht aus dem speziellen Ort und Bestand gekommen wäre. Wobei ikonographische Architektur keine Frage der Planung, sondern eher der Rezeption ist.
Abschließend wurde noch darüber gesprochen, wie denn architektonische Qualität überhaupt gesichert werden könne. Eine Diskussion, die schließlich zur Werbung für Wettbewerbe und Gestaltungsbeiräte wurde. Dabei sei – so Riehle – der Wettbewerb das Instrument, um zur besten Lösung zu kommen, während der Gestaltungsbeirat dazu diene, die schlechteste Lösung zu verhindern. Und – so das Fazit des sehr inspirierenden Abends – ohne interessierte und engagierte Bauherren geht es eben nicht, weshalb Veranstaltungen wie die Heidelberger Schlossgespräche, die auch zahlreiche Nichtarchitekten anziehen, ein hervorragendes Mittel zum Weitertragen dieser Botschaft sind.