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Die Baubranche ist mit etwa 40 Prozent am weltweiten CO₂-Ausstoß beteiligt. Rechnet man die Transportwege mit, liegt der Anteil sogar eher bei geschätzten 50 Prozent. „Beim Weltklimarat kam das Bauen sauschlecht weg!“, betonte Moderator Wolfgang Riehle bei den 21. Heidelberger Schlossgesprächen am 18. April 2023.
Das Veranstaltungsformat hat sich bewährt: Einem Vortrag einer renommierten Architektin oder eines renommierten Architekten folgt eine moderierte Diskussionsrunde. Die inhaltliche Ausrichtung hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert: weg vom Bereich „Neues Bauen in historischer Umgebung“ hin zu Fragen der Nachhaltigkeit und der Auseinandersetzung mit den brennenden Themen unserer Zeit. Ein unausweichlicher Paradigmenwechsel, so Riehle, der diesmal Matthias Sauerbruch, Partner im Büro Sauerbruch Hutton und Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), als Referenten begrüßte.
„Die Ästhetik der Bauwende“, lautete sein Vortragstitel. Wer jedoch klare Aussagen zu einem neuen Stil in der Architektur erwartet hatte, wurde enttäuscht. Die vorgestellte Zentrale von „Ärzte ohne Grenzen“ in Genf, das GSW-Hochhaus in Berlin, der ConfEx Park in Thessaloniki und das Museumsquartier M9 in Venedig-Mestre sind zwar meist an der für Sauerbruch Hutton typischen Farbgebung der Fassaden erkennbar, weit wichtiger sind dem Büro aber die Auseinandersetzung mit dem Ort, die Eigenschaften der verwendeten Materialien und eine Rückbesinnung auf das Wesentliche in der Architektur. So ist der Holzbau zwischenzeitlich zu einem Markenzeichen geworden. Es geht Matthias Sauerbruch um eine Umkehrung des traditionellen Narrativs, demzufolge Architektur gezähmte Natur sei. Stattdessen sei die Natur in die Architektur zurückzuführen – ein neuer integraler Ansatz beim Planen und Bauen.
Um eine mögliche neue Ästhetik in der Verbindung von Alt und Neu ging es dann in der anschließenden Diskussionsrunde, zu der Architektin Annabell von Reutern und Bauingenieur Helmut Zeitter geladen waren. Weiter bauen statt neu bauen lautet die Devise. „Die Ästhetik der Bauwende wird eine Ästhetik der Verfügbarkeit sein“, so Annabell von Reutern, die sich bei Concular mit zirkulärem Bauen beschäftigt. Für sie ergibt sich aus der Wiederverwendung von Bauteilen und Materialien ein ganz neuer Ausdruck in der Architektur. Aber auch effizienter und materialgerechter Holzbau will gelernt sein, ist Helmut Zeitter überzeugt, Professor für Holzbau, Brandschutz und Ingenieurmathematik an der Frankfurt University of Applied Sciences. Dieser biete dann auch gute Chancen zur Zweitverwertung.
Das Thema nahm Matthias Sauerbruch auf und plädierte dafür, Gebäude im Zweifelsfall auch für eine geringere Lebensdauer zu planen, wenn Umbau und Wiederverwertung berücksichtigt werden. So könne gerade das Temporäre ein gestalterisches Element der Bauwende werden. Womöglich wachse daraus sogar ein neues Selbstverständnis von Endlichkeit und Transformation in der Architektur. Die bürokratischen und organisatorischen Hürden beim zirkulären Bauen seien jedoch hoch. Der Ansatz, jegliches Risiko aus der Welt schaffen und sich gegen alle Eventualitäten absichern zu wollen, müsse der Bereitschaft aller am Bau Beteiligten weichen, auch Risiken zu übernehmen. Dazu seien veränderte Gesetze nötig, vor allem aber ein Mentalitätswechsel beim Planen und Bauen.
Bernd Müller, Mitinitiator der Schlossgespräche, stellte abschließend nochmals die Frage nach dem neuen Stil in der Architektur. Wie dieser tatsächlich aussehe, werde sich laut Matthias Sauerbruch zeigen. Die moderne (im Gegensatz zur modernistischen) Architektur werde eine erkennbare neue Sprache entwickeln müssen, der man die Auseinandersetzung mit den drängenden Themen der Zeit dann auch ansehen wird.