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Mit Enrique Sobejano war – wie Moderator Wolfgang Riehle zu Beginn der 17. Heidelberger Schlossgespräche feststellte – ein international tätiger Architekt und mithin - 10 Tage vor der Europawahl - auch ein großer Europäer im wie immer gut besuchten Königssaal des Heidelberger Schlosses zu Gast. Der Spanier studierte in Madrid und New York und sein gemeinsam mit Fuensanta Nieto geführtes Büro „Nieto Sobejano“ hat seinen Sitz in Madrid und Berlin. Dort hat Sobejano auch eine Professur an der Universität der Künste. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen sprechen für die hohe Qualität des Büros - neugierig war das Publikum aber auch auf das, was sich hinter dem doch reichlich kryptischen Titel des Vortrages „Spiegel im Spiegel“ verbergen mochte. So viel sei verraten: Nicht nur der Titel des Abends ist von großer Poesie auch die Architektur von Nieto Sobejano. Dächer, die zu schweben scheinen; Häuser, die perfekt in die Natur eingefügt sind und Umbauten die im ständigen Dialog mit dem historischen Bestand zu stehen scheinen. So spiegeln sich in den Bauten des Büros – wie Sobejano erläutert - jeweils die innere, subjektive Annährung an Architektur wie auch der äußere, eher objektiv funktional bestimmte Blick auf das Werk. Diese beiden Sichtweisen bestimmen die Herangehensweise an Architektur. Nicht zufällig bezieht sich der Titel des Vortrages aber auch auf das wohl bekannteste Musikstück des estnischen Komponisten Arvo Pärt – doch dazu später mehr.
In Deutschland bekannt wurde „Nieto Sobejano“ durch den 2004 bis 2008 realisierten Umbau und die Erweiterung der Moritzburg in Halle (Saale) zu einem Kunstmuseum. „This other Ruin“ – wie Sobejano das Gebäude mit Blick auf den Schauplatz des Abends bezeichnete. Faszinierend ist der Umgang mit der Ruine, die zumindest augenscheinlich kaum verändert wurde, schwebt doch ein mit Aluminium verkleideter vielfältig gefalteter Dachkörper als einziger, aber äußerst kraftvoller Ausdruck zeitgenössischer Architektur quasi schwebelos über den alten Mauern. Inspiration für den Wettbewerbsentwurf waren die in Halle entstandenen Bilder Lyonel Feiningers und wenn man sich das fertige Museum mit zusammen gekniffenen Augen anschaut denkt man fast, eine seiner Bildkompositionen vor Augen zu haben.An zwei spanischen Projekten zeigt Sobejano die Kunstfertigkeit seines Büros, Gebäude im Dialog zwischen Alt und Neu zu gestalten. Beim San Telmo Museum in San Sebastian galt es, eine Lücke zwischen Stadt und Landschaft auszufüllen. Das Bauwerk wirkt wie eine bewohnte Wand dessen Fassade den typisch löchrigen Sandstein der Umgebung zitiert. Die perforierte, teilweise hinterleuchtete und teilweise begrünte und mit Künstlern entwickelte Metallhaut wird dabei selbst zur Installation. Das Madinat al Zahra Museum in Córdoba zeigt die Artefakte einer wieder entdeckten Stadt des 9. Jahrhundert und ist durch die Lage unterhalb der Geländeoberfläche selbst mehr Archäologie als Architektur. Das von oben belichtete Gebäude aus weissem Beton zitiert dabei die historischen Orte der Umgebung.
Der Museumsbau ist für Architekten sicherlich eine der schönsten Aufgaben und Sobejano zeigt die ganze Vielfalt der Gestaltungs- möglichkeiten. Beim Joanneumsviertel in Graz wurden verschiedene historische Gebäude durch einen neuen unterirdischen Baukörper zu einem neuen Museumskomplex verbunden. Auch diese neue Architektur nimmt sich gegenüber der Umgebung zurück, schafft aber durch kegel- förmige Lichthöfe neue und unerwartete Verbindungen zwischen dem historischen Erbe. Das Historische Museum in Lugo / Spanien wiederum ist eher grüner Park als Gebäude, auch hier ist die Ausstellungsfläche eingegraben, durch zylindrische Aufbauten aus Cortenstahlgewebe entsteht eine ganz eigene Ästhetik irgendwo zwischen römischem Wachturm und Gasspeicher des frühen 20. Jahrhunderts. Wie eine strahlend weisse Medina hingegen wirkt das Museum für zeit- genössische Kunst in Córdoba. Die Aussenfassade ist mit einem Muster aus hinterleuchteten umg-edrehten Pyramiden durchzogen und wird nachts zur bespielbaren Videowand. Manche Häuser des Büros Nieto Sobejano wirken fast wie gebaute Zitate. Das Montblanc Haus in Hamburg kommt selbst wie eine Schmuckschatulle für einen luxuriösen Füller daher; das neue Hotel Königshof in München könnte mit seinem vertikalen Einschnitt eine über-dimensionierte Plastik Eduardo Chillidas sein. Am poetischsten gelingt dies aber beim neuen Arvo Pärt Zentrum in Estland welches die Musik des großen Estnischen Komponisten in gebaute Architektur übersetzt. Das Gebäude ist eine Sequenz unterschiedlich großer, fünfeckiger Räume die sich wie ein Schneckenhaus aneinander reihen. Mitten in einem typisch skandinavischen Kiefernwald gelegen, bildet ein Filter aus zahllosen dünnen Betonstützen den Übergang zur wunderschönen Landschaft. Wie in der Komposition sind es ein Leitmotiv und wenige Nebenthemen wie das flach gefaltete Dach und der ausdrücklich von Pärt selbst gewünschte Turm, die eine ideale Einheit von Musik, Landschaft und Architektur erzeugen. Nicht nur das Publikum war von Sobejanos Architekturpoesie beeindruckt - wie der ungewohnt lange Applaus am Ende des Vortrages zeigte - sondern auch die Diskutanten im anschließenden Podium. Sowohl Andrea Jürges, stellvertretende Direktorin des Deutschen Architekturmuseums als auch Prof. Stefan Engelsmann, Präsident der Baden-Württembergischen Ingenieurkammer würdigten die einfühlsame Architektur aber auch den konstruktiven Mut des Büros Nieto Sobejano. Dieser wies im Gespräch darauf hin, dass seine Bauten in der Regel aus gewonnenen Architekturwettbewerben hervor gehen; Versuche, konventionelle Investoren von seinen konzeptionellen Ideen zu überzeugen waren in der Regel erfolglos. So wurde der Abend - wie Moderator Wolfgang Riehle auch abschließend bemerkte – nicht nur zu einem eindrucksvollen Plädoyer für mehr Poesie in der Architektur sondern auch zur Werbung für den Architekturwettbewerb.