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Dass die Arbeit des Architekten in vielerlei Hinsicht der eines Choreographen gleicht, liegt auf der Hand. Gilt es doch beim Planen wie beim Bauen Ordnung und Takt in ein potenzielles Chaos unterschiedlichster Akteure und Belange zu bringen. Aber kann dem Architekten auch eine „Choreographie der Emotionen“ gelingen?So hatte Roman Delugan, der zusammen mit seiner (Ex-) Frau Elke Delugan-Meissl das international tätige Architekturbüro DMAA führt, seinen Vortrag bei den 18. Heidelberger Schlossgesprächen am 12.11.2019 betitelt und das wie immer zahlreiche Publikum bei diesem inzwischen etablierten Format war neugierig wie eine Architektur aussehen könnte, die diesem Anspruch gerecht wird.So ist laut Delugan Choreographie das „Einstudieren von Bewegung“, der Choreograph der Erfinder und Regisseur eines Stückes. Die Analogie zum Architekten liegt auf der Hand und Delugan, der eigentlich selbst Tänzer werden wollte, entwirft und baut „bewegte, tanzende Architekturen“.
Der Entwurf eines Panoramaliftes für die Stadt Salzburg zeigt beispielhaft, wie das Büro DMAA Choreographien für Bewegung in den architektonischen Entwurf umsetzt. So fragten sich die Architekten wie man Besucher mit viel Emotion zum Museum der Moderne auf den Mönchsberg führt. Die Lösung war eine Glaskabine, die nicht senkrecht, sondern schräg den Berg hinauf führt und den Besucher dabei zum jeweils besten Aussichtspanorama dreht. Ein spannender Ansatz, der jedoch als zu „modisch“ von den Verantwortlichen verworfen wurde. Da Architektur an sich jedoch statisch ist, bewegt sich bei den meisten anderen vorgestellten Bauten und Projekten der Besucher auf sorgsam choreographierten Wegen durch die Architektur.
Dabei entstehen so ikonographische Bauten wie das Filmmuseum in Amsterdam, ein strahlend weißes Haus am Wasser mit großzügigen Foyers und Panoramablicken, welches das übliche Kinoerlebnis mit Popcorn und Cola vergessen lässt. DMAA hat hier eine neue Typologie des Filmpalastes erbaut, die nach Aussage des Architekten bereits jetzt mit 1,2 Millionen Besucher pro Jahr das dritterfolgreichste Gebäude nach dem Louvre und der Oper in Sydney ist. Wie ein in den Bergen gestrandeter Stealth Bomber mutet das Konzerthaus der Tiroler Festspiele in Erl an. Hier scheinen nicht nur die Wände zu tanzen, sondern auch der Boden der öffentlichen Flächen, der um zwei Grad geneigt ist. Da Stehen dann auf Dauer unangenehm ist, wird der Besucher von der Architektur zur Bewegung geradezu genötigt. Im Kontrast dazu steht der streng quadratische Konzertsaal – hier liegt die Konzentration in der Musik, nicht im Raum. Die Bauten des Büros DMAA erinnern in Ihrer Formensprache oft an zusammen geschobene Eisschollen wobei der stumpfe Winkel laut Delugan für Bewegung steht, der rechte Winkel für Ruhe und der spitze Winkel für eine Aggressivität, die es zu vermeiden gilt. Dass DMAA aber auch andere Formensprachen beherrscht zeigen Bauten wie der Taiyuan Zoo in China dessen Architektur an einen Wald erinnert oder die serielle Außenhaut des Campus Towers in Hamburg mit ihren streng rechteckigen Fassadenelementen. Seine Ideen – so Delugan – hat er häufig im Schlaf. Architektur sei zu sehr von Zahlen und Fakten gesteuert und müsse wieder mehr Zufälle zulassen.
Für die anschließende Diskussion kommen Christiane Riedel, die selbst über eine tänzerische Ausbildung verfügt und als geschäftsführender Vorstand das ZKM in Karlsruhe leitet und Nikolai B. Forstbauer, vom Kulturresort der Stuttgarter Nachrichten auf die Bühne. Neben der Frage wie moderne Medien und die Digitalisierung die Architektur prägen werden – Christiane Riedel träumt von Fassaden, die als veränderbare Interfaces die Stadt von morgen bespielen – wird die Frage nach der skulpturalen Qualität der vorgestellten Projekte gestellt. Dabei wird die Frage diskutiert, ob sich die Architektur – wie auch Musik und Tanz –durch die Integration von Bewegung aber auch den Gebrauch von Medien weg von einer statischen hin zu einer zeitbasierten Kunst entwickeln kann. Damit kann sich auch Moderator Wolfgang Riehle anfreunden, dem das berühmte Schopenhauer Zitat, Architektur sei gefrorene Musik, noch nie gefallen hat.Was bleibt von diesem durchaus anregenden Abend im Gedächtnis? Sicherlich hat das Publikum formal eindrucksvolle und ikonographische Architekturen gesehen, denen man das Prädikat „Leuchtturmprojekte“ gerne verleihen mag. Im Nachgang sind den Projekten dann aber auch eine gewisse Glätte und eher oberflächliche Effekte eigen; die poetische Qualität eines Andreas Cukrowicz oder eines Enrique Sobejano - Delugans Vorgänger bei den Heidelberger Schlossgesprächen – vermisst man in den vorgestellten Bauten. Mag sein, dass dafür eine Intimität zwischen Haus und Besucher erforderlich ist, die bei dieser Art von Großprojekten nicht mehr gegeben sein kann.