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Die Kommunen stehen vor einem gewaltigen Transformationsdruck. Die Wohnungsmärkte sind durch Zuzug und Kostensteigerungen nicht mehr aufnahmefähig. Immer weniger Wohnungen werden gebaut. Die Bereitstellung von Flächen für Wohnraum steht zudem häufig im Konflikt zu Nachhaltigkeitszielen, obwohl der Klimawandel eine Anpassung der Lebensräume dringend erfordert. Der demografische Wandel wird das (Zusammen-) Leben ebenso verändern wie die Digitalisierung die Art und Weise, wie und wo gearbeitet wird. Diese vielfältigen Herausforderungen treffen auf Kommunen mit endlichen Verwaltungskapazitäten. Es fehlen speziell Fachkräfte, aber ebenso Personal ganz allgemein. Es ist absehbar, dass sich diese Situation nicht zeitnah verbessern wird. Gleichwohl sind die Kommunen gezwungen die Transformation aktiv zu gestalten, wollen sie zukunftsfähig bleiben. Hierin liegt auch eine Chance. Die katastrophalen Konsequenzen fehlender, falscher oder verzögerte Planung sind längst sichtbar (siehe Ahr-Tal). Vorausschauende, gute Planung ist für Kommunen deshalb der Schlüssel zur Bewältigung der Transformation und zur Abwendung teils fataler Folgen. Die angespannte Personalsituation in den Ämtern führt dazu, dass nicht alle sinnhaften Vergabevarianten oder -verfahren als Optionen in Erwägung gezogen werden können. Die Architektenkammer bietet hier ihre Unterstützung an. Die Landesvertreterversammlung der Architektenkammer Baden-Württemberg hält folgende kommunale Handlungsfelder für wesentlich:
Gute Planung braucht Bedarfsermittlung und Potenzialanalyse
1. Eine Bedarfsermittlung und Potenzialanalyse sind notwendige Voraussetzung für jede gute Planung. Verfügen Kommunen nicht über ausreichende Planungskapazitäten, können Architekt:innen aller Fachrichtungen, Stadtplaner:innen (in der sogenannten Leistungsphase 0) oder Ortsentwicklungsbeiräte interdisziplinär unterstützen. Sie erheben Bedarfe sowie Potenziale und entwickeln Lösungsstrategien selbst für multiple Herausforderungen – auch interkommunal und in Abwägung der Schutz- und Rechtsgüter.
2. Nur durch gesicherte Planungsqualität bleibt die Kommune entscheidungsfähig. Gemeinderäte können von Bedarfsanalysen übergeordnete gemeinwohlorientierte und klimagerechte Leitziele ableiten und dauerhaft als Strategie im kommunalpolitischen Handeln verankern.
Quartiere als inklusive Mittelpunkte kommunalen Lebens 3. Gut geplante Quartiere ermöglichen ein Miteinander von Menschen in allen Lebensphasen und -lagen. Kommunen sollten Orte mit hoher Nutzungsflexibilität schaffen, z.B. in Bezug auf Wohnformen, Klimaresilienz, medizinische, soziale und kommerzielle Nahversorgung und Freizeit. Dies erreichen sie durch das Ausschöpfen aller Potenziale der Innenentwicklung. (Um-) Bauen im Bestand ist daher notwendig. 4. Eine aktive Bodenpolitik ermöglicht den Kommunen, die eigene Entwicklung zu steuern. Flächenkonkurrenzen können aufgelöst, Bodenspekulation verhindert werden. Aktive Bodenpolitik beinhaltet nicht nur Bodenbevorratung, sondern auch die sinnvolle Reinvestition von Erlösen in bereits bebaute Flächen und Quartiere sowie deren Weiterentwicklung. 5. Gewerbegebiete entwickeln sich zu neuen, flächeneffizienten und mehrfachgenutzten „Gewerbequartieren“ weiter. So gehen die Kommunen mit den bestehenden Ressourcen effektiv um und erzeugen einen Mehrwert für heute oft stark nach Nutzung getrennte Gebiete. 6. Für die Ausweisung und Weiterentwicklung von Gewerbegebieten gibt es keinen Masterplan. Die Kommune muss ein gesamthaftes Transformationsmanagement als ihre ureigene Aufgabe verstehen: von der Initiierung und der Auswahl der Akteure über eine Leitbildentwicklung, Konzepterstellung und einer strategischen Prozessplanung bis hin zu Kommunikationsformaten sowie einem Mieter- und Umfeldmanagement.
Bedarfsgerechtes und bezahlbares Wohnen
7. Gemeinwohlorientierte Akteure schaffen bezahlbaren Wohnraum, häufig mit gemeinnützigen, bedarfsorientierten Angeboten für die späteren Bewohner:innen. Es ist Aufgabe der Kommunen, dieses Engagement vor Ort, beispielsweise durch die Gestaltung von Vergabeverfahren, bevorzugte Vergabe von Grundstücken, Vernetzung und gezielte Fördermittel, zu unterstützen. 8. Auch auf Ebene der Städte und Gemeinden kann sozialer Wohnraum gefördert werden. Eine kommunale Wohnraumförderung ist in der Lage, ortstypische Herausforderungen und Potenziale passgenau zu adressieren, beispielsweise im bestehenden Wohnraum. 9. Paritätisch besetzte Beiräte aus Bürger:innen und Planenden gewährleisten die Mitbestimmung der Bürger:innenschaft aus dem Quartier und der Expertise der Fachschaft. Interkommunal Denken 10. Planungsaufgaben enden nicht an Gemarkungsgrenzen. Stadt und Land sind als vernetztes System zu betrachten – ökologisch, ökonomisch, kulturell, infrastrukturell. Daseinsvor-sorge (z.B. Bildung, Gesundheit/Pflege, Mobilität, Wasserversorgung) funktioniert nicht in Inseln. Nur, wenn die tatsächlichen Wechselwirkungen von Räumen berücksichtigt werden, entstehen Synergien. Kommunen, die Planungsfragen regional denken, sind in der Lage, auf den neuen Landesentwicklungsplans (LEP) zu reagieren und diesen als Chance für sich zu nutzen.
Geeignete Verfahren wählen 11. Die Kommunen sind in der Verantwortung für eine bedarfsgerechte, zukunftsfeste Bebau-ung. Mit Konzeptvergaben können gestalterische Qualität und funktionale Einbettung gesichert werden. 12: Der Gebäudebestand ist über die Nutzung „grauer“ und „goldener” Energie hinaus wertvoll für die Kommune, denn er stiftet Identität und prägt das Ortsbild. Jurierte Wettbewerbsergebnisse garantieren nur dann die beste planerische und von der Bevölkerung akzeptierte Lösung, wenn der Siegerentwurf auch tatsächlich zur Umsetzung kommt und aktive Qualitätssicherung betrieben wird. Dies gilt für Bestand und Neubau.
Dipl.-Ing. (FH) Astrid Fath Architektin