Veranstaltungsort für Tagungen, Seminare, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Der Kammergruppenvorsitzende des Rems-Murr-Kreises, Moritz Seifert fand es spannend, mit einer Gruppe Interessierter, abseits von ausgetretenen Wegen diese sich selbst empfehlende Preziose zu erkunden. Verfeinert wurde die Exkursion durch einen würdigen Rahmen, der sich wie von selbst fügte.
Unsere Kollegin Ute Heinle stolperte im brandenburgischen Fläming förmlich über die „WerkStadt der Moderne“. Das auf den ersten Blick unscheinbare Städtchen Luckenwalde zeigte, bei näherer Betrachtung, ein Kaleidoskop an Bauwerken aus den 1920er Jahren. Gegenwärtige Bauaufgaben lassen erkennen, dass die heutige Stadtentwicklung sich ihres Erbes bewusst ist.
Die erste, spektakuläre Station besuchte die Gruppe bereits bei der Anreise. Die Villa Auerbach in Jena war auch für Adolf Meyer und Walter Gropius der Auftakt zum modernen Baustil und gehört zu den Wurzeln des Bauhauses. Ein Kleinod, das dank eines architekturbegeisterten Ehepaars wieder seine Ausstrahlung erhalten hat. Bei der denkmalgerechten Sanierung wurde viel Wert auf die Authentizität gelegt. Nach der geführten Besichtigung ging die Reise weiter nach Dessau. Der Busfahrer hatte die Route gut geplant, nahm einen Schlenker durch die Siedlung Törten und fuhr ganz beiläufig am ehemaligen Arbeitsamt vorbei.
Die tagesfüllende Tour in Luckenwalde startete geschickt im Heimatmuseum. Mit Herz wird die Geschichte der Stadt Luckenwalde dargestellt und mit genau so viel Herz wurde die Führung präsentiert. Die Fertigung von Webwaren formte seit Friedrich dem Großen die Stadt. Die Industrialisierung prägte mit Hutfabrikation, Metallverarbeitung, Feuerwehrgeräten und weiteren Produktionsbetrieben das Städtchen im frühen 20. Jh. sowie durch die Ära der DDR. Dies war ersichtlich der Motor der Stadtentwicklung.
Der Rundgang durch den historischen Stadtkern endete beim Stadttheater. Die einzigartige Verbindung von Theater- und Schulbau ist ein interessantes Stück Architekturgeschichte der späten zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Den Wettbewerb gewann der Stadtbaumeister Graf. In seinem Entwurf vermischte er die Bauweise der modernsten und sachlichsten Architektur der frühen zwanziger Jahre. Die Führung führte durch den Theaterkeller und auf die Bühne mit der historischen Theatertechnik. Das große Engagement für das einmalige Gebäude und seine Technik war zu spüren. Nach einem ortstypischen Mittagessen, auf das die Organisatoren Wert gelegt haben, warteten die ortskundigen Führer des Stadtbauamtes.
Mit dem Bus ging die Tour durch den Ortskern zur ehemaligen Hutfabrik von Erich Mendelsohn. Schnell war zu erkennen, wie das Stadtbauamt von Luckenwalde um Paul Backer und Rudolf Brennecke während der Weimarer Republik mit weiteren namhaften Architekten wie Richard Neutra, Hans Graf, Hans Hertlein oder Josef Bischof die Stadt entwickelten. Neben den Produktionsbetrieben galt, auch damals, die Erstellung von Wohnraum für die Werktätigen als die zentrale Bauaufgabe.
Der sinnvolle Einsatz von Energie war in der Verbindung von E-Werk und dem alten Stadtbad ersichtlich. Heute verbindet die Idee des Kunststroms wieder beide Gebäude. Statt einer teuren und aufwendigen Sanierung wird das alte Stadtbad als Kunst- und Kreativzentrum genutzt.
Viele der damals entstandenen Neubauten stehen heute unter Denkmalschutz. Der Erhalt der Objekte ist nur mit Fördermittel möglich, die in erster Linie zur Sicherung der Bausubstanz eingesetzt werden. Ein großes Erbe und eine Herausforderung besonders für das Stadtbauamt. Die Begeisterung der baulichen Botschafter von Luckenwalde steckte alle an. Das flammende Engagement aus dem Bauamt schlug endgültig bei der Besichtigung der neugebauten Feuerwache Flammen. Die Selbstverständlichkeit in Luckenwalde Lösungen für anstehende Bauaufgaben über Wettbewerbe zu suchen spiegelt sich in den Ergebnissen wieder. Mit Kreativität werden Kompromisse ergänzt. Dies beweist auch der Umbau des Bahnhofs in dem inzwischen die Bibliothek von Luckenwalde, neben vielen anderen Funktionen, untergekommen ist.
Den Abschluss bildete das ehemalige „Gebrüder Heinrichstift“, das von 1897 bis 1899 vom Baumeister Otto Techow erbaut wurde. Die Luckenwalder Unternehmer hatten für ihre Fabrikarbeiter einen Altersruhesitz in Form einer Stiftung geschaffen. Der Baden Württemberger Unternehmer Werner Weng hatte das Gebäude 2012 erworben. Seit 2018 erscheint das historische Gebäude in neuem Glanz und beherbergt wieder Menschen. Das Wohnkonzept "50life" nimmt den sozialen Aspekt auf, wurde wieder ein Ort der Begegnung und wird so dem gesellschaftlichen Wandel gerecht. Abgerundet wurde der ereignisreiche Tag mit einem stärkenden Abendessen im „Kornhaus Dessau“. Unser Busfahrer musste auch diesen ungeplanten Programmpunkt noch in den ohnehin straffen Zeitplan bekommen.
Abgerundet wurde der Rahmen an der letzten Station. Der Wandel der Industrie und die ehemalige Gewinnung von fossilen Rohstoffen war in Ferropolis zu erleben. Welche Narben hat der Energiebedarf mit dem Tagebau in unserer Landschaft hinterlassen und welche Möglichkeiten gibt es für uns heute damit umzugehen? Die Stadt aus Eisen fasziniert durch die sorgfältig als Museum zusammengetragenen eisernen Maschinen, als ein Ort auf der Route der Industrialisierung. Das Gelände hat nicht nur musealen Charakter, auch so mancher Großevent findet hier statt. Die Renaturierung der Industrielandschaft zur grünen Erholungslandschaft war für die Reisegruppe ein spannender Abschluss für diese Tour.
Mit welchen Themen können Architekten und Architektinnen aus ihrer Routine geholt werden und Interessierte an der Baukultur mitgenommen werden? Mit Veranstaltungen zu aktuellen Architektenaufgaben oder mit einer Exkursion auf baukulturelle Wege gehen? Energiewende –Sanieren - Nachhaltigkeit – Zirkularität sind die Stichworte, die unsere Gedanken in der Baulandschaft derzeit am meisten bewegen.
Alle Mitreisenden waren von der Tour, abseits von ausgetretenen Wegen, begeistert. Auf den kleinen Nebenpfaden wurden viele Gedanken, die uns heute beschäftigen, sehr kurzweilig verbunden. Auf eine Fortsetzung sind wir gespannt.