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Eine neue Idee geht durchs Land: Die begrünte Fassade soll das Stadtklima verbessern. Pflanzen nehmen während ihrer Lebensdauer CO2 auf und geben Feuchtigkeit ab, spenden Schatten und sind angenehm für das Auge. Außerdem stellen sie, eine gewisse Biodiversität vorausgesetzt, Heimat und Nahrung für Insekten und Kleingetier dar. Der bisherige Einsatz von Grün in der Stadt, in Parks, als straßenbegleitende Bäume und Hecken, Rabatten und Böschungen, in Gärten, auf begrünten Dächern, Balkonen und Terrassen reicht nicht mehr aus, um das Stadtklima ausgewogen zu halten angesichts der globalen Erwärmung.
Bei der 37. Auflage des traditionsreichen Talkformats der Kammergruppe Stuttgart-Süd, Hohenheimer Gespräch, drehte sich alles um „Green Architecture“. Ein polarisierendes und häufig allzu plakativ behandeltes Thema, wie Gastmoderator Felix Jansen (DGNB), feststellte: Entweder man halte grüne Fassaden für Greenwashing oder man sei begeistert vom Potenzial. So auch auf dem Podium im Haus der Architektinnen und Architekten, das am 9. März etwa 60 Gäste in Präsenz sowie rund 300 Interessierte online verfolgten.
Christoph Mäckler, der Frankfurter Architekt, Stadtplaner und Leiter des Instituts für Stadtbaukunst, hielt mit seiner Meinung über einen Bosco Verticale in Mailand oder das Ingenhoven-Gebäude in Stuttgart nicht hinterm Berg: „Von grünen Fassaden halte ich gar nichts! Wir brauchen dauerhafte Architektur, nicht technische Augenwischerei.“ Typisch deutsch sei dies, alles mit Technik zu lösen. „Ein Kübel nach dem anderen, alle bewässert.“ Wenn die P f l a n z e n d a g e g e n Wasser aus dem Boden ziehen könnten und das Ganze eine Selbstverständlichkeit habe wie bei rankendem Efeu oder Wein, sei dies etwas anderes. Stadt solle Stadt bleiben und Wald Wald. „Eine ganz grüne Stadt – ist doch gaga!“
Kilian Kada, der aus Österreich stammende Architekt aus dem Büro kadawittfeldarchitektur gmbh, und der Stuttgarter Baubürgermeister und Architekt Peter Pätzold argumentierten mit der ästhetischen Qualität von Gebäudegrün. „Das Grün hat einen ästhetischen Charme“, so Kada. Und es bringe eine Reihe von positiven Effekten in die Stadt, wenn auch die Pflanzen in der Vertikale sicher nicht ihre ganze Kraft entfalten könnten.
Pätzold verteidigte die Vorgaben von 30 Prozent Gebäudegrün in Stuttgarter Wettbewerben. Aber jedes Gebäude sei ein Unikat. Oft stehe Begrünung gegen Bauwerkintegrierte Photovoltaik. Es gehe nicht ohne Gesamtkonzept. Denn primär müssten Gebäude entstehen, die auch alt werden könnten. „Mit dem Taschenrechner machen Sie keine gute Architektur!“ Dafür gab es Zustimmung von Mäckler, der mehrfach Florian Nagler und seine Forschungshäuser in Bad Aibling anführte: „Dicke Wände und Stichbogen (Fenster): Das ist der Weg.“ Als politisches Signal sei Fassadenbegrünung akzeptabel, aber nicht als Lösung. Der Gesetzgeber müsse viel härter vorgehen. „Warum klatschen wir Öl an unsere Fassade?“, fragte Mäckler. Warum würden Verbundsysteme nicht verboten, die als Sondermüll entsorgt werden müssten. „Wir müssen komplett umdenken. Es geht nicht mehr. Wir müssen mit mehr Selbstverständlichkeiten ans Planen gehen.“
Kilian Kada fand versöhnliche Worte. Zwar sei man in Deutschland grundsätzlich etwas regulierungs- hörig. „Alle warten darauf, bis die Regeln kommen, vor- her machen sie erstmal nichts.“ Und trotzdem passiere gerade sehr viel. Viele Büros machten sich auf. Nach 15 Jahren nachhaltiger Planung bilanziert Kada: „Es lohnt sich Visionen zu haben.“ Und mit etwas Leichtigkeit und Begeisterung an das Thema Nachhaltigkeit ranzugehen. In diesem Zusammenhang zollte Christoph Mäckler auch der Architektenkammer Baden-Württemberg Lob: „Ihr macht ziemlich viel, das finde ich klasse!