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ZUkunft – WOHNen Der Blumenstrauß an Themen war bunt und breit gefächert. Umbaukultur und Wiederverwertung, der sorgfältige Umgang mit Ressourcen, demografischer und gesellschaftlicher Wandel, Digitalisierung und Regionalisierung, bezahlbarer Wohnraum, Klimawandel und Mobilität – alles relevante Parameter, wenn es um die Zukunft des Wohnens geht.
Eingeladen hatte die Architektenkammer Baden-Württemberg gemeinsam mit dem artsprogram der Zeppelin Universität Friedrichshafen. Das Interesse war groß. Karen van den Berg, Academic Head of the artsprogram Lehrstuhl für Kunsttheorie & inszenatorische Praxis, begrüßte mehr als 120 Besucherinnen und Besucher auf dem ZF Campus im Graf von Soden Forum. Fabian Müller, Erster Bürgermeister und Baubürgermeister der Stadt Friedrichshafen, führte in den Abend thematisch ein. Die beiden hochkarätigen Referenten, Andreas Hofer, Intendant der IBA’27 Stuttgart, und Andreas Kipar, Mitbegründer von LAND, einem internationalen Beratungsunternehmen für nachhaltige Landschaftsstrategien mit Sitz in Mailand, begeisterten die Zuhörerinnen und Zuhörer mit ihren Vorträgen. Einig waren sich die beiden, dass es darum geht, Dinge „einfach zu machen“; um den Mut, Standards, Strukturen und Prozesse zu hinterfragen, weg vom übertriebenen Sicherheitsdenken und der Angst vor Neuem.
Andreas Hofer forderte dazu auf, sich stärker in bauwirtschaftliche Strukturen einzumischen, um diese zu verändern. Auch die Politik müsse hier mehr Engagement zeigen. Die Trennung von Boden und Gebäude (Stichwort Erbpacht) und die Vergabe an Genossenschaften könnten dazu beitragen, erschwinglichen Wohnraum für alle zu schaffen. Ein besonderes Augenmerk legt Hofer in seiner Tätigkeit auf das Bauen im Bestand und Flächen-Recycling. D. h., dass Projekte nicht auf der grünen Wiese realisiert werden, sondern im Kontext von bestehenden, teilweise aufgelassenen Strukturen, die oftmals ihre ursprüngliche Nutzungsbestimmung verloren haben. Anhand von Beispielen aus Basel, Zürich und aktuellen IBA-Projekte zeigte er nicht nur die gelungene Umsetzung seiner Forderungen. Darüber hinaus sieht er in der Stärkung der Gemeinschaft und dem Einsatz für das Gemeinwohl einen positiven Trend, der der Entfremdung und Vereinsamung entgegenwirken kann.
Auch der Landschaftsarchitekt und Stadtplaner Andreas Kipar brachte Projektbeispiele mit; aus Südtirol, aus dem östlichen Hinterland des Gardasees und aus Fellbach (ein IBA’27 Projekt). Kipar, der seit über 30 Jahren die Herangehens- und Denkweise in der Stadt- und Regionalplanung hinterfragt, hat den Begriff der „urbanen Landschaft“ geprägt. Für ihn lassen sich Stadt und Land nicht mehr auseinanderdividieren. Er betonte, wie wichtig es ist, lebenswerte Räume für eine gemeinschaftliche Gesellschaft zu schaffen. D. h., das Naturverständnis wieder in unseren Städten erlebbar zu machen. Um der Natur Raum zu geben, um neue Potentiale freizulegen, werden wir das, was wir versiegelt haben, drastisch aufbrechen müssen. Kipars Motto „landscape first“ wurzelt in der Überzeugung, dass eine üppige, intakte grüne Infrastruktur den Wert eines Grundstücks, einer Immobilie steigert. Wichtig ist für ihn auch, dass man sich an etwas heranwagt, etwas in Gang setzt, ohne bereits zu wissen, wie das fertige Produkt aussehen soll. Landschaft ist per se dynamisch und verändert sich immer. So könnten mit Zwischennutzungen, die sich schnell implementieren lassen, auch große Veränderungen angestoßen werden.
In der anschließenden, von Markus Müller (Präsident AKBW) geleiteten, Diskussion sahen Dirk Bastin, Baudezernent der Stadt Ravensburg und Fabian Müller, Erster Bürgermeister der Stadt Friedrichshafen durchaus Potential, Ideen und Motive aus den beiden Vorträgen in regionalen Projekte aufzugreifen. Beide sind motiviert, im Schulterschluss die Region als Oberzentrum zu stärken und weiterzuentwickeln.
Markus Müller leitete abschließend über zu Themen, die die Planerschaft verstärkt beschäftigen werden. Neben der Forderung nach bezahlbarem Wohnraum gilt es immer wieder etablierte Prozesse zu hinterfragen. So ist ein Bebauungsplan aus den 1930er-Jahren sicher keiner, der unsere heutigen Probleme und Sorgen widerspiegelt, in dem innovative, intelligente Lösungen gefunden werden können. Abschließend mahnte Müller an, dass fehlende Wohnungen inzwischen durchaus ein Standortnachteil sind, und schloss den Abend mit dem Appell, aktiv Anteil an der Gestaltung der Strukturen zu nehmen.