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Beim Europaseminar der Bundesarchitektenkammer (BAK) im Europäischen Haus in Berlin diskutierte die Architektenschaft mit Vertretern der EU und des Bundes über europapolitische Themen wie der Europäischen Gebäuderichtlinie (EBPD), dem Neuen Europäischen Bauhaus (NEB), dem Green Deal und dem europäischen Vergabewesen. Dabei zeigte sich: die Ziele der Europäischen Union sind hehr, wenn nur die Bürokratie nicht wäre.
Begrüßt wurden die etwa 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Patrick Lobis, dem stellvertretenden Leiter der Vertretung der europäischen Kommission in Berlin. Lobis betonte, die Ziele der Europäischen Kommission seien ambitioniert und mehr als Statistiken, die erreicht werden sollen: „Es geht um die Qualität des Bauens, um gesellschaftliche Relevanz.“ Der Vize-Präsident für Europa der BAK, Prof. Ralf Niebergall, lobte die Ziele der EU, warf aber die Frage auf, wie sichergestellt werden könne, dass diese auch in die Fläche wirken. Insbesondere im ländlichen Raum seien die Voraussetzungen anders. Ohne gezielte Förderung seien die Ziele schwer zu erreichen.
Stefan Moser, Referatsleiter „Building and Products“ bei der Kommission und Friedemann Scholten vom Referat „Energiepolitische Grundsatzfragen im Gebäudesektor“ des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) erörterten, dass sich Kommission und Bundesregierung für eine schärfere Variante der EBPD eingesetzt hätten, dies jedoch aufgrund der Interessen mancher Mitgliedsstaaten im Rat der Europäischen Union nicht mehrheitsfähig war. Im Trilog mit Parlament und Rat werde die finale Fassung der EBPD demnächst verhandelt. Beide lobten den Austausch mit der Bundesarchitektenkammer zum Entwurf der Richtlinie.
Weniger harmonisch verlief der Austausch zur Vergabe öffentlicher Aufträge. Im Zuge der Klage der Europäischen Kommission knickt die Bundesregierung ein und stimmt einer Ausweitung der Anwendung von EU-weiten Ausschreibungen auf Architektenleistungen zu. Sandra Detzer, Mitglied des Bundestags für Bündnis90/Die Grünen begründete dies mit dem Abbau von Beschränkungen im Binnenmarkt und der Summe öffentlicher Gelder, die im Bausektor ausgegeben werden. Edda Kurz, Vize-Präsidentin der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, rechnete vor, dass dann bereits bei Kindergärten mit mehr als 350 Quadratmeter Bruttogeschossfläche EU-weit ausgeschrieben werden müsse, dies würde Verfahren um etwa neun Monate verlängern. Ihr Fazit: „Kaum ein öffentliches Bauprojekt wird nicht ausgeschrieben werden müssen.“
Ruth Schagemann, Präsidentin des Architects' Council of Europe und Leiterin der Brüsseler Geschäftsstelle der BAK, appellierte an die Kommission und die Bundesregierung: „Wir sind der offenste Berufsstand, keiner von uns schützt seinen Markt. Der Anteil der Architektinnen und Architekten, die grenzüberschreitend arbeiten, nimmt ab, weil die Verfahren zu kompliziert sind und zu lange dauern. Ein ausgeweiteter Zwang zu EU-weiten Ausschreibungen wäre da Unsinn.“ Die Motive, Hemmnisse abzubauen, seien nachvollziehbar. Aber in der Praxis würden EU-weite Ausschreibungen das Ziel nicht erreichen: „24 Prozent der Architektinnen und Architekten lassen sich grenzüberschreitend ausbilden. Das Interesse ist also da. Aber am Ende ist Architektur eben regional.“ Beistand erhielt die Position der BAK durch den Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB). Die Kommunen, als größter öffentlicher Auftraggeber, halten eine Ausweitung der Ausschreibungspflicht bei derzeit geltenden (zu niedrigen) Schwellenwerten ebenfalls für „Unsinn“, wie Bernd Düsterdieck, Beigeordneter beim DStGB, betonte. Auf offene Ohren stieß dies bei den Entscheidungsträgern allerdings nicht.
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