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Was bedeutet eigentlich dieses große Wort von der „Transformation“? So wie es bisher ist, kann es nicht weitergehen, darin sind sich fast alle einig. Die Bauwirtschaft ist, sowohl was den CO2-Ausstoß, als auch was den Energieverbrauch und den Müll, der beim Bauen entsteht, betrifft, aktuell nicht zukunftsfähig. „Die Transformation des Bauens wird eine umfassende sein müssen“, stellte dann auch Moderator Christian Holl folgerichtig fest. Rund 180 Gäste nahmen an den zweiten Architekturgesprächen der Kammer im Jahr 2023 teil, 30 davon vor Ort im Haus der Architektinnen und Architekten.
Wer Transformation ernsthaft vorantreiben will, muss auch sich selbst und das eigene Arbeiten permanent hinterfragen, das wurde bei den Gastvorträgen deutlich. Sebastian Kofink vom Buero Kofink Schels Architekten aus München und Katharina Rauh von prosa Architektur + Stadtplanung | Quasten Rauh PartGmbB aus Darmstadt eint ein hoher ethischer Anspruch und eine große Ernsthaftigkeit beim Thema „Nachhaltigkeit“. „Muss immer alles neu sein, wenn man baut oder saniert?“ fragt Kofink und bringt damit Gedanken zur Kreislaufwirtschaft und zu Bauteilbörsen in die Diskussion mit ein. „Wir wollen möglichst wenig (neu) bauen und möglichst wenig abreißen“, so Katharina Rauh über den Ansatz des „reduzierten Bauens“.
Sebastian Kofink hat zunächst eine Lehre als Zimmermann absolviert um dann Innenarchitektur und Architektur zu studieren. Das Motto seines Büros, das er mit Partner Simon Jüttner seit 2014 betreibt, beschreibt er als „Poetischen Pragmatismus“: Unter der Rahmung äußerer Zwänge wird pragmatisch nach Lösungen gesucht, die sowohl den Kunden zufrieden stellen als auch versuchen, ökologisch verträglich zu sein. Dabei hinterfragt Kofink stets den Status Quo: „Welche Standards brauchen wir wirklich? Muss jede Wand verputzt werden? Müssen bei einem Umbau neue, größere Fenster eingebaut werden?“ Ziel ist es, beim Projekt die Energiekosten zu reduzieren, möglichst wenig neuen Müll zu erzeugen und gleichzeitig möglichst viele Bauteile wiederzuverwenden: Reduce, Reuse, Recycle. Als Best Practice Beispiel nennt Kofink die Wiederverwendung alter Dachziegel in einem Renovierungsprojekt.
Dass so ein maximal ökologischer Ansatz nicht unbedingt ein Wettbewerbsvorteil ist, musste Kofink schon erfahren. Zweimal schon, so erzählt er, gewann sein Büro einen Wettbewerb, bei dem am Ende dann die Bauherrschaft doch einem anderen Anbieter den Auftrag erteilte. Einig ist man sich, dass bei Ausschreibungen nicht nur der Preis im Vordergrund stehen sollte. Katharina Rau wirft ein: „Das billigste Angebot ist häufig eben nicht günstiger, sondern für die Umwelt und die Menschen am Ende teurer. Man darf nicht nur den aktuellen Preis im Blick haben, sondern man muss die Kosten auf den Lebenszyklus des Gebäudes rechnen und die Kosten für Umwelt und Menschen miteinbeziehen:“ Deutlich wird in der Diskussion auch, dass für eine konsequente Wiederverwendung von Bauteilen noch die notwendige digitale Infrastruktur fehlt. Zwar gibt es schon vereinzelt erfolgreiche Bauteilbörsen, aber zu großen Teilen müssen Planer wie Kofink selbst überlegen, welche Bauteile sie wo wiederverwenden können, bzw. eigenständig nach gebrauchten Teilen suchen. Lacher erntet der Münchner für die Anekdote, dass er immer wieder bei Ebay-Kleinanzeigen fündig wird.
Katharina Rauh bringt in ihrem Vortrag einen weiteren Ansatz der Transformation in die Diskussion mit ein: Die Gemeinwohlorientierung. Wichtiger als die Gewinnmaximierung ist, einen sinnvollen Beitrag für das gute Leben aller zu erbringen. Gebäude und Quartiere sollen nicht nur für die aktuellen Nutzer sinnvoll und ästhetisch sein, sondern auch für die Anwohner und alle zukünftigen Generationen. „Die Stadt gehört allen“, sagt Rauh „deswegen bin ich Stadplanerin geworden.“
Die Haltung geht sogar so weit, dass sich ihr Büro auf Aufträge, bei denen landwirtschaftliche Flächen versiegelt werden sollen, nicht bewirbt. Dennoch gilt es, Realitäten zu akzeptieren, „am Ende sind wir auch Dienstleister“. Die Vermittlung zwischen eigenem Anspruch und Vorstellungen der Bauherrschaft funktioniere nur über Kommunikation: „Einzuplanen wer wann mit wem redet, das ist Teil unserer Aufgabe“.
In den Diskussionen nach den Vorträgen dreht sich viel um die Frage, was passieren muss, damit die vorgestellten Elemente einer Transformation des Planungs- und Bauwesens, wie das Bauen im Bestand, die Kreislaufwirtschaft und das reduzierte Bauen, tatsächlich im baulichen Alltag ankommen und nicht Themen für Experten und Idealisten bleiben. Die Antwort ist komplex: Die Überregulierung der Planungsbranche ist ein Hemmnis, genauso wie Strukturen bei Wettbewerben und die Ausrichtung auf günstige Angebote. Am Ende müssten wohl auch Neubauten und Bauteile noch deutlich teurer werden. Denn solange es günstiger sei, Gebäude abzureißen und Bauteile wegzuwerfen anstatt wiederzuverwenden, so lange werde die Situation für das nachhaltige Bauen und Planen schwierig bleiben.
Diese Ausgabe der Architekturgespräche war Teil des IBA’27 Festivals. Die nächsten Architekturgespräche der AKBW finden am 12. Oktober statt.