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Gut 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer online und vor Ort verfolgten das Fachsymposium „Zirkularität jetzt!“ aus dem Haus der Architektinnen und Architekten. Die von der AKBW und dem Bauministerium BW gemeinsam organisierte Veranstaltung fand im Rahmen des IBA’27-Festivals statt. Moderiert von Volker Auch-Schwelk, dem Vorsitzenden des AKBW-Kompetenzteams „Nachhaltiges Planen, Bauen und Klimaanpassung“, wurde der Bogen weit und praxisnah vom theoretischen Anspruch zur Bau-Realität gespannt.
Andrea Lindlohr MdL, Staatssekretärin im Bauministerium des Landes, nutzte das Eröffnungspodium zu einem „Dank für den Input der Architektenkammer“ beim Thema Kreislaufwirtschaft. „Ohne Zirkularität ist keine Nettoklimaneutralität möglich“, so Lindlohr. „Wir müssen uns zum Teil neu erfinden.“ Das Ministerium sei dabei, den rechtlichen und organisatorischen Rahmen für Rückbau, Bewertung und Wiedereinbau von Bauteilen mineralischen Ursprungs wie Stahlbeton zu schaffen, wie es ihn bereits für Holz und Stahl gebe. Ein Leitfaden soll entstehen. Die Krise im Wohnungsbau, Zirkularität und Bauen im Bestand hingen zusammen, denn die Grundfrage laute: „Wie geht planen für Nachhaltiges Bauen?“ Hier sei das digitale N!BBW-Planungswerkzeug hilfreich, das ständig weiterentwickelt werde. Zentral ist aus Sicht Lindlohrs, Nachhaltigkeit so früh wie möglich im Planungsprozess einzubeziehen, sowie „einfach bauen mit weniger Produkten, einfache Sanierbarkeit, lange Gebrauchszeit, einfach Sanieren und weg von der Komplexität.“ Dies zu ermöglichen, sei Gegenstand im Strategiedialog ebenso wie bei der Novellierung der Landesbauordnung. „Wir müssen das Regelwerk durchgehen und flexibler werden. Auch die Regionalität des Kreislaufansatzes durch Sekundär-Rohstoffzentren sei zentral, sonst greife, etwa beim R-Beton das „Henne-Ei-Problem: Ist der Anfahrtsweg lang, dann wird es mit der Klimaneutralität schon schwierig.“
Der Präsident der Architektenkammer, Markus Müller, pflichtete bei: Die Regulatorik sei ein wichtiges Thema, beispielsweise Materialien und Energie ebenso in die CO2-Betrachtung aufzunehmen wie Transportwege. Lob an Lindlohrs Haus: „Wir merken, dass wir ein Ministerium haben, dass sich um solche Fragen kümmert.“ Gleichzeitig würden Innovationen, etwa durch die IBA’27 nicht hinreichend unterstützt – gerade in Krisenzeiten. Tina Muhr von der IBA’27 berichtete über Beispiele, gegenseitig Bauteile zu handeln und sie auf überdachten Flächen zu lagern. Ob es funktioniere, sei jedoch stark vom Timing abhängig. „Wer hat Interesse? Wie kommen wir zusammen? Aber man muss sich auch fragen: Ist das auch ökonomisch?“ Bislang funktioniere es allenfalls bei identitätsstiftenden Bauteilen, die Muhr „Deko“ nennt.
Simon Uhcholl Lee, TRNSFM eG, berichtete von der „Transformation Bauen“ am Beispiel des CRCLR-Hauses in Berlin, das er einen „gebauten Debattenbeitrag“ nennt. Viele Projekte sähen klasse aus, aber fast nur auf dem Papier. Mit dem CRCLR habe man demonstrieren wollen: „Müll ist nur ein Zeichen von Inneffizienz und Blödheit!“ Wunsch war eine Baustelle ohne Baustoffcontainer. „Der Idealismus hat gerade fünf Minuten Realitätskontakt überstanden“, erzählt Lee. Spätestens wenn man Mörtel auf den Backsteinen von Hand abklopfe, wisse man – reine ABM-Maßnahme! „Man weiß nicht, was rauskommt, das klingt sexy, aber eigentlich ist es das Schlimmste!“ Er könne eine lange Reihe Beispiele aufzählen für Ideen der Wiederverwertung, die nicht geklappt hätten. Für die Fachplanerinnen und Fachplaner sei es eine Zumutung, immer kurzfristig und akut zu entscheiden, was man einbauen kann“, so Lee. Und anders als vermutet, weil man ja nicht neu kauft, sondern wiederverwerte, seien die Transaktionskosten hoch. Beim CRCLR habe man mehr als doppelt so viel pro Quadratmeter ausgegeben.
Als Bestandshalter im kommunalen Wohnungsbau sei die Volkswohnung in Karlsruhe interessiert an einem starken Gewicht von Kreislaufgerechtigkeit, sagte Katharina Helleckes. Sie sprach sich für eine Erweiterung des Planungsprozesses auf Phase 0 bis Phase 10 aus. Die Frage sei: Wie bauen wir unsere Häuser, damit sie uns am Ende nicht arm machen? Die Gemeinde Straubenhardt war vor sieben Jahren schon Cradle-to-Cradle-Modellkommune. Im ländlichen Bereich müsse oft etwas nur den Zweck erfüllen, ordentlich und weniger „schön sein“, so Bürgermeister Helge Viehweg. Der Gemeinderat zog mit und im Ergebnis verfüge die 11.000-Einwohner-Gemeinde heute über das laut Viehweg „schönste Feuerwehrhaus in Europa“ – fast ohne Beton, mit einfachen Schichten, recycelten Stoffen, unversiegeltem Boden, Holzkonstruktion und multipler, auch für Feste nutzbarer Parkfläche. „Wir sprechen von einer anderen Planungswelt – alles ist BIM“, sagt der Architekt Ingmar Menzer von Wulf Architekten. Aber: „Wir werden Kreisläufe im Bauen nicht schaffen, wenn es nicht für Investoren interessant ist.“ Menzer wandte sich an die politische Ebene: „Derjenige, der etwas falsch macht, wird nicht bestraft, aber auch wer alles richtig macht, wird nicht belohnt. Wir müssen die richtigen Dinge fördern!“