Veranstaltungsort für Tagungen, Seminare, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Foto: Olaf Becker
Landhausstraße 2970190 Stuttgart
Mitarbeit: Claudia Däschle, Robert KurzKunst am Bau: Bernhard Huber, Esslingen
Wettbewerb: 2001, begrenzt offener, einstufiger Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Losverfahren, 30 Teilnehmer, davon 6 Büros gesetzt.1. Spatenstich: 08.04.2006Richtfest: 20.01.2006, Fertigstellung: 31.12.2006Inbetriebnahme: 08.01.2007, Einweihung: 11.03.2007
Bruttogeschossfläche: ca. 2.250 qmBruttorauminhalt: ca. 8.000 cbmBaukosten: 4,4 Mio Euro
Nutzungen: Tiefgarage mit 12 Stellplätzen, 2 Chorsäle, 2 Stimmbildungszimmer, Notenarchiv, Verwaltung, Freizeit- und Betreuungsräume, 4 Wohnungen, davon 2 Maisonnetten
Mit der Fertigstellung der Domsingschule erhält die katholische Gesamtkirchengemeinde in Stuttgart einen zentralen Ort, an dem Chöre aus der Kirchenmusik proben und Gesangsschüler in ihrer Freizeit betreut werden können. Entsprechend ist der Großteil des Raumprogramms dieser Hauptnutzung gewidmet: das Gebäude beinhaltet zwei Chorsäle sowie Räume für die Stimmbildung, für die Betreuung der Jugendlichen und für die Verwaltung. Ergänzend waren eine Tiefgarage und vier Wohnungen auf dem Grundstück unterzubringen.
Das Baugrundstück liegt inmitten einer für Stuttgart typischen Hanglage mit zum Teil noch intakter Gründerzeitbebauung. Die Häuserzeile, in die der Neubau einzufügen war, setzt sich dagegen aus Nachkriegsbauten mit sehr unterschiedlichen Höhen zusammen. Die Schule versucht zwischen ihnen zu vermitteln und das vorgefundene Arkadenthema aufzugreifen. Die gegenüberliegende, gründerzeitliche Häuserzeile ist gekennzeichnet durch den Gegensatz zwischen prächtigen, zur Straße hin orientierten Schaufassaden aus Ziegel- und Natursteinmauerwerk und mit einfachen Ziegeln verkleideten Rück- und Seitenfassaden. Die Domsingschule vermeidet jegliche Unterscheidung zwischen hinten und vorne: Als Raum bildendes und Gestalt prägendes Element windet und faltet sich die Ziegelfassade bis in die Tiefe des Grundstücks hinein und umschließt damit sämtliche Nutzungsbereiche mit einer schützenden Haut.
Durch Einschnitte in die Ziegelhaut werden einzelne ‘Hautlappen’ aufgeklappt, eingewickelt und ausgebeult, um so verschiedene Belichtungs- und Eingangssituationen zu ermöglichen. Dadurch werden auch die beiden Kernelemente des Gebäudes - der große und der kleine Chorsaal - von außen ablesbar. Durch die plastische Behandlung der Fassade löst sich der harte Charakter der Ziegelwand teilweise auf. Auch konnte weitgehend auf konventionelle, aus der Fassade herausgeschnittene Lochfenster verzichtet werden. Die Offenheit und Geschlossenheit der Haut stehen in engem Zusammenhang mit den Vorgaben der unterschiedlichen Nutzungsbereiche und entsprechen so auch den Anforderungen an die Akustik in den Chorsälen. Im Bereich des Laubengangs der beiden Wohnungsgeschosse löst sich die Ziegelhaut in eine gitterartige Struktur auf.Die verschiedenen Schulräume gruppieren sich um einen kleinen Hof im hinteren Bereich des Grundstücks. Eine seitliche Erschließungs- und Nebenraumspange sowie ein zweigeschossiges Foyer verbinden Vorder- und Hinterhaus. Die sich um den zentralen Hof gruppierenden Bereiche kleiner Chorsaal, Foyer und Betreuungsräume können dem Hof zugeschaltet werden und ermöglichen so verschiedene Nutzungsszenarien.
Chorsäle:
Auch wenn es sich bei der Domsingschule um ein reines Probengebäude handelt, sollte in der Gestaltung der Innenräume deutlich zum Ausdruck kommen, welche Wertigkeit der Bauherr den im Hause stattfindenden Aktivitäten gibt. Besonders deutlich wird dies natürlich in den Chorsälen, einem kleineren ca. 80 qm großen Saal, der als eine Art klassisches Rückgebäude den kleinen Hof auf der Nordseite begrenzt, und dem Herzstück des ganzen Hauses, dem großen Chorsaal, dessen Innengestaltung einer der Schwerpunkte des Projektes war. In beiden Sälen wiederholt sich das Haut-Thema der Fassade, jedoch wird dies in beiden Fällen unterschiedlich interpretiert.
Im kleinen Saal umhüllt ein ‘Schwarm’ von aufeinander abgestimmten, verschiedenfarbigen Flächen und Texturen die Musiker. Teilweise sind dies akustisch wirksame Oberflächen, teilweise farbig belegte Wandoberflächen, aber auch textile Elemente und Holzoberflächen der Einbaumöbel und Wandverkleidungen.
Die Detailierung der Innenhaut des großen Saales war für die Architekten - beide handwerklich ausgebildet - ein besonderes Schmankerl. Eine in verschiedene Höhen aufgeteilte Bambushaut legt sich wie ein Innenfutter in das Betongehäuse des Saalraumes, teilweise der Kontur des Rohbaus folgend, teilweise sich aber davon lösend, um auf bestimmte Sondersituationen zu reagieren. So versteckt die vorschwingende Rückwand beispielsweise die Abluftkanäle der Lüftungsanlage. Auch im Bereich, wo der Dirigent steht löst sich die Holzhaut von der tragenden Betonwand und formt einen gebogenen Rücken für den Chorleiter, außerdem werden in der dadurch entstehenden Wandnische sämtliche Bedienungselemente für Licht, Lüftung, Entrauchung, Telefon usw. versteckt. Weitere Schwünge und Kurven entstehen durch Fenster und Eingangssituationen.
Die Wandverkleidung der dreidimensional verkrümmten, sich zur Straßenseite hin auswölbenden, ein Oberlicht bildenden Außenwand, fächert sich streifenartig zur Rundung hin auf, um sich dann wieder akkurat in der Ebene zu treffen. Die dadurch entstehende treppenartige Kontur wiederholt das Thema der versetzt vermauerten Ziegelsteine auf der Außenseite, allerdings in einem ganz anderen Maßstab. In zwei der Wandstufen wurden Einbaumöbel zum Verstauen der Chorbücher integriert. Die Aufteilung der Wand in Einzelstreifen wird durch eine Anzahl von Farbstreifen in den im ganzen Haus wiederkehrenden Farbspektrum verstärkt, die den Raum zu umkreisen scheinen. Um die vom Akustiker geforderte Nachhallzeit von 0,8 Sekunden zu erreichen wurden die Akustikpaneele mit unterschiedlich reflektierenden bzw. absorbierenden Eigenschaften entsprechend verteilt, wobei im Sockel- und Deckenbereich verstärkt absorbierende Flächen zum Einsatz kamen. Hinter der Holzwand sind an verschiedenen Stellen Tiefenresonatoren angebracht.
Die in Sälen ähnlicher Nutzung übliche ‘Schuppung’ der abgehängten Decken wurde vermieden. Stattdessen sah der Entwurf eine glatte Decke vor, an der - zur Auflösung von Flatterechos - eine Schar von wolkenartigen Diffusoren hängt, die sich mit ihrer kreisrunden Form auf die Kurven und Rundungen des Saales beziehen. Die in der abgehängten Decke versteckten Doppelfokusleuchten ermöglichen - unterstützt durch eine in den Wand- und Deckenfugen versteckte indirekte Beleuchtung - eine blendfreie Ausleuchtung des Saales, und in verschiedenen Gruppen geschaltet und gedimmt können dadurch sehr unterschiedliche Raumstimmungen entstehen.
Nach über fünfjährigen Planungs- und Bauzeit bildet die Domsingschule seit Anfang Januar für die ca. 300 aktiven Sängerinnen und Sänger, sowie als zusätzlichen Mieter das Vokalensemble des SWR, eine zweite Heimat.
Fachplaner:
Tragwerksplanung: Furche Zimmermann Tragwerksplaner, KöngenHLS-Planer: piv - Planungsingenieure, SchorndorfElektro-Planer, Blitzschutz, Aufzug: Planungsbüro TGF, JettingenAkustik und Bauphysik: Büro für Bauphysik Prof. Dr.-Ing. Hanno Ertel, StuttgartLichtplanung: Altena Lichtplanung, Christian Altena, WeinstadtGeologie: Henke und Partner GmbH Ingenieurbüro für Geotechnik, StuttgartVermessung: Vermessungsbüro Hils, Stuttgart
Aktuelle Ergebnisse, die Prämierungen aus den letzten beiden Jahren sowie die ausgelobten Verfahren in diesem Jahr inklusive Tipps zur Teilnahme finden Sie hier.