Veranstaltungsort für Tagungen, Seminare, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Foto: Henrike Stefanie Gänß
Geißwiesen 888639 Wald
MOEB-LESS - Versuch einer Umkehr
Der im Allgemeinen primär „hüllen-bildende“ Entwurfsprozess wurde umgekehrt und konsequent von „Innen-nach-Außen“ gedacht. Hierfür wurde zu Beginn eine Bestandsanalyse des Gesamtbesitzes der Bauherrschaft erstellt und in einer umfassenden Datenbank Nutzungsintervalle, Dimensionen, Materialien, Wert und Beziehung erhoben. Die statistische Auswertung identifizierte lebens- und arbeitsnotwendige Dinge mit hoher Relevanz. Diese Dinge wurden anhand einer Auswertung Nutzungszonen zugeordnet. Ziel war eine ressourcenschonende Architektur, welche Wohnen, Arbeiten und den Verzicht auf Wohnkonsum ermöglicht sowie die Interessen von Mensch, Flora und Fauna gleichberechtigt berücksichtigt.
Entstanden ist ein ca. 80 m² großer Einraum welcher ohne Wände auskommt, da Funktionszonen wie Lebens-, Arbeits- und Stauräume, durch Höhenversprünge gebildet werden. Dies ermöglicht bei minimalem Flächenverbrauch ein stattliches Raumgefühl, da der komplette Einraum von jeder Zone aus in seiner Größe erfahrbar bleibt. Möbel werden durch Modellierung der Architektur aus dieser heraus bildet und nicht mehr benötigt: MOEB-LESS.
Es wurden besonders umweltverträgliche Verfahren und Materialien eingesetzt. Das Lignin der Holzsichtoberflächen wurde mineralisch „verkieselt“, für die Unterkonstruktion der Fassade wurden rein pflanzliche Holzschutzfarben erstmalig industriell im Airbrush-Verfahren aufgetragen, emissionsfreie Tischlerplatten wurden angefertigt, eine Hanffaserdämmung mit Stützfasern aus Maisstärke eingesetzt und Recyclingmaterialien wie z. B. alte Granitrandsteine wiederverwendet. Neue Materialien, wie z. B. einen Terrazzo mit Zuschlägen aus Abfällen der Lebensmittelindustrie, Rinderknochen direkt vom Dorfmetzger, wurden entwickelt und im Fußboden verbaut. Zusammen mit dem Forst BW wurde eine 120-jährige Douglasie gefällt und vom Stammansatz bis in den Wipfel ganzheitlich für die verschiedenen Anwendungen von astfreien, raumlangen Dielen über sägeraue Fassadenlamellen bis hin zu Rindenmulch für die Außenanlagen aufgearbeitet.
Die Kubatur wurde als formal klarer Baukörper geschlossen, sodass sich die Dachfläche optimal für die solare Nutzung eignet, keine Versiegelung stattfindet und der Regen- und sommerliche Wärmeschutz sowie der Vogelschlag gelöst wurden. Auf der Anlage wurden Nisthilfen für Höhlenbrüter, Schwalben, Meisen, Mauersegler, Fledermäuse und Insekten sowie autochthone Gehölze und Hochstämme gepflanzt so dass sich eine größere Artenvielfalt als vor der Baumaßnahme eingestellt hat.
Aktuelle Ergebnisse, die Prämierungen aus den letzten beiden Jahren sowie die ausgelobten Verfahren in diesem Jahr inklusive Tipps zur Teilnahme finden Sie hier.