Veranstaltungsort für Tagungen, Seminare, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Foto: Christian Buck
Junkergasse 3-9, 10-1669126 Heidelberg-Rohrbach
EinblickDer 300 Jahre alte barocke und denkmalgeschützte Thannscher Hof mit Herrenhaus und Ökonomiegebäuden im historischen Ortskern von Heidelberg Rohrbach ist heute aus dem Dornröschenschlaf erweckt. Lange Zeit unbewohnt und unbewirtschaftet, drohte das Anwesen auf Grund von schwierigen Eigentumsverhältnissen zu verfallen.
Das Gebäudeensemble ist heute in Figur, Material und Gestaltung bewahrt und transformiert. Dabei wurde eng mit dem Amt für Baurecht und Denkmalschutz in Heidelberg und dem Landesdenkmalamt in Karlsruhe zusammengearbeitet. Die energetische Sanierung sorgt dafür, dass das Ensemble zukunftsfähig und ressourcenschonend betrieben werden kann.
Historisch betrachtet besteht es aus vier Gebäudeteilen, welche nachstehend in Art und Sanierungskonzept gesondert beschrieben werden:
I HERRENHAUSDas Herrenhaus bildet als historisches Wohnhaus das Zentrum der Anlage. Als östliche Begrenzung des Hofes wurde es 1710 auf die Grundmauern eines Vorgängergebäudes erbaut. Unter dem nördlichen Flügel zeugt davon ein etwa fünf Meter hoher Gewölbekeller. Der südliche Flügel wurde in barocker Bauweise mit damals modernen Holzfachwerk-Außenwänden ab dem ersten Obergeschoss symmetrisch ergänzt. Das Sockelgeschoss besteht aus einem robusten Sandsteinmauerwerk. Alle Wohneinheiten im Herrenhaus sind im Bestand saniert und zum Teil wieder in die ursprünglichen Strukturen zurückgebaut. Die rückwärtigen Anbauten aus den 1950er Jahren sind begradigt und nach oben mit Flachdach zur Dachterrassennutzung der Obergeschoss Wohnungen im Herrenhaus umgebaut. Alle Fenster, die in den 1980er Jahren als zum Teil Kunststofffenster, einflüglig eingesetzt wurden, sind als neue weiß lackiert Holzfenster in historisierender Weise ausgeführt. Der 300 Jahre alte Dachstuhl mit Sprengwerk aus Eichenholz des heimischen Rohrbacher Waldes ist instandgesetzt und sichtbar erhalten.
Darüber ist eine stabilisierende neue Konstruktion mit entsprechender Wärmedämmung nach aktueller Energieanforderung ausgeführt. Diese fügt sich optisch unauffällig in die Gesamtkonstruktion ein, da die aufgedoppelten Dachsparren in die am Dach-Fuß auslaufenden Aufschiebling einlaufen. Der Dachstuhl wurde mit neuen stehenden in barockem Stil erstellten Gauben ergänzt.
II STALLGEBÄUDESüdlich des Hofes wurden Anfang des 19. Jahrhunderts Stallungen erbaut. Die Massivbauten aus Sand- und Backstein mit darüberliegenden Kappen- und Holzbalkendecken wurden trockengelegt und mit substanzerhaltenden Maßnahmen in ihrer Bestandskubatur umgebaut und saniert. Da die Gebäude nicht unterkellert sind und das äußere historische Erscheinungsbild aufgrund der Denkmalschutzauflagen nicht verändert werden durfte, sind sämtliche Boden- und Wandoberflächen von innen gedämmt.
Der Boden ist mit hochwertiger starker Wärmedämmung und Fußbodenheizung ausgeführt. Die Außenwände sind von Innen mit Calciumsilikatplatten belegt. Die Dachstühle sind nach den aktuellen Forderungen der EneV ausgeführt. Die Heizung dieser vier Einfamilienhäuser sind mit Brennstoffzellen-Heizungen zur Strom- und Wärmeerzeugung ausgeführt. Jedes dieser Häuser ist in seinem Charakter eigenständig als Einfamilien-/Reihenhaus mit Flächen von circa 100-140 m² nutzbar. Die Außenwandoberflächen sind erhalten, instandgesetzt und bei neuen Holzaußenwänden mit den ursprünglichen alten Wandverkleidungen ausgeführt.
III REMISEIm 19. Jahrhundert wurde ebenso die Remise nördlich des Hofes im 19. Jahrhundert angeordnet. Das Gebäude diente der Lagerung von Maschinen und bäuerlichen Handwerksgeräten. Die mittlere erbrechtlichen Aufteilung ist aufgenommen und als Wohn-Doppelhaus umgebaut. Der massive Sandsteinsockel ist erhalten und von innen mit Calciumsilikatplatten gedämmt. Die darüberliegende Holzkonstruktion mit Holzbalkendecken und Außenwänden ist aus statischen Gründen ab- und wieder neu aufgebaut und somit energetisch hochwertig gedämmt. Die zwei Remisen-Doppelhaushälften sind wie die Stallhäuser mit einer Brennstoffzellenheizung ausgeführt und verfügen über Regenwasserspeicher unter den Vorgärten, welche für die Gartenbewässerung und die Toilettenspülung verwendet werden.
IV SCHEUNEDie große und leicht zurückgesetzte Scheune auf nordwestlicher Seite des Hofes steht in seiner kompletten Kubatur bereits auf dem benachbarten Schulhof der Eichendorff Grundschule. Wie diese wurde sie Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut. Auf Grund der grenzständigen Brandwände ist der komplette zweistöckige Sockel des Gebäudes zu Wohnzwecken nicht nutzbar und musste daher differenziert betrachtet werden. Da in der Gesamtkonzeptionierung die Möglichkeit einer Tiefgarage unter der gepflasterten Hofoberfläche nicht in Betracht kam, wurde für die notwendigen Stellplätze der neu gewonnenen Wohnfläche ein dreigeschossiges Multiparksystem als kompakte Lösung in der Scheune vorgesehen. Der Aufwand für das aus brandschutztechnischen Gründen als Stahlbetonkubus in diese Scheune eingebaute Parksystem war durch Unterfangungs- und insbesondere Instandsetzungsmaßnahmen sehr hoch. Die Abstellräume für die sechs Wohnhäuser sind hinter dem System in den übrigen Räumen des Scheunengebäudes untergebracht. Der große Scheunendachraum mit Gauben bietet zusätzlich Raum für vier kleine Wohnungen.
AUSBLICKDie Hofanlage ist in ihrem äußeren Erscheinungsbild erhalten geblieben. Dem bestehenden Gebäudeensemble wurden kaum neue bauliche Teile hinzugefügt. Die Umbaukultur ist in der Hauptsache durch Umnutzungen und Materialtransformation entstanden. Dies gilt insbesondere für die Stallgebäude und die Remise, die bei den Ergänzungsbauten und Instandsetzungen mit dem Holz der alten Scheune aufgebaut sind. Dieses ist bei den Umbaumaßnahmen des Parksystems als Betonkubus sorgfältig herausgenommen und für die weitere Verwendung gelagert worden. Die Decken und Fassaden in der Remise sind transformiert aus dem Gebälk der alten Scheune erstellt. Ebenfalls ist das alte auskragende Vordach behutsam abgebaut, gelagert und wieder aufgebaut worden. Aus dem ehemaligen Scheunentor ist die heutige Fassade der Stallgebäude entstanden. Alte Mauersteine sind gesäubert an unterschiedlichen Stellen wieder zum Einsatz gekommen und auch die neue Hofgestaltung besteht größtenteils aus altem, historischem Pflaster.
Nach Fertigstellung aller Häuser und Wohnungen ist der Hof von vielen verschiedenen Generationen bewohnt – von Neugeborenen bis Rentner:innen. Der Gutshof erstrahlt in seinem nun wieder belebten dörflichen Charakter ein besonderes Ambiente aus, welches von allen sehr geschätzt wird. Zwischen Mandel- und Birnbäumen tauschen sich heute Menschen aus und spielen, essen und leben gemeinsam.
Weitere BeteiligteTragwerk: Tragwerk Heidelberg Ingenieure Gm, HeidelbergEnergieplanung: Energieberatung Acker Ingenieur Gmb, Heidelberg
Aktuelle Ergebnisse, die Prämierungen aus den letzten beiden Jahren sowie die ausgelobten Verfahren in diesem Jahr inklusive Tipps zur Teilnahme finden Sie hier.