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Foto: Roland Halbe
Werftstraße 1068159 Mannheim
Die Turnhalle plus X als architektonisch-soziales Experiment aus Sicht des BauherrnZentraler Bestandteil des Projektes war das Bemühen der Stadt Mannheim, in einem Stadtviertel, das von einem hohen Migrationsanteil in der Bewohnerschaft geprägt ist und dessen Bürger eher den gering verdienenden Schichten der Stadtgesell-schaft zuzurechnen sind, einen Anlaufpunkt zu schaffen, der kultur-, alters- und nationalitätenübergreifend ein zentraler, gemeinsamer Ort für alle Bürger des Viertels sein kann. Aus dem Raumbedarf der Jungbuschschule für eine Sporthalle kristallisierte sich aus dem "X" als Platzhalter ein multifunktionales Raum- und Funktionsprogramm als "plus" heraus.
Die Nutzungen des neuen Zentrums – Sport und Kultur – sollen den Bürgern des Jungbuschs Gelegenheit und Raum bieten, ihren eigenen Kulturen und nationalen Besonderheiten in einem festen Rahmen Ausdruck zu verleihen und sich gegenseitig kennen und achten zu lernen. Aktivitäten und Angebote des Bürgerzentrums und der Turnhalle plus X strahlen mittlerweile über das Quartier hinaus und ziehen viele Mannheimer Bürger an.Der Bolzplatz auf dem Dach der Halle hat sich inzwischen zum beliebten Jugendtreff entwickelt. Daher ist das Projekt neben der gut gestalteten, robusten Architektur auch im Hinblick auf die Entwicklung des Stadtviertels Jungbusch ein gelungenes Werk.
Stadt Mannheim, Dezernat III, Fachbereich Bildung
Objektbeschreibung der Architekten:AufgabenstellungDie Turnhalle plus X ist ein Signalprojekt für die städtebauliche Erneuerung des Stadtteils Jungbusch in Mannheim und gleichzeitig als Schulsporthalle Teil des Entwicklungskonzepts "Schule im Stadtteil", das in unmittelbarer Nachbarschaft zu Popakademie und Musikpark den Rahmenplan der angrenzende Hafenpromenade ergänzt. Zur Steigerung der Attraktivität und zur sozialen Stabilisierung des Quartiers deckt das Gebäude nicht nur den Bedarf an Schulsport ab, sondern nimmt als multikultureller Kristallisationspunkt eine wichtige Rolle für Spiel- und Breitensport, kulturelle Veranstaltungen sowie private Feiern ein.
GebäudekonzeptMit einem minimalen Maß an Determinierung der über die Schulsporthalle hinausreichenden Funktionen ist das Gebäude innen und außen offen für eine große Bandbreite an Aktivitäten. Die Situierung des Stadtteilzentrums mit Sporthalle und Bolzplatz im Mannheimer Stadtteil Jungbusch reagiert auf den topografischen und städtebaulichen Kontext. Der Neubau ist nicht objekthaft Gebäude, sondern konstituierender Gedanke eines Raum- und Landschaftskonzepts. Ein großzügiges Plateau erweitert das Niveau der Freherstraße, die das Grundstück im Norden nach Süden abgrenzt. In entgegengesetzter Richtung schiebt sich die etwa 4 m tiefer liegende Platzfläche an der Werftstraße unter diese Ebene. Alle Nutzungen der Turnhalle plus X entwickeln sich höhengleich im Verschnitt dieser beiden Ebenen. Es bedarf keiner Treppe und keines Aufzugs. Der Anteil der Erschließungsflächen reduziert sich dadurch auf ein Minimum.Das Volumen der Sporthalle zeichnet sich ab, indem es das Plateau durchstößt. Über den Höhenversatz der Dachebenen kann der Innenraum natürlich belichtet werden. Beide Dachflächen sind über die ganze Fläche begehbar. Eine Außentreppe auf dem Plateau erschließt das Dach der Turnhalle, auf dem sich ein Bolzplatz und Streetball-Court befinden. Das Spielfeld auf dem Hallendach umhüllt ein transparentes Netz, das in seiner dreidimensionalen Form als signifikantes Zeichen in den Stadtteil und darüber hinaus wirkt. Die präzis gesetzten Kanten der Dachebenen definieren den Außenraum.
Wege und ErschließungAlle Wegbeziehungen verbinden sich auf Platzniveau in der zentralen Zugangssituation vor der Südfassade. Eine neue Achse, ausgehend von der Popakademie, verbindet die Promenade am Hafen über die Hafenstraße mit dem Stadtteilzentrum und der Schule. Die Ostfassade öffnet sich zum Schulhof der angrenzenden Jungbuschschule. Hier befindet sich ein Zugang, der direkt in die Umkleiden der Sporthalle führt.
BlickbeziehungenVielfältige Blick- und Wegebeziehungen binden das Gebäude in den Kontext des Quartiers ein. Gleichzeitig ist es über die unmittelbare Nutzung hinaus auch Objekt der Identifikation, indem es als Signal zeichenhaft über den Stadtteil hinauswirkt.
FreiflächennutzungDie Turnhalle plus X ist ein im Inneren wie im Äußeren bespielbares Objekt. Die begehbaren Dachflächen schränken die Freiflächen nicht ein, sondern weiten den öffentlichen Außenraum als Erlebnis- und Aktionsfläche auf. Die Anlage ist in Bereiche für Kinder, Jugendliche und Erwachsene zoniert, die nicht streng getrennt, aber doch räumlich differenziert sind.Der südliche Bereich vor dem Plateau ist der öffentlichen und kulturellen Nutzung im Inneren der Halle zugeordnet. Der Bürgersaal kann hier bei Festen miteinbezogen werden. Der Aufenthalt unter den Bäumen spricht vor allem Erwachsene und Familien an. Für Kinder und Jugendliche wurde der westliche Bereich der vorgelagerten Grünfläche mit Sandflächen, Geländemodellierung und Spielgeräten aufgewertet. Das Aktionsangebot ergänzt der neue Streetball-Court auf dem Dach der Turnhalle.
NutzungskonzeptÜber das sich zum Vorplatz hin öffnende Foyer des Bürgersaals werden die öffentlichen Nutzungen sowie die Sporthalle erschlossen. Sporthalle und Umkleideräume sind zusätzlich über einen separaten Zugang erreichbar, so dass bei Parallelveranstaltungen eine Überlagerung der Erschließung vermieden wird.Die Nutzungen sind schichtweise vom Vorplatz bis zur Sporthalle aufgebaut. Ein Gymnastiksaal in der Mitte dient als Schaltraum zwischen den beiden flankierenden Nutzungen. Bei größeren Festen oder Veranstaltungen kann der Bürgersaal über eine komplett öffenbare Trennwand um die Fläche des Gymnastiksaals erweitert werden. Die Sporthalle ist über große Türen für Veranstaltungen bis 400 Personen zuschaltbar.
EnergiekonzeptDas Projekt zeichnet sich durch ein vollkommen in das Ausbaukonzept integriertes und für die Nutzer nicht wahrnehm- jedoch spürbares Energie- und Haustechnikkonzept aus, das auf lange Sicht die Energieressourcen schont, die CO2-Emissionen reduziert und gleichzeitig eine hohe Aufenthaltsqualität bietet. Zur Reduzierung des Primärenergiebedarfs werden alle Räume durch eine Ersatzluftanlage mit Wärmerückgewinnung konditioniert, die sich im Winter die internen Wärmegewinne zunutzen macht und über die Nacherwärmung der Zuluft den Heizwärmebedarf weitgehend abdeckt. Lediglich die Erschließungsflächen sind mit statischen Heizkörpern ausgestattet. Die Speichermassen der sichtbaren Gebäudekonstruktion aus Stahlbetonfertigteilen sorgen für ein ausgeglichenes Raumklima, im Sommer durch Nachtkühlung, im Winter durch Speicherung der Heizenergie und der internen Lasten in den massiven Wänden und Decken. Während der Heizperiode vermindert eine wärmebrückenfreie Dämmung der Gebäudehülle die Wärmeverluste.
Gestaltungs- und MaterialkonzeptAuthentische Materialien wie Sichtbeton, Stahl und Aluminium, Glas, Holz und Linoleum stehen für Nachhaltigkeit bei Konstruktion und Ausbau, für Verantwortung zu Ökologie und Ökonomie, für Ruhe der Gestalt sowie eine Ästhetik des Schlichten und Zeitlosen.Beschichtete Flächen werden frei von modischen Strömungen zueinander in Kontrast gesetzt: Ausbauelemente wie Leichtbauwände, Vorsatzschalen, Abhangdecken, Einbaumöbel und Türen in weiß, Fassadenprofile, Außenwandbekleidungen und lose Möblierung in schwarz. Bindeglied dieses Farbkonzepts sind die unbehandelten naturgrauen Betonoberflächen der Gebäudekonstruktion und der durchgängig in warmen Rot gehaltene Linoleumbodenbelag.
GebäudehülleDer konzeptionelle Ansatz der Einbindung in die bestehende Topographie findet seine Entsprechung in der Zusammensetzung der Kubatur auf eine raumgreifende Platte, einen zentralen Kubus und eine exponierte Freiform. Unterstützt wird dieses Konzept durch die Konzentration auf wenige kostengünstige und gleichzeitig hochwertige Materialien.Die aus der Topographie heraustretende Gebäudehülle unter dem Plateau reduziert sich auf eine raumhohe, vertikal gegliederte Glasfassade auf der Süd- und Ostseite, die an den beiden Enden bündig in eine Schicht aus Gitterrosten vor geschlossenen Außenwänden übergeht. Die schwarzen Oberflächen kontrastieren mit der hellen Fläche der Sichtbetonkanten.Schwarz beschichtete Gitterroste bekleiden auch die Außenwände des Gebäudeversatzes auf Plateauebene. Diese Schicht homogenisiert die unterschiedliche Funktion und Ausbildung der wärmegedämmten Hülle als Fensterband oder als geschlossene Wand mit Wärme- und Rauchabzugsanlagen zu einer gestalterischen Einheit.Aufkantungen der Geschossdecken in hellgrauem Sichtbeton gliedern die beiden Fassadenebenen horizontal, auf Plateauebene zweiseitig auskragend, auf Ebene des Streetball-Courts mit der Außenwandbekleidung zu einem Kubus verschmolzen. Funktion und Gestaltung bilden eine Einheit.
Die Beläge der Dachflächen sind durch die Nutzung bestimmt: Das Plateau mit einem Belag aus Betonplatten, der Bolzplatz mit einer fugenlosen Asphaltdecke. Damit die Umwehrung des Plateaus von der Platzfläche aus in den Hintergrund tritt, ist sie zur Plateaufläche hin geneigt. Ein zurückhaltendes Erscheinungsbild erhält sie durch eine homogene Füllung aus Maschendraht, die zwischen zwei horizontalen Rundholmen gespannt sind.Der Bolzplatz ist ebenfalls mit einem homogenen Maschengewebe aus verzinktem Draht umgrenzt, das über Bögen aus verzinkten Stahlrohren gespannt eine plastische dreidimensionale Form bildet, bildhaft als "Krone" des neuen Stadteilzentrums interpretierbar.
Wolfgang Balbach | Michael Walkerscholl architekten partnerschaft scholl.balbach.walker
Planung: 2006-2007, Ausführung: 2007-2008Bruttorauminhalt: 11.901 m³Bruttogrundfläche: 1.690 m²Nutzfläche: 1.114 m²Kostengruppen 300 und 400: 2,5 Mio EuroKostengruppen 200 bis 600 gesamt: 2,8 Mio EuroKostenkennwerte: BRI 210 Euro/m³für Kostengruppe 300 und 400: BGF 1.479 Euro/m²alle Werte inkl. Ust. NR 2.244 Euro/m²
Aktuelle Ergebnisse, die Prämierungen aus den letzten beiden Jahren sowie die ausgelobten Verfahren in diesem Jahr inklusive Tipps zur Teilnahme finden Sie hier.