Veranstaltungsort für Tagungen, Seminare, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Foto: kraft + kraft architekten
Salinenstraße 6-1074523 Schwäbisch Hall
Orientierungssystem und Bilderfries: Ine Ilg, Büro für Kommunikation und Gestaltung, München
1847 wurde der letzte Teil, der sogenannte Weiber- und Männerbau des damaligen Gefängnisses fertiggestellt. Anfänglich für weibliche und männliche Gefangene im Jugend- und Erwachsenenalter vorgesehen, wurde es bereits ab 1876 bis 1952 als reines Männergefängnis geführt. In den 1930er Jahren und nach dem zweiten Weltkrieg wurden immer wieder Ergänzungs- und Umbauten durchgeführt. Bis zur Schließung 1996, wurde es wieder als reine Jugendstrafanstalt für männliche Gefangene genutzt. Bis zum Umbau 2010 wurden die leer stehenden Räumlichkeiten mit vielfältigen Angeboten, Nutzungen, Konzerten, Ausstellungen, usw. gefüllt. Das letzte kulturelle Angebot fand 2002 statt.
Im Zuge einer Neubebauung des Gefängnisareals wurde 2008 ein Großteil der Gebäude abgerissen. Stehen blieben Teile der Ursprungsgebäude.
2009 erhielt die Grundstücks und Wohnungsgenossenschaft (GWG) den Auftrag, das denkmalgeschützte Gebäude entsprechend den vorgelegten und abgestimmten Planungsunterlagen umfassend zu sanieren und modernisieren. Das Gesamtbudget lag bei 9,5 Mio. €.
In Zusammenarbeit mit der Stadt wurde ein schonendes Nutzungskonzept erstellt. Durch die Anordnung der Baukörper zueinander bleibt der Grundtypus des Gefängnisses nachvollziehbar, Grundrissstruktur und Ausstattung bleiben in weiten Teilen erhalten.Die 1934 zugefügten Verbindungsbauten, die den dreiteiligen 1843er Bau zu einer einzigen riesigen Baumasse werden ließ, wurden zurückgebaut und durch neue Verbinder in der Kubatur der ursprünglichen Verbindungstege von 1834 ersetzt. Dadurch entsteht mit den freigestellten Gebäuden wieder eine städtebauliche Maßstäblichkeit. Die neuen Verbindungsstege wurden in Stahl und Glas hinzugefügt.
Der gegliederte Baukörper, die Betonung der Kocheruferzone sowie die axial und symmetrisch gestaltete Fassade, ohne aufgeregte architektonische Spielereien, wirkt sich positiv auf das Stadtbild aus. Bei einem Eingriff in Maß und Umfang wie diesem gilt es, die Eigenschaften des Hauses zu respektieren. Daher waren die Ergänzungen und Erneuerungen so einzubringen, dass die Substanz nicht leidet. Die vorgefundene Bausubstanz befand sich in einem konstruktiv hervorragenden Zustand, so dass nur wenige statische Ertüchtigungen notwendig waren. Um eine Barrierefreiheit im gesamten Bauwerk zu erreichen, wurden zwei Aufzüge durch alle Geschosse eingeplant.
Die neu installierte Nachtbeleuchtung unterstreicht diese Gliederung zusätzlich. Die Rundbogenfenster werden dezent beleuchtet, die gläsernen Verbindungsbrücken strahlen in farbigem Licht.Die ursprünglich ungestrichene Putzfassde an der Westfassade erhielt einen hellen Anstrich; dies ist eine Integrierung der Gebäude in die städtische Farbgebung nach jahrzehntelanger Isolierung.Die vormals schmuckloser und einfacher gestaltete Ostseite öffnet sich jetzt zum neu gebauten Handelszentrum großzügig an den Stellen, an denen ehemals Verbindungsgänge zu anderen Gebäudeteile angeordnet waren.
Die Funktionen, die im Gebäude unterzubringen waren, sind sehr breit gefächert und stellen unterschiedliche Anforderungen: Gastronomie, Handel, Unterrichtsräume, Büros, Vortragsräume, Werkstätten. Die vorgefundene Raumstruktur bot schließlich für alles Platz.
Von Vorteil erwies sich, dass das Erdgeschoss als Skelettbau großräumig angelegt war, die größeren Zelleneinheiten auf der Westseite in den Obergeschossen - zukünftige Nutzung als Seminar- und Übungsräume, und die Dachgeschosse für größere Veranstaltungssäle- bildeten eine hervorragende Basis für den Umbau.Vorhandene Einbauten wie beispielsweise die Zellentüren wurden geschickt in das Umbaukonzept eingebunden. So sind viele von ihnen erhalten geblieben. Das Farbkonzept unterstreicht die neue Nutzung und gibt gleichzeitig Orientierung. Der Bilderfries mit Persönlichkeiten aus der Haller Geschichte und das Leitsystem unterstützen die neue Atmosphäre der Offenheit des ursprünglich so verschlossenen Hauses.
Um der denkmalgerechten Fassade Rechnung zu tragen, wurden die bestehenden Einfachverglasungen repariert und mit inneren Stahlflügeln zu Kastenfenstern ergänzt. Die Innendämmung aus Schilfrohrmatten bringt das Gebäude zusammen mit Dachdämmung und Fensterabdichtung auf EnEV-Standard.
Für alle Funktionen musste die passende Infrastruktur geschaffen werden: EDV-Verkabelung, Lüftung, Beleuchtung, Wasser, Abwasser. Einige Bauteile mussten aus statischen oder energetischen Gründen ertüchtigt werden. Alle Beteiligten fanden hierfür Lösungen, die mit der älteren Bausubstanz schonend und verantwortungsvoll umgehen.
Durch diese Vielzahl sensibler Maßnahmen verliert die JVA ihre Verschlossenheit und öffnet sich ganz subtil, ohne ihre frühere Nutzungsbestimmung zu leugnen. Die ehemalige JVA Schwäbisch Hall wurde nach fast drei Jahren Planungs- und Bauzeit am 30.03.2011 feierlich als "Haus der Bildung" zusammen mit dem angrenzenden "Kocherquartier" eröffnet.
Aktuelle Ergebnisse, die Prämierungen aus den letzten beiden Jahren sowie die ausgelobten Verfahren in diesem Jahr inklusive Tipps zur Teilnahme finden Sie hier.