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Arbeitskreis Architektenrecht der Deutschen Gesellschaft für Baurecht tagte in Stuttgart
Das neue Architektenvertragsrecht, das am 1. Januar 2018 in Kraft trat, führte zu zahlreichen Neuerungen im BGB, die insbesondere Architektinnen und Architekten unmittelbar betreffen. Grund genug für den Arbeitskreis Architektenrecht der Deutschen Gesellschaft für Baurecht in einer Veranstaltung am 15. März 2018 im Haus der Architekten in Stuttgart über zwei besonders relevante Änderungen zu diskutieren.
Alfred Morlock, der langjährige Geschäftsführer und Justiziar der Architektenkammer Baden-Württemberg, der nun den Vorsitz des Arbeitskreises innehat, zeigte in seinen Eingangsworten auf, dass insbesondere die neu in § 650p Abs. 2 BGB aufgenommene Zielfindungsphase in Juristenkreisen heftig diskutiert wird. Ist mit dieser Regelung nun eine „Leistungsphase 0“ gemeint, in der ein Architekt den unentschlossenen Bauherrn berät und dafür ohne HOAI-Bindung ein Honorar erhält? Oder handelt es sich vielmehr um Leistungen aus den Leistungsphasen 1, 2 und ggf. 3, die schon jetzt von der HOAI erfasst sind und mit denen ein Sonderkündigungsrecht in die Architektenverträge Einzug hält? Ersteres wäre positiv für die Architektinnen und Architekten, letzteres eine Verschlechterung der bisherigen Rechtsposition.
Zielfindungsphase soll zu Honorar führen
Mit Wolfgang Riehle, dem Ehrenpräsidenten der Architektenkammer, konnte der Arbeitskreis einen profunden und kenntnisreichen Experten als Referenten gewinnen. Riehle hatte maßgeblich die Änderungswünsche aus der Architektenschaft zu den damaligen Regelungen im BGB an das zuständige Bundesjustizministerium herangetragen und das Gesetzgebungsverfahren als Vertreter der Bundesarchitektenkammer begleitet. Spannend wie ein Krimi erläuterte er den langwierigen und schwierigen Gesetzgebungsprozess. Deutlich wurde bei seinen Ausführungen, dass der Gesetzgeber Gutes für Architekten im Sinn hatte: Die Zielfindungsphase wurde eingeführt, um bisherige Leistungen, die ein gutmütiger Architekt oftmals kostenlos erbracht hat, unter einen Vertragsschirm zu spannen und damit auch eine Vergütungspflicht auszulösen. Die Zielfindungsphase beinhalte gerade nicht die üblichen Leistungen aus den Leistungsphasen 1 oder 2, sondern sei zeitlich davor anzusetzen.
Sowohl Architekt als auch Bauherr können sich zu diesem frühen Zeitpunkt gegenseitig kennenlernen und – ohne einen vollständigen Architektenvertrag verbindlich eingehen zu müssen – prüfen, ob sie zusammenarbeiten wollen. Leistungen, die zu diesem frühen Zeitpunkt bereits vom Architekten mit Wissen und Wollen der Bauherren erbracht wurden, fallen dann unter einen Zielfindungsphasenvertrag und sind vergütungspflichtig. Riehle riet dazu, so früh wie möglich zu prüfen, ob die Chemie zwischen Bauherrschaft und Architekten stimmt. Diese Chance böte sich nun noch mehr an. Letztlich gehe es vor allem darum, die Vorgaben für die Planung und den damit geschuldeten Erfolg zu definieren.
In einer nachfolgenden Diskussion wurde die Frage gestellt, welche Leistungen der Architekt in der Zielfindungsphase für den Bauherrn zu erbringen hat. Im Gesetzestext wird von der Anfertigung einer Planungsgrundlage und einer Kosteneinschätzung gesprochen. Als Planungsgrundlage bezeichnet die Gesetzesbegründung unter anderem das Erstellen einer Skizze. Riehle erläuterte, dass unter solchen Skizzen graphische Hilfsmittel zu verstehen sind, die zur Klärung von Sachverhalten dienen. Sie wären allerdings keine Planungen und würden daher keine planerischen Lösungsvorschläge beinhalten. Einig waren sich die Teilnehmenden darin, dass mit der Planungsgrundlage nicht generell die Bedarfsplanung in der DIN 18205 gemeint ist. Hier würde man zum Beispiel bei einem Wohnhaus sonst mit Kanonen auf Spatzen schießen, erklärte Riehle. Ein Teilnehmer fasste die Diskussion mit den Worten zusammen, dass es in der Zielfindungsphase um das Abfragen von Eigenschaften geht, die ein Bauvorhaben beinhalten soll, nicht aber schon um konkrete Planungen.
Neues Anordnungsrecht
Nach den Ausführungen des Ehrenpräsidenten folgte ein Referat des renommierten Stuttgarter Architektenrechtlers Dr. Andreas Digel. Der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht hatte in der juristischen Zeitschrift „Baurecht“ einen Aufsatz zum neuen Anordnungsrecht veröffentlicht, der in der Fachwelt positiv aufgenommen wurde. In der Veranstaltung referierte Digel ebenso über das neue Anordnungsrecht, das in § 650b BGB steht. Bislang gab es allein in der VOB/B ein normiertes Anordnungsrecht. Mit dem neuen Anordnungsrecht im BGB hat die Bauherrschaft die Möglichkeit, bestimmte Änderungen von zuvor vertraglich vereinbarten Leistungen notfalls einseitig sowohl gegenüber Architekten als auch gegenüber Bauunternehmern durchzusetzen. Digel wies darauf hin, dass der Gesetzgeber grundsätzlich von einer Einigung der Parteien ausgehen würde und nur im Fall des Scheiterns das Anordnungsrecht bestände. Für Juristen sei allerdings genau dieser Teil spannend: Was passiert, wenn sich die Parteien nicht auf die geänderte vertragliche Leistung einigen können?
Mit dem Anordnungsrecht verbunden ist gleichzeitig eine Regelung über eine Bezahlung des Bauunternehmers oder des Architekten. Digel begrüßte diese Regelung, denn wer anordnet, muss auch bezahlen können. Zukünftig erhält der Bauunternehmer oder Architekt, der eine angeordnete Leistung auszuführen hat, einen Kostenvorschuss von 80 Prozent. Nicht auszuschließen sei, so Digel, dass die pauschale 80-Prozent-Regelung für Mondpreis- Abschlagszahlungen missbraucht werden könne. An den interessanten und kenntnisreichen Vortrag von Digel schloss sich eine weitere Diskussion zum Anordnungsrecht an.
Alfred Morlock verabschiedete die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit der Ankündigung, dass im Herbst die nächste Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Baurecht stattfinden wird. Auch diese beschäftigt sich mit dem neuen Architektenvertragsrecht. Der Arbeitskreis wird dann in Berlin tagen.