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Die Kluft zwischen veröffentlichten Normen des DIN e.V. ("Deutsches Institut für Normung"), aber auch anderer privatrechtlicher Organisationen, Verbände und Vereine, als technische Regelsetzungen und den in juristischem Sinne bedeutsamen "allgemein anerkannten Regeln der Technik" wurde gerade in letzter Zeit zunehmend größer. DIN-Normen und andere Regelwerke sind keineswegs von vorneherein mit anerkannten Regeln der Technik gleichzusetzen, wie dies leider allzuhäufig in der Praxis geschieht.
Besonders befördert hat dieses Auseinanderdriften die Vielzahl auf europäischer Ebene erstellter Normen, die aufgrund der vertraglichen Verpflichtungen zwingend in das nationale Normenwerk zu übernehmen sind und z.T. jahrzehntelang bewährte und fortgeschriebene deutsche Normen ersetzen, inzwischen allerdings bereits über 80 Prozent der Veröffentlichungen im DIN ausmachen. Damit geht jedoch zunehmend insbesondere auch die angenommene, jedoch widerlegbare Vermutungswirkung verloren, dass eine DIN-Norm die allgemein anerkannten Regeln der Technik nach deutschem Recht abbildet.
Bei Rechtsstreitigkeiten über die mangelfreie Erfüllung des Vertrags und in gerichtlichen Bauprozessen stellt der Sachverständige die für den jeweiligen Gegenstand relevanten allgemein anerkannten Regeln der Technik fest. Bereits bisher wurde dabei häufig verkannt, dass nicht eine Norm selbst "allgemein anerkannte Regel der Technik" ist, sondern sie nur bestenfalls mit ihrem Inhalt, häufig auch nur mit einzelnen Teilen davon, diesen juristisch geschuldeten Standard widergibt. Vor diesem Hintergrund ist umso erfreulicher, dass nun der 6. Deutsche Baugerichtstag am 3. und 4. Juni 2016 das Thema "Normung" aufgegriffen hat. Unter dem Titel "DIN-Normung vor europäischen und internationalen Herausforderungen: Rechtliche Legitimation, Kontrolle, Verfügbarkeit" diskutierten in Hamm (Westfalen) Juristen, Sachverständige und Architektenvertreter als Experten in einem der dort durchgeführten zehn Workshops verschiedene Thesen. Zum Abschluss wurden zehn Empfehlungen zur Normung beim DIN e.V. – einstimmig oder zumindest mit überwältigender Mehrheit – beschlossen. Diese richten sich zum einen direkt an den DIN e.V. wie z.B. die Forderung, für eine anwenderfreundlichere Gestaltung von Normen zu sorgen. Aber auch der Gesetzgeber und die Verwaltungen in Bund und Land wurden adressiert:
Die beschlossenen Empfehlungen des Baugerichtstags sind im Internet veröffentlicht und das Gesamtergebnis ist hier als pdf-Datei abrufbar.
Die Diskussion in Hamm löst zwar noch lange nicht die mit der zunehmenden Komplexität des Planungsprozesses und Baugeschehens immer größer werdenden Probleme in der Anwendung von Normen als technische Regeln einerseits und der Umsetzung des rechtlich geschuldeten Standards andererseits. So bleibt beispielsweise nach wie vor die Frage offen, wie denn der Planer die geschuldeten allgemein anerkannten Regeln der Technik – vor deren Feststellung durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen im Mangelprozess – tatsächlich verlässlich identifizieren kann. Aber die nun erfolgte Verortung des Themas bei den maßgeblichen Juristen könnte der Einstieg in eine konstruktive Neustrukturierung unserer Regelungssystematik im Bauwesen sein. Es bleibt zu hoffen, dass damit sowohl die maßgeblich Beteiligten – Planer, Sachverständige, aber auch Juristen – zunehmend sensibilisiert werden als auch die Diskussion – bei DIN e.V., Bund und Länder sowie den Experten als interessierten Kreise – weitergeführt wird.