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Im Vorfeld der Landtagswahlen hat die AKBW Wahlprüfsteine entwickelt, die bei der Landesvertreterversammlung am 27. November 2020 zur Diskussion und Abstimmung standen.
Sie basieren insbesondere auf den Positionen der Kammer-Strategiegruppen, aber auch auf den Anregungen aus den Kammerbezirken sowie der Initiative "Architects for Future", mit der sich die AKBW seit einigen Wochen in intensivem Austausch befindet. Gegenstand sind die großen Themen des Planen und Bauens in Baden-Württemberg: Klima und Nachhaltigkeit, Wohnen und Arbeiten, Verfahrensweisen und Bürokratieabbau sowie die Stärkung der Baukultur.
Ein Schwerpunkt des 17-seitigen Papiers liegt auf der zukunftsfähigen ökologischen Ausrichtung des Bausektors. Dazu gehört, alle klimarelevanten Auswirkungen von Bauprodukten und Bauweisen, auch der vorhandenen Gebäudesubstanz, anhand von Lebenszyklusbetrachtungen und Bewertungsmodelle und Berechnungsmodelle einzubeziehen. Die Förderungen im Klimaschutz sollen gestärkt und gebündelt werden, außerdem gilt es dem Flächenverbrauch und der Zersiedelung mit starken Maßnahmen einen Riegel vorzuschieben.
Damit Kommunen flächendeckend eine aktive Bodenpolitik betreiben können, wird gefordert kurzfristig das Volumen des Grundstückfonds aufzustocken. Denn Boden ist der Schlüssel für bezahlbares Wohnen und darf nicht länger als beliebiges Wirtschaftsgut betrachtet werden. Im Kompetenzzentrum Wohnen, dessen Einrichtung ausdrücklich begrüßt wird, müssen künftig alle Fäden in der Wohnraumfrage zusammenlaufen.
Zahlreiche Delegierte meldeten sich per Video zu Wort, als es beim Bauen im Bestand um veraltete Bebauungspläne ging. Sie sollten laut Vorlage nach 50 Jahren automatisch außer Kraft treten. Stattdessen votierten die Landesvertreterinnen und -vertreter sogar mehrheitlich für eine noch kürzere Frist von lediglich 25 Jahren. Übergangsweise soll dann § 34 BauGB gelten.
Das heutige Planungsrecht wird in den Wahlprüfsteinen als nicht mehr zu einer modernen Wirtschaft passend angeprangert. Statt der bisherigen Trennung von Arbeiten und Wohnen müssen sich die klassischen Gewerbegebiete öffnen und zu einem vollwertigen urbanen Teil der Stadt werden. Zeitgemäß sind integrierte Quartiere, mehrgeschossig, mit Nutzungsmischung und integrierten Verkehrskonzepten. Und auch der Breitbandausbau gehört dringend auf die Agenda: Viele Planungsbüros sind in Wohngebieten verortet und auf den Transfer großer Datenvolumina angewiesen.
Neben verbesserten Instrumenten für die Bürgerbeteiligung finden sich in dem Forderungskatalog auch neue Planungs- und Genehmigungsprozesse. Ziel müssen effiziente Verfahren auf allen Maßstabsebenen der Stadtentwicklung sein. Dafür werden eine Stärkung der Regionalverbände zwischen der Landes- und Gemeindeebene und die Schaffung von interkommunalen Planungsmechanismen vorgeschlagen.
Vorgeschlagen wird darüber hinaus ein Bauministerium als Koordinierungsstelle für interministerielle Arbeitsgruppen. Denn der momentane Zuschnitt derjenigen (acht) Ressorts, die im weiteren Sinne fürs Bauen zuständig sind, erschwert ein effizientes Arbeiten. Ebenfalls auf der Wunschliste der Architektenkammer stehen die Aufstockung qualifizierten Personals in den Bauämtern sowie die Reduzierung der Gebühren, wenn die Fristen beim Bauantraggenehmigungsverfahren überschritten werden. Ziel ist die Einhaltung der Fristen um schneller zur Baugenehmigung zu kommen. Diesen Punkten stimmten die Delegierten jeweils mit großer Mehrheit zu.
Mit nur einer Stimme unterlag dagegen der Ergänzungsvorschlag der Architects for Future, im Studium verpflichtend einen Schwerpunkt auf klima- und kreislaufgerechtes Bauen zu legen - manche hatten wohl die Befürchtung, dass dann andere wichtige Aspekte des Bauens an Aufmerksamkeit einbüßen. Einig war man sich aber, dass die Voraussetzung für die Eintragung in die Architektenliste ein fünfjähriges Studium sein muss, wie es auch die EU fordert, sowie Pflicht-Praktika.
Um dem Fachkräftemangel in den Baurechts- und Fachämtern entgegenzuwirken, fordern die Wahlprüfsteine eine marktgängige Vergütung der Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplanern: Sie sind grundsätzlich im höheren Dienst einzugruppieren. Außerdem sollten die Amtsleitungen in den Baurechtsämtern immer aus der Reihe dieser Berufsgruppe kommen, um die notwendige fachliche Expertise zu sichern.
Die Wahlprüfsteine enden mit einem eindringlichen Plädoyer für den Planungswettbewerb nach RPW als verbindliche Grundlage bei der Vergabe. Für öffentliche Auftraggeber ist er der einzig richtige Weg, um qualitativ hochwertige, nachhaltige, kostengünstige und unterschiedliche Planungsvorschläge zu erhalten. Aber auch unterhalb des EU-Schwellenwertes sollten geeignete Wettbewerbsverfahren zur Anwendung kommen. Darüber hinaus dringt die Architektenkammer darauf, endlich ein landesweites Forum für Baukulturvermittlung umzusetzen.
Jeder einzelne Baustein der Wahlprüfsteine stand im Laufe der Landesvertreterversammlung zur Abstimmung. Am Ende konnte das Gesamtwerk mit nur einer Gegenstimme eine überwältigende Mehrheit der Delegierten hinter sich versammeln. Noch vor der Weihnachtspause wird es nun den Parteien zugesandt - verbunden mit der Bitte um Gesprächstermine Anfang des Jahres.
Wahlprüfsteine zur Landtagswahl 2021