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Es ist eine Erfolgsgeschichte: Seit 20 Jahren gibt es in der Architektenkammer Baden-Württemberg (AKBW) die Architekt*innen und Stadtplaner*innen im Praktikum (AiP/SiP), seit fünf Jahren dürfen sie sich als gewählte Vertreterinnen und Vertreter auf Bezirks- und Landesebene berufspolitisch engagieren und setzen sich für die Interessen des berufsständischen Nachwuchses ein. Am 17. Oktober feierten sie im Haus der Architekten in Stuttgart ihr Jubiläum, ließen die Erfolge der Vergangenheit Revue passieren und warfen einen Blick in die Zukunft.
Das Modell der AKBW ist bundesweit einzigartig. "In keiner anderen Kammer sind die jungen Kolleginnen und Kollegen auf diese Weise in den Gremien vertreten - geschweige denn mit einem Sitz im Landesvorstand", unterstrich Kammerpräsident Markus Müller bei seiner Einführung in den Festabend vor knapp 100 Gästen. Noch. Denn die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen möchte ihre Struktur - inspiriert durch das baden-württembergische Modell - in eine ähnliche Richtung ändern. Das ermutigt, so Müller, den eingeschlagenen Weg in Richtung Zukunft weiterzugehen. Er ermunterte die Anwesenden, sich in der Gremienarbeit zu engagieren. Denn die trägt Früchte: Vor kurzem wurde auf Antrag der AiP/SiP beschlossen, die bisher etwas irritierende Berufsbezeichnung zu ändern. Bis zur offiziellen Eintragung sollen Kammerneulinge nicht mehr "Architekt*in/Stadtplaner*in im Praktikum" sondern "Junior-Architekt*in/Stadtplaner*in" heißen. Lediglich die Gesetzesänderung steht noch aus. Das zeigt - bald auch nach außen - welch hohen Stellenwert der Nachwuchs in der Kammer hat.
Ein Jubiläum ist immer auch Anlass zum Rückblick: Was wurde aus den AiP/SiP der ersten Stunde? Nach dem Studium an der Universität Stuttgart vor 20 Jahren war für Prof. Philipp Dechow, erster Referent des Abends, klar: Er wird nicht in Stuttgart bleiben und er wird Architekt, nicht Stadtplaner. Zunächst als Architekt in Hamburg tätig, dann - mit 29 Jahren - als Gastdozent für Städtebau an der Hanyang Universität in Seoul (Korea), ist er heute Professor für Städtebau am ISA Internationales Stadtbauatelier an der Hochschule für Technik in Stuttgart. Er gilt eben immer noch, der Spruch: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Warum braucht es eine Praktikumszeit? Und was bringt die Eintragung in die Kammer überhaupt? Diese Fragen stellte sich Hannes Bäuerle, Bäuerle Landschaftsarchitektur + Stadtplanung, vor rund zehn Jahren. Er durchlief gleich zwei Mal die Praxisphase inner-halb der Architektenkammer: zuerst als Landschaftsarchitekt, dann als Stadtplaner. Seine Antworten präsentierte er dem anwesenden Publikum: Es sind die "Basics für die Selbstständigkeit". Berufserfahrung ist nur in der Praxis und nicht im Studium zu sammeln. Die AiP/SiP-Zeit war dafür optimal, da der junge Absolvent nicht gleich voll ins kalte Wasser springen musste. Auch die Bauvorlageberechtigung, die Mitgliedschaft im Versorgungswerk und die Möglichkeit, Teil einer beruflichen Interessenvertretung zu sein, sind starke Argumente. Und nicht zuletzt gaben ihm die Teilnahme an Planungswettbewerben während der AiP/SiP-Zeit die Möglichkeit, auch in diesem Bereich frühzeitig Erfahrungen zu sammeln und gezielt von der erfahrenen Planerschaft zu lernen.
Auch Svetlana Normantovich, aktuell Architektin im Praktikum bei Haascookzemmrich Studio2050, kam nach dem Studium die AiP-Zeit genau richtig, um in der frühen Praxisphase herausfinden zu können, was sie machen möchte. "Zeichnen, Entwerfen, wo liegen wirklich meine Stärken?" Im Studium hatte sie all das kennengelernt. Sogar an unterschiedlichen Orten: Moskau, Mailand und jetzt Stuttgart. In der Praxiszeit kann sie das Erlernte nun im Alltag erproben.
Einen Blick in die Zukunft der Arbeitswelt warf Ulrich Maier von Vitra Work. Wie sieht die Arbeit von morgen aus? Wie kann künstliche Intelligenz dabei helfen? Warum sind Büromöbel so wichtig für das Büro der Zukunft? Neue Arbeitswelten verlangen nach flexiblen Möbeln, die sich je nach Projekt neu nutzen, verstellen oder umfunktionieren lassen. Sie unterstützen agiles Arbeiten und sind greifbare Beispiele für einen spürbaren grundlegenden Wandel der Arbeitsweisen in den letzten Jahren: Wir arbeiten interdisziplinärer und digitalisiert. Flexibilität ist das Zauberwort. Deshalb arbeitet Vitra beispielsweise auch am Konzept der Möbelnutzung auf Zeit - anstelle von Kauf und anderen Finanzierungsmodellen. Künftig wird sicherlich auch die sogenannte Work-Life-Balance noch stärker im Fokus stehen.
Der Blick in die Zukunft setzte sich in der an die Vorträge anschließenden Podiumsdiskussion mit allen Referentinnen und Referenten fort, moderiert von Maximilian Bamme, AiP/SiP-Landesvertreter, und Sascha Geiser, ebenfalls Landesvertreter - ehemals auch für die AiP/SiP. Die Quintessenz: Eine generalistische Ausbildung ist von großer Bedeutung für den Berufsstand. Dafür und für einen nachhaltigen Erfolg in der Praxis ist das lebenslange Lernen eine essentielle Grundlage. Jeder und jede sollte über den eigenen Tellerrand hinausdenken und interdisziplinär handeln. Wie findet man schnell die beste Lösung? Ganz einfach: Auf die eigenen Stärken fokussieren und ein persönliches Netzwerk aufbauen. Man muss nicht alles können. Es reicht, wenn man weiß, wo man Hilfe findet. Das lernt man übrigens auch erst aus (Berufs-)Erfahrung.