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Nach einem Jahr intensiver Vorbereitung durch das AiP- und SiP-Netzwerk war es soweit: Am 25. Juni 2021 ließen sich etwa 100 Teilnehmende einen Tag lang von den Zukunftsvisionen aus einer zeitgemäßen, internationalen und vor allem unverbrauchten Perspektive junger Architekt:innen und Planer:innen inspirieren.
Die tiefgehende Auseinandersetzung mit den Fragen und Herausforderungen der Zukunft einte all die vorgestellten Initiativen, Netzwerke und Projekte und bot vielfach überraschende Antworten. Denn es blieb dort nicht bei einem kritischen Blick auf die heutige Situation, sondern es wurde mit kreativen Ansätzen und Respekt vor Natur und Gesellschaft weitergedacht. Sehr deutlich wurde gerade auch durch die Internationalität der Konferenz, dass man bei der Suche nach Lösungen für die Zukunftsfragen nicht allein ist und die Zusammenarbeit in den weltweiten Netzwerken nicht nur überaus spannend, sondern unbedingt erforderlich ist.
Die Gestaltung des Wandels in Gesellschaft, Stadt und Mobilität war Thema in dem Panel LIVING mit Countdown 2030 (Basel), Planersocietät (Dortmund), Stadtlücken (Stuttgart) und brandlhuber+ (Berlin). Über das große, wenn auch oft unterschätzte, Potenzial der Architekt:innen und Stadtplaner:innen als Akteure des Wandels war man sich einig und ebenso, dass dieses vom Berufsstand nicht immer genutzt wird. Insbesondere die Architekturausbildung müsse sich stark ändern, werde dort doch oft immer noch auf der grünen Wiese entworfen – statt Umbau des Bestands und Nachverdichtung zu planen. Diskutiert wurde, ob man überhaupt noch bauen sollte. Mit der an Kürze und Eindrücklichkeit kaum zu überbietenden Antwort „Ja, aber baut keinen Scheiß!“ zitierte Conrad Paul Kersting (countdown 2030) die Initiative Architects for Future. Die Forderung bleibt bestimmt allen Konferenzgästen in Erinnerung. Im Sinne der Grundsatzfrage „Wem gehört die Stadt?“ müsse darüber hinaus bedacht werden, auf welchen Grundstücken wir bauen. Die bestehenden legislativen Mittel für eine gerechtere Bodenpolitik werden bisher noch wenig genutzt. Hier gilt es Aufklärungsarbeit zu leisten und Kommunen beispielsweise auf das Instrument der Konzeptvergabe aufmerksam zu machen. Wie wichtig öffentliche Räume mit Sitzgelegenheiten ohne Konsumzwang sind, hat uns allen die Corona-Krise gezeigt. Dabei sollte es auch Experimentierräume geben, damit Aktionen wie das Stadtlücken-Projekt „Österreichischer Platz“ in Stuttgart die Möglichkeiten unserer Städte aufzeigen können. Auf erstaunlich großes Interesse im Chat stieß das Thema der Mobilität. Während Radfahren bereits zum Lifestyle geworden ist, hält die Selbstverständlichkeit des Autofahrens weiterhin an. Für den entscheidenden Schritt weg von der Monomodalität gilt es Akteure zu gewinnen, aufsuchende Formen der Beteiligung durchzuführen und Akzeptanz zu erreichen.
WORKING, das zweite Panel mit kontextur (Leipzig), Nexture+ (Berlin), CURIOUS ABOUT (Karlsruhe) und Architectural Affairs (Lissabon), öffnete den Blick auf die Zukunft der Nachwuchsarchitekt:innen und Planer:innen in Ausbildung und Beruf. Gemeinsam wurde gefordert, dass der Nachwuchs seine Themen selbst in die Hand nehmen müsse! Nexture+ stellte fünf Gründe für eine friedliche Nachwuchs-Revolution vor: Die Zeit der Meister sei vorbei, der Abschluss habe Wert, man müsse aber auch für den Beruf kämpfen, denn die Zukunft brauche ihn und es sei Zeit für eine (Nachwuchs-)Lobby. Eine geplante Umfrage unter Studierenden und Absolventen könne Argumentationshilfen für Gehaltsfragen oder die Überstundenproblematik in der Phase des Berufseinstiegs bieten. Die Zukunft der Berufspraxis werde viel vernetzter und digitaler, freier, kollaborativ und weit gefächert sein. Man müsse raus aus der Komfortzone und mehr Kooperationen mit ganz vielen unterschiedlichen Disziplinen eingehen. Treffend und irgendwie auch überraschend resümierte Florian Bengert (CURIOUS ABOUT) in Bezug auf das Projekt Superstructure Homeoffice: Die gezeichnete Linie sei ein einfaches, aber kritisches Instrument unserer Profession. Er appellierte außerdem, Architektur nicht nur als Tätigkeit innerhalb einer Profitbranche und als reine Dienstleistung zu definieren.
Einen Ausflug in digitale Welten und experimentelle Ebenen bot das Panel BUILDING mit nÙNDO (Madrid), mamou-mani (London), BioMat (Stuttgart/Kairo) und iheartblob (Wien). Die Zusammenarbeit vieler Disziplinen stellt den Schlüssel für Innovationen dar, von denen der Berufsstand stark profitiert. Dies zeigte sich sowohl bei der experimentellen Entwicklung neuer nachhaltiger Baustoffe als auch bei den digitalen oder virtuellen Projekten. Damit die Innovationen zum Wohle aller beitragen können, müssten die Erkenntnisse und Daten in open-source- oder open-data-Formaten veröffentlicht werden, um das Wissen allen zugänglich zu machen. Kritisch angemerkt wurde, dass die unterschiedlichen Terminologien der Disziplinen oft das gegenseitige Verständnis erschweren. Wichtig sei bei allem eine Offenheit für verschiedene neue Wege, basierend auf dem jeweiligen Background der Fachleute, Nutzerinnen und Nutzer oder der Zivilgesellschaft.
Mit Blick auf den rasant fortschreitenden Klimawandel mag man sich fragen, ob uns überhaupt noch Zeit für Experimente bleibt. Nach dem Tag voller kreativer und erfrischender Ansätze war allerdings klar: Unsere einzige Chance liegt im Experimentieren, ein Verharren im Status quo wäre fatal. Doch zurück zu der Forderung „Baut keinen Scheiß!“: Wie soll man denn nun bauen? Antworten zeigten sich in den vorgestellten Projekten, beispielsweise flexibel und mit Einbindung der Zivilgesellschaft zu bauen oder auch mal nicht zu bauen und kritisch zu hinterfragen, ob deklarierte Nachhaltigkeit auch tatsächlich nachhaltig ist.
Wissen, Vernetzung und Hoffnung für die berufliche Zukunft – der Tag war eine wunderbare Gelegenheit eine große Bandbreite an Nachwuchs-Netzwerken, Plattformen und Projekten kennenzulernen, zumal leider keine entsprechende Übersicht existiert, vielleicht eine zukünftige Aufgabe der Architektenkammern? Sara Vian wünschte sich als Vorstandsmitglied für die Architekt:innen und Stadtplaner:innen im Praktikum, dass die jungen und frischen Ideen und Stimmen des Kongresses in der Kammer auch weiter präsent sind und sich Einige beispielsweise für die Kammerwahlen im kommenden Jahr aufstellen lassen!
Morgen startet heute, daher nicht nur über Wandel sprechen, sondern in diesem Sinne handeln und die Zukunft mitgestalten!
Mirjam Schnapper aus Stuttgart vertritt seit 2022 die AiP/SiP im Landesvorstand.
Das IFBau bietet für AiP/SiP ein umfangreiches Seminarprogramm, das nach Inhalt und Art der Themenvermittlung besonders für die Belange von Berufsanfängern geeignet ist.