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Der Bundestag hat der Streichung des § 3 Absatz 7 Satz 2 VgV zugestimmt. Was technisch klingt, bedeutet massive Umwälzungen und Verwerfungen am Planungsmarkt. Durch die Streichung werden künftig alle Planungsleistungen zusammengerechnet. Dies führt dazu, dass die Planungsleistungen aller öffentlichen Bauvorhaben ab etwa 860.000 Euro an Baukosten europaweit ausgeschrieben werden müssen. Gemeinsam mit dem Städtetag BW und dem Gemeindetag BW wandte sich die AKBW an das Land mit der Bitte, dem Gesetzentwurf im Bundesrat nicht zuzustimmen.
Hintergrund ist die Verordnung "zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen", die zum Ziel hat, Grundregeln zur (digitalen) Erstellung und Übermittlung von Bekanntmachungen nach europaweitem Standard zu definieren und nationale Besonderheiten zu nivellieren. Damit sollen angebliche Beschränkungen im Binnenmarkt abgeschafft werden, argumentierte Sandra Deser (MdB, Bündnis 90/Die Grünen) beim Europaseminar der BAK. Zur Durchsetzung der Verordnung hat die europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.
Einer der nationalen Besonderheiten ist §3, Absatz 7, Satz 2 VGV (und folglich auch § 2 Abs. 7 Satz 2 SektVO sowie § 3 Abs. 7 Satz 3 VSVgV): "Bei Planungsleistungen gilt dies [die Zusammenlegung aller Lose zu einem Gesamtwert; Anm. d. R.] nur für Lose über gleichartige Leistungen.". Sprich: Durch Streichung müssen alle Planungsleistungen bei der Auftragswertbewertung zusammengerechnet werden. Dies wird dazu führen, dass die Planungsleistungen für alle öffentlichen Bauvorhaben mit Kosten ab etwa 860.000 Euro europaweit ausgeschrieben werden müssen.
Der Verweis auf die Marktbarrieren ist wahrscheinlich nur die halbe Wahrheit. Im langjährigen Mittel werden unter 1% der ausgeschriebenen Planungsleistungen ins Ausland vergeben. Rund 92% der Büros gibt an, sich nicht an Verfahren im Oberschwellenbereich zu beteiligen. Der Wettbewerb wird also kaum gestärkt. Es geht eher um die Furcht einer weiteren Niederlage vor dem EuGH:"Würden [...] keine Anpassungen des nationalen Rechtsrahmens vorgenommen, droht mit sehr großer Wahrscheinlichkeit eine Klage der Europäischen Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof und ein dortiges Unterliegen. Ein weiteres Zuwarten ist angesichts der erheblichen rechtlichen und auch finanziellen Risiken sowie des Bestrebens, nationale Regelungen im Einklang mit dem EU-Recht zu halten, nicht sinnvoll", heißt es in der dazugehörigen Drucksache.
Angelehnt wird diese Argumentation an das HOAI-Urteil. Diese Schlussfolgerung teilen Architektenkammer, Städtetag Baden-Württemberg und Gemeindetag Baden-Württemberg ausdrücklich nicht, wie sie im gemeinsamen Positionspapier darlegen: "Es dürfte einmalig sein, dass sich ein Mitgliedstaat von dritter Seite vorschreiben lässt, seine als rechtmäßig erkannte nationale Gesetzgebung zu ändern. Es sollte nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass der EuGH im Sinne der Kommission urteilen würde".
Bundesarchitektenkammer (BAK) sowie die Städte und Gemeinden kämpfen bereits seit Bekanntwerden des Vertragsverletzungsverfahren gegen diese widersinnige Streichung, die im Übrigen deutsche Planerinnen und Planer im europäischen Vergleich benachteiligt, weil im Ausland lediglich das Design und nicht die weiteren Leistungsphasen der Planung zugerechnet werden. Bereits 2019 wandt sich die BAK gemeinsam mit der Bundesingenieurskammer (BIngK) an den damaligen Wirtschaftsminister, Peter Altmeier. Widerkehrende Appelle an die Politik verhallten. Der Bundestag hat am 27. April 2023 zugestimmt. Der Bundesrat entscheidet am 16. Juni 2023. Der gemeinsame Appell von AKBW, Städtetag BW und Gemeindetag BW an Ministerin Nicole Razavi, MdL, und Staatssekretär Rudi Hoogvliet als Bevollmächtigter beim Bund ist der letzte Versuch die resultierenden Umwälzungen am Planungsmarkt abzuwenden. Die Erfolgsaussichten sind allerdings gering.
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