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Als wir im Dezember 2019 mit dem Erfahrungsaustausch Gestaltungsbeirat in Pforzheim zu Gast waren, zogen bereits graue Wolken auf, doch niemand hätte damit gerechnet, dass bereits am 28. Januar 2020 der Pforzheimer Gestaltungsbeirat durch einen Gemeinderatsbeschluss auf Eis gelegt wird. Was war passiert?
Vor dem Hintergrund einer Diskussion über erforderliche Bademöglichkeiten der Bevölkerung in Frei- und Hallenbädern machte man das Gremium verantwortlich für Planungsverzögerungen und vor allem als Investorenabschreckung. Die Verwaltung wurde zudem beauftragt, "eine Satzungsänderung für eine Neuorganisation des Gestaltungsbeirats für eine architektonisch und städtebaulich hochwertige Stadtplanung und -gestaltung dem Gemeinderat [...] vorzuschlagen, die in besonderem Maße den Herausforderungen des großen Wachstumsbedarfs der Stadt Pforzheim Rechnung trägt. Dabei soll die Entscheidungshoheit der von der Pforzheimer Bürgerschaft gewählten Vertreter über das Bauen in Pforzheim stärker berücksichtigt werden." Bei den Bädervorhaben solle "den gesetzlichen Vorgaben entsprechend so weit wie möglich auf Architektenwettbewerbe und die Befassung im Gestaltungsbeirat verzichtet werden" (siehe Änderungsantrag R 0190 Weitere Bäderentwicklung an den Pforzheimer Gemeinderat vom 27. Januar).
Die Architektenkammer reagierte auf diesen Beschluss noch am Abend der Sitzung mit einer Pressemeldung. Darin gibt der Vorsitzende der Strategiegruppe Vergabe und Wettbewerb Dr. Fred Gresens zu bedenken: "Wenn in der Beschlussvorlage qualitätvolles Bauen als das erklärte Ziel der Stadt genannt ist, kann die Konsequenz doch nicht sein, sich künftig dem Diktat von Zeit und Kosten unterzuordnen."
Zur Vorstellung eines innovativen Wohnungsbau-Wettbewerbs am 7. Februar im Pforzheimer Rathaus, kamen sehr viele Kolleginnen und Kollegen sowie Kulturschaffende, aber auch Gemeinderäte. Denn der Beschluss des Gemeinderats sorgt seither für ein enormes Presseecho. Im Rahmen der Vorstellung der Wettbewerbsergebnisse wiederholte der Juryvorsitzende Prof. Ludwig Wappner, der auch den Vorsitz im Pforzheimer Gestaltungsbeirat hat, die Gesprächsbereitschaft des Gremiums mit dem Gemeinderat und der Verwaltung. Die Kammergruppe unter Vorsitz von Hans Göz veröffentlichte ein Positionspapier und verdeutlichte darin: "Die Verflechtung des Gestaltungsbeirates mit der Bäderdiskussion entbehrt jeglicher Grundlage, da im Gestaltungsbeirat das Thema Bäder noch nie Gegenstand einer Beratung war."
Das Pforzheimer Beispiel, aber auch Beschlüsse anderer Gemeinderäte und Äußerungen von Bürgermeistern machen deutlich, dass die zuletzt erfreulich gestiegene Anzahl von Gestaltungsbeiräten kein Selbstläufer ist. Die Politik muss diese Beratung für Stadtentwicklung und Baukultur für ihre Kommunen wollen, darf den Gestaltungsbeirat aber auch nicht instrumentalisieren (s. DAB-BW 02 | 20, Forumsartikel S. 3). Stadtverwaltungen dürfen sich nicht hinter dem Gestaltungsbeirat verstecken, aber auch die Kolleginnen und Kollegen, die in diesen Gremien tätig sind, müssen unbedingt auf Augenhöhe und fair mit den zu beratenden Architekten und ihren Bauherren kommunizieren. Die Architektenkammer überlegt daher, ähnlich dem Vergabetag einen Gestaltungsbeirat-Tag einzuführen, um Hinweise und Empfehlungen für die Arbeit im und mit dem Gestaltungsbeirat an die Hand zu geben. Parallel erscheint die Baukulturvermittlung an die Bevölkerung sinnvoll. In Laupheim startet daher am 18. März die Trilogie "Laupheim lesen" in Kooperation mit der Volkshochschule, die u. a. dank der Unterstützung des dortigen Gestaltungsbeiratsvorsitzenden und Pforzheimer Architekten Peter W. Schmidt möglich ist.
Die Botschaft an Gesellschaft, Politik und Kollegenschaft ist: Gestaltungsbeiräte sind eine Chance und kein Hindernis. Sie stehen für qualitätvolles Bauen, für eine weitsichtige Gestaltung der Stadt. Das Gremium, besetzt mit Fachleuten aus Architektur und Stadtplanung, öffnet auch den Blick für neuralgische Punkte der Ortsentwicklung und verhindert städtebauliche und architektonische Fehlentwicklungen. Es hat einen rein beratenden Charakter und dennoch stellt es eine wichtige Unterstützung für Stadträte dar, denen als Laien die ganze Verantwortung für die Stadtgestaltung zukommt. Was sie entscheiden, muss die Bevölkerung jahrzehntelang anschauen. Vor diesem Hintergrund sind ein paar Monate mehr für die Beratungszeit, so sie denn auf dem Weg einer Projektentwicklung überhaupt eine Rolle spielt, eine gute Investition.
Gestaltungs- und der Ortsentwicklungsbeiräte stehen Kommunen bei ihren Bauvorhaben auf Antrag beratend zur Seite. Ihr Votum stellt eine Empfehlung für die antragstellende Kommune bzw. Institution dar.