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"Architektur macht Schule: Wie lässt sich das Thema Baukultur vermitteln?": Am 24. September 2013 fand die gleichnamige Veranstaltungsreihe der Architektenkammer Baden-Württemberg ihre Fortsetzung.
Den Auftaktmachte diesmal eine Pädagogin. Unter dem Titel "Das erste Mal vor einer Schulklasse"stellte Anke Abel Methoden des Kennenlernens und der lebendigen Statistik vor - was die Teilnehmer, die zum Mitmachen aufgefordert waren, gleich untereinander in die Tat umsetzten - sowie Lerntypen: vom auditiven über den visuellen oder kommunikativen hin zum motorischen. Außerdem beleuchtete sie anschaulich verschiedene Arbeitsmethoden und wie sich Feedbacks sinnvoll einholen lassen. Zusätzlich dazu hatte die Referentin ausführliche Materialien zu den verschiedenen Themenzusammengestellt.
Nach diesem pädagogischen Einblick führte Architekt Albert Gothe den Teilnehmern seine Schule des Sehens vor - ohne Präsentation, dafür umso anschaulicher im Vortrag. Eine Überforderung sei es, die Schüler zu fragen: "Was seht ihr denn da?" Stattdessen gelte es, den Blick zunächst auf Einzelheiten wie Material und Farbe zu richten. Gothe berichtete von seinen mehrjährigen Erfahrungen im Bereich der Architekturvermittlung im Rahmen von workshops bei Vitra, Weil am Rhein.
Sehr anschaulich schilderte er anhand zweier Druckbände, die er sich links und rechts vors Gesicht hob und dabei den Saal durchquerte, wie sich Tafeln gegeneinander verschieben können, wenn Raum und Zeit in Bewegung sind. Zu seinen Zielen gehöre, mit den Jugendlichen in einen Dialog über gestalterische Qualitäten zu treten. Ein "richtig" oder "falsch" dürfe es nicht geben. Es gelte spannende Schnittstellen bis in die Sprache hinein zu suchen, Metaphern und Bilder aus dem vertrauten Raum. Als sprechendes Beispiel zitierte Gothe die Architekturbeschreibung eines Schülers: "Das ist wie eine Hand, die da rein kommt."
Zurück ging es zur Pädagogen-Sicht: Grundschulrektor Dirk Seifert beschrieb, wie Viertklässler "Die Welt des Architekten" in Egenhausen kennengelernt haben. Auf Anregung des Architekturbüros hauserpartner kam ein mehrphasiges Projekt zustande, das gleichermaßen die Geschicklichkeit und Kreativität förderte wie auch Kompetenzen in Mathematik und Deutsch vermittelte.
An insgesamt vier Tagen lernten die Kinder das Berufsbild des Architekten kennen, planten ihre eigenen Traumhäuser, setzten sie in Modelle um und präsentierten sie. In seiner sehr zupackenden Art schilderte Seifert die Materialbeschaffung bei lokalen Schreinereien, die Arbeiten im Klassenzimmer und schließlich den Besuch im Architekturbüro. Sein rundum positives Fazit verband er mit dem Aufruf an die Architekten "Haben Sie Mut, gehen Sie auf dieSchulen zu!" Denn er wäre vermutlich nicht von selbst darauf gekommen, solch ein Projekt zu initiieren.
Rund um die Denkmal-Vermittlung kamen zunächst eine Architektin, dann eine Pädagogin zu Wort. Barbara Thiele-Höfler kann inzwischen auf umfangreiche Erfahrungen an verschiedenen Grundschulen und im Rahmen von Stadtführungen zurückgreifen. So engagiert sich die Esslinger Architektin auch seit vielen Jahren beim Tag des offenen Denkmals, der jedes Mal unter einem anderen Motto steht. Zu einer kindgerechten Aufarbeitung gehöre es, viele Fragen zu stellen, Textblöcke in kurze Abschnitte zu teilen und keine abstrakten Jahreszahlen zu nennen, sondern vielmehr Bezüge zur Gegenwart herzustellen. 25 sei als maximale Teilnehmerzahl zu empfehlen, auch dürfe die Führung nicht länger als 60 bis 70 Minuten dauern.
Beim Regierungspräsidium Stuttgart angestellt, präsentierte die Gewerbeschulrätin (und Architektin) Christiane Schick die landesweite Aktion "Denkmalschutz und Schule - Grundschüler erleben Denkmale". Bei der Kooperation von Landesamt für Denkmalpflege, dem Kompetenzzentrum für historische Landeskunde sowie dem Architekten- und Ingenieurverein Stuttgart kommt ein außerschulischer Experte in den Unterricht, um eine Denkmalbaustelle zu präsentieren. Diese wird im weiteren Verlauf gemeinsam besucht und erforscht, was eine unmittelbare Begegnung mit der authentischen Quelle und den an ihrem Erhalt tätigen Fachleuten bedeutet. Den Initiatoren geht es bei dem Projekt insbesondere darum, den aktiven Vorgang der Denkmalpflege einzubeziehen. Als Beispiel nannte Frau Schick Fenster, die sich in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr erhalten lassen, bei denen aber zumindest die charakteristischen Merkmale übertragen werden sollen.
Den Schluss des Vortragteils übernahm Silvia Gebel. Die Museumspädagogin leitet das Stadtlabor, das als Interimslösung in der Kriegsbergstraße 30 in Stuttgart angesiedelt ist. Es ist Teil des künftigen Stadtmuseums im Wilhelmspalais. Unabdingbare Voraussetzung für Beteiligungsverfahren, über die sich Kinder und Jugendliche in die Planung des Stadtraums einbringen können, sei die baukulturelle Bildung. Dieser versuche man sich in vier Stufen zu nähern: vom neugierig-Machen über das Wahrnehmung-Schärfen und Wissen-Vermitteln hin zum Beteiligung-Ermöglichen. Frau Gebel verwies auf die sehr enge jahrelange Zusammenarbeit mit der Architektenkammer Baden-Württemberg, auf deren Netzwerk sie bei Beteiligungsprojekten zuverlässig zurückgreifen könnten.
Bei der abschließenden Gesprächsrunde - im Publikum fand sich eine gute Mischung aus Kammermitgliedern, Pädagogen und sonstigen Interessierten - wurde von Lehrerseite noch einmal die Bitte an die Architektenschaft formuliert: "Gehen Sie auf die Schulen zu! Sprechen Sie sie an!" Selbst würde man sich oft nicht trauen, Kontakt aufzunehmen.
Erwogen wurde, welche Strukturen für die Implementierung des Themas grundsätzlich am aussichtsreichsten sind. Hierzu führte Ingeborg Thor-Klauser, die sich seit vielen Jahren entlang der Rheinschiene im Bereich der Architekturvermittlung engagiert, Frankreich als Beispiel an: Dank seiner zentralistischen Strukturen sei es dort im letzten Jahr möglich gewesen, einen Tag der Architektur für Kinder einfach von oben nach unten an den Schulen zu verordnen. Angesichts der komplexen Bildungsstrukturen im föderalen Deutschland sind hier andere Wege zu beschreiten. Entsprechend hielten es manche Teilnehmer für besonders aussichtsreich, sich mit dem Anliegen der Architekturvermittlung direkt an die praktizierenden Lehrer zu wenden, andere Stimmen favorisierten den Weg von oben über die Ministerien und Schulleiter, Dritte sahen die stärkste Option in der Lehrerfort- und -weiterbildung.
Vor dem Hintergrund, dass sich die Initiative "Architektur macht Schule" bislang auf allen Ebenen engagiert und dabei bereits sehr viele Erfolge vorzuweisen hat, wird dies wohl auch für die Zukunft das Mittel der Wahl bleiben.
Als zusätzliches Instrumentarium schlagen wir jedoch die Gründung eines Gremiums ähnlich der Landesarbeitsgemeinschaft Architektur und Schule Bayern (LAG) vor. Zusammengesetzt aus Vertreterinnen und Vertretern der Architekten- und Lehrerschaft führt diese schlagkräftige Truppe Projekte zur Architekturvermittlung durch, die auf die unterschiedlichsten Fachbereiche der Lehrpläne abgestimmt sind.
Die LAG entwickelt Unterrichtsmethoden und -materialien in der Praxis, erprobt sie und nimmt laufend Evaluationen vor. Sie ist offiziell vom bayerischen Staatsministerium anerkannt und verfügt über ein gewisses Budget. In unserem im Juli an Kultusminister Andreas Stoch überreichten Positionspapier "Baukultur als Bildungsaufgabe" haben wir die Gründung einer solchen Landesarbeitsgemeinschaft gefordert und sind auf offene Ohren gestoßen. Auch bei der Veranstaltung am 24. September signalisierten zahlreiche Teilnehmer ihre Bereitschaft mitzumachen. Wie das Gremium im Einzelnen aussehen könnte, ist noch zu konzipieren. Einstweilen möchten wir all diejenigen bitten, die grundsätzlich Interesse an einem Engagement in einer solchen Landesarbeitsgemeinschaft hätten, sich unverbindlich bei uns zu melden.
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