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Was muss ein Freiraum leisten und wie muss er aussehen, um die Bewohner in Stadtquartieren einfach vor die Tür zu locken? Was ist zwingend und was solltetunlichst vermieden werden? Wie stark fühlt man sich bereits beim Ankommen im eigenen Wohnquartier zuhause? Fragen, mit denen sich das Landschaftsarchitektur-Quartett am 20.September 2017 auseinander setzte.
Das Quartett, bestehend aus der Landschaftsarchitektin Ulrike Böhm (bbzl, Berlin), die Landschafts- architekten Reiner Sachse (scape Landschaftsarchitekten, Düsseldorf) und Martin Seebauer (SWUP, Berlin) sowie Curt Diehm, dem leitendenArzt der Max Grundig Klinik, Bühl, besichtigten tagsüber die drei Projekte und zogen abends auf dem Podium Bilanz. Die Projektbeteiligten stellten die Diskussionsgegenstände professionell jeweils vor Ort vor – die Alte Weberei in Tübingen, den Citypark inKarlsruhe und die Cäsar-von-Hofacker-Anlage in Ludwigsburg – und erläuterten Details zu Planungsprozessen. Am Abend saß das Quartett einem Plenum aus erfreulichen rund 200 interessierten Landschaftsarchitektinnen, Stadtplanern und Architektinnen gegenüber. Ein Zeichen dafür, wie aktuell die Themen Wohnen und Wohnumfeld im Planungsalltag sind. Tatsächlich fanden sich eine Vielzahl beispielhafter Details, die nachahmungswürdig sind.
Nicht umsonst wurde die Alte Weberei in Tübingen mit dem Flächenrecycling-Preis 2016 ausgezeichnet – handelt es sich hier um ein neu entwickeltes Wohngebiet auf dem Areal einer ehemaligen Fabrik direkt am Neckar. Gelobt wurde seitens der Diskutanten die Kleinteiligkeit (Grund hierfür sind die verschiedenen Baugruppen) und die dazu passende Freiraumgestaltung. Öffentlicher Raum ist hier für jedermannnutzbar: grüne, selbst gestaltete Vorgärten bis direkt an den Straßenrand, offene Bereiche, aber auch private Gartennutzung mischen sich; unterschiedlichste Angebote durch Gastronomie, Kindergärten oder Gewerbe machen das Quartier zum lebhaften Zuhause. Einzig fehlte es dem Mediziner Diehm an Aktivitätsangeboten für ältere Menschen. Hier müssen Ideen entwickelt werden, für Jung und Alt gleichermaßen Spielund Bewegungsangebote zu schaffen. Reiner Sachse bedauerte, dass das Potential der unmittelbaren Nähe zum Neckar nicht genutzt werden kann. Trotzdem: es handelt sich um eine Quartiersgestaltung, die beispielhaft ist.
Nachdem Landschaftsarchitekt Michael Glück in das zweite Projekt eingeführt hatte,wurden die besonderen Qualitäten, die der neue Karlsruher Stadtteilpark, der bestehende und neue Wohngebiete miteinander verknüpft, hervorgehoben. Diese liegen zum einen in der Grundstruktur und in seiner Großzügigkeit. Weiträumige Rasenflächen werden teilweise gesäumt von attraktiven Staudenpflanzungen, Wegen, die gut als Rad- und Fußwegverbindung dienen, etlichen neuen Baumgruppen und großzügigen Spielplatzanlagen. Bedauert wurde seitens Ulrike Böhm, dass kein durchgehendes „Thema“ ablesbar sei. Auch könnte dies die Ursache dafür sein, dass die Verknüpfung und Verzahnung von neuer Bebauung und Park – und somit gelungene Übergänge fehlten. Obwohl das neue große Wohnquartier ein Zuhause für ca. 6.000 Menschen bietet, waren für Reiner Sachse die Bezüge zwischen den Nutzungen nicht eindeutig erkennbar. Aber wertvoll und bedeutsam ist dieser Park in unmittelbarer Nachbarschaft zur dichten Wohnbebauung, um neue Kommunikations- und Begegnungsmöglichkeiten zu bieten.
Das dritte Projekt, die Cäsar-von-Hofackeranlage, ist in seiner Dimension um ein vielfaches kleiner, wird jedoch als beispielhaft hervorgehoben. Eine besondere Eingangssituation schafft Aufmerksamkeit und zugleich das Gefühl des Ankommens. Man fühlt sich wohl – sicherlich hängt es auch damit zusammen, dass dieser Raum nur für Fuß- und Radverkehr gedacht und gemacht ist. Details sind liebevoll ausgearbeitet und auch aufwändige Staudenpflanzungen scheinen zu „funktionieren“. Sachse hob hervor, dass solch einfache Elemente einen Ort so positiv verändern, der ursprünglich für „etwas Zerstörerisches“ (eine Kaserne) geschaffen wurde. Hier ist die Bildung eines „Hybrids“ gelungen: aus den Werkzeugen Platz, Park, Spielplatz, Pflanzen entstand mit der passenden Rezeptur ein „Außenwohnraum“ mit besonderem Reiz. Curt Diehm bemängelte das Fehlen von Urban Gardening, Ulrike Böhm hielt entgegen, dass dies nicht zu „verordnen“ sei.
Durchgängige Bearbeitung seitens städtischen und planerischen Projektbeteiligten, Einbindung der (zukünftigen) Bewohner, nachhaltige Strategien in der Quartiersentwicklung – wie beispielsweise das Zulassen von Baugruppen – sind relevante Bausteine, um Architektur und Freiraum lebenswert zu gestalten und miteinander zu verknüpfen. Ziel sollte sein, Aufmerksamkeit zu erzeugen und damit die Wahrnehmung des eigenen Umfeldes und die Kommunikation zu fördern, um auch ein Zuhause VOR der Haustür zu schaffen.
Landschaftsarchitektur lohnt sich