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Kann man den Umgang zwischen Menschen, das Miteinander oder Gegeneinander, vergleichen mit der Gestaltungsabsicht von Architekten? Ja man kann! So lautete der Vortrag von Arno Lederer: "Müssen Häuser sich benehmen?" Auf Einladung des Bezirks Stuttgart der Architektenkammer Baden-Württemberg waren zahlreiche Vertreter des Berufs in der Universität Stuttgart-Vaihingen erschienen, um diesen Ausnahmearchitekten zu hören.
So wie Menschen sich zu besonderen Anlässen feierlich oder zumindest ordentlich kleiden, sei es ein Klassentreffen oder die Konfirmation, so sollten sich Häuser in ihrer Umgebung verhalten: mit Respekt vor dem Ort - mit Achtung vor der Geschichte des Orts. Die Begriffe haben sich mit der Zeit geändert, die Inhalte sind gleich geblieben. Früher Anstand oder Disziplin - heute Distinktion oder Sensibilität. Keiner würde mit der Badehose in die Messe gehen. Aber Häuser benehmen sich zuweilen so. Was heute baulich möglich ist - und es ist alles möglich - wird gemacht. Eine runde Glaswurst mit Lichtrüsseln im Stadtgefüge, es handelt sich um ein Museum, demonstriert: Ich bin so einmalig toll, ich nehme keine Rücksicht auf das Vorhandene - die langweilige Stadt interessiert mich nicht.
Eine Seminaraufgabe Lederers an seine Studenten lautete, "Was ich schon immer mal abreißen wollte". Da kam ein breites Spektrum an deplazierten Gebäuden zusammen. Solche Übungen schulen das Auge, um Kriterien für besseres zu finden. Die Betrachtung städtebaulicher Integration war das Eine, der Umgang mit dem Inneren der Häuser das Andere. Wertvolle historische Bausubstanz wird, wie bei einem Beispiel aus Venedig gezeigt, mit grober, raumzerstörender Wirkung durch Technik verbaut. Die halbe Kuppel war mit Rohren für Heizung, Klima etc. vollgestopft. Lederers Aussage war: das kann man anders machen, das muss man anders machen!
Lederer zeigte und begründete anhand eigener Beispiele, wie mit vorgefundenen Orten umgegangen werden kann. Das Staatstheater Darmstadt erhielt unter anderem einen neuen Eingang und einen Vorplatz, um eine Verbindung zur Stadt herzustellen. Der gewählte Vorbau betont den Eingang und soll zum Betreten einladen. Bei der Entrauchung des Foyers wurde aus der Not eine Tugend gemacht, indem wie Säulen wirkende weiße Kamine aufgesetzt wurden, die nachts beleuchtet werden.
Bei diesem denkmalgeschützten Theater mussten neben dem Kultusministerium, die Intendanz und die Denkmalbehörden von den Planungen überzeugt werden, was nicht einfach war, aber als gelungen bezeichnet werden kann.
In Karlsruhe wurde der Marktplatz am Rathaus, in Fortführung Weinbrenners Stadtbauvision, mit einem für den Zweck zeitgemäßen Bau auf der Nordseite bebaut. Dazu musste ein mehrfach veränderter Bau Schellings aus den 50iger Jahren weichen, der unter Denkmalschutz stand, was zu großen Diskussionen in der Stadt führte. Anstelle der geraden Kolonnaden des Bestandsgebäudes, wurden Arkaden mit Rundbögen, in Fortsetzung des städtischen Prinzips dieses Platzes, gewählt.
Man muss die Welt nicht jeden Tag neu erfinden, sagte Arno Lederer bei der Vorstellung des bischöflichen Ordinariatsprojektes in Rottenburg. In enger Anlehnung an historische Grundrissordnungen wurde die Neubebauung diesem früheren Zustand in Form und Größe nachempfunden. Anstelle der früher dort befindlichen Kirche, wurde ein Verwaltungsgebäude errichtet, das Gestaltungsmerkmale des Sakralhauses zeigt. Die ehemalige Hofsituation wurde wiederhergestellt, was der Ruhe des Ordinariats entgegenkommt, ebenso wie es dem Stadtraum eine historische Gliederung in neuem Gewand verleiht.
Im Architekturverständnis Lederers tauchen bestimmte Prinzipien regelmäßig auf. So ist ihm wichtig, dass Innen anders ist als Außen. Daraus folgen geschlossene, schützende und je nach Nutzung intime Räume. Fassaden mit (recycelten) Klinkersteinen sind ein typisches Gestaltungsmerkmal.
Der gut aufgelegte Referent erzeugte Spannung, aber auch Heiterkeit mit seinem vielschichtigen Vortrag. Am Ende erhielt er großen Beifall vom begeisterten Auditorium. Anregendes und Nachdenkliches konnten die Zuhörer mitnehmen. Sehen konnten sie exzellente Architektur aus Lederers Büro, hören konnten sie Gedanken über die Identität des Ortes und die Verantwortung der Architekten für seine Veränderungen.
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